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Köln kulinarischWaldmeister ist nicht nur eine beliebte Zutat im Flimm

Lesezeit 3 Minuten
waldmeister ohne blüten

Waldmeister fühlt sich im Schatten unter Bäumen am wohlsten.

  1. Waldmeister findet man in Laubwäldern. Traditionell wurde er gegen Schmerzen und schlechte Laune eingesetzt.
  2. Er kann vor der Maiparty aber auch für einen ordentlichen Rausch sorgen. Vorausgesetzt man dosiert ihn richtig.

Der Mai ist der unangefochtene Lieblingsmonat der Deutschen und hört auch auf die Namen Wonnemonat, Liebesmonat oder Blumenmond. Er läutet nicht nur den Übergang zum Sommer ein, sondern beendet mit den Eisheiligen auch die Gefahr der Bodenfröste. Der Mai kleidet lächelnd alles in zartes Grün und protzt mit explosiver Vegetation. Auch in der Küche übernimmt nach Kohl und Rüben junges, zartes Gemüse.

Im Kirchenkalender ist er der Muttergottes gewidmet und als Tag der Arbeiterbewegung hat er es am heutigen Ersten sogar zum staatlichen Feiertag geschafft. Und weil wir dann ausschlafen können, feiern wir am Vorabend kräftig rein. Mit Tanz und einer ordentlichen Schüssel voll Maibowle, die mit dem gleichnamigen Maikraut angesetzt wird.

Wer sie gestern noch nicht hatte, dem bleibt noch Zeit, denn Maikraut begegnet uns von April bis Juni gerne beim Spaziergang in Laubwäldern, vornehmlich unter Buchen, und hört auf den Namen Waldmeister. Traditionell wurde er dank seines wirksamen sekundären Pflanzenstoffs Cumarin gegen Kopfschmerzen, Krämpfe oder schlechte Laune eingesetzt.

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Sebastian Bordthäuser

Über die Jahre sind seine therapeutischen Eigenschaften jedoch weitgehend auf der Strecke geblieben und er hat als quietschgrüner Aromastoff aus dem Chemiebaukasten unsere Nahrungskette geentert: Vom Wackelpudding über Limonade bis zur Berliner Weisse mit Schuss – Waldmeister ist hip! Und der Kölner, so scheint es, ist ihm besonders wohl gesonnen, wenn ich die Menge an Flimms (der kleinen grünen Pinnchen) beobachte, die in der Kneipe über die Theke gehen.

Cumarin sorgt für ordentlichen Rausch

Auch im Getränkemarkt stehen reihenweise grüne Limoflaschen lokaler Hersteller. Der echte Waldmeister wird dafür jedoch nicht verarbeitet. Grund dafür ist das Cumarin: Überschreite ich die Dosis von 0,1mg/kg Körpergewicht, verschwimmt die Grenze von der Heilkraft zur leichten Vergiftung, ergo einem ordentlichen Rausch, deswegen die künstlichen Aroma- und Farbstoffe. Schade drum, denn ein Waldmeister-Rausch ist eine feine Sache, vorausgesetzt man möchte sich fühlen wie der Hauptdarsteller in einem Gemälde des niederländischen Meisters Hieronymus Bosch.

waldmeister mit blüten zu alt

Wenn Waldmeister blüht, ist er schon zu alt zur Verarbeitung in Bowle und Co.

Für dieses Erlebnis gehen wir zwei Tage vor dem großen Feste in einen nahe gelegenen Buchenforst und sammeln soviel Maikraut wie möglich. Wir binden es zu kleinen Sträußchen und hängen es zum trockenen auf – so entfaltet sich sein charakteristisches Aroma. Dann gibt es zwei Möglichkeiten der Extraktion: Kopfüber über Nacht in die Maibowle hängen oder einen Sirup aus Weißwein und Zucker kochen. Die Bowle dient als Kerosin für jede zu betanzende Mainacht, wohingegen der Sirup darüber hinaus zur hausgemachten Limonade taugt oder die Sahne zu Erdbeeren pimpt.

Der Faule greift auf eine Limonade von Brauser aus Köln zurück, die in Handarbeit aus selbstgesammeltem Waldmeister hergestellt wird. Wie viel man für einen formidablen Rausch davon trinken muss, müssen Sie jedoch selbst herausfinden.