Luxus-Fleisch Kobe-BeefRind mit Glamour
Köln – Herr Otto, seit einem Jahr darf erstmals echtes Kobe-Fleisch aus Japan nach Deutschland importiert werden. Die Gourmet-Szene ist aus dem Häuschen. Warum?
Das ist schon ein kleiner Hype, muss ich sagen. Die Begeisterung basiert wohl zum einen auf dem Mythos eines unerreichbaren Produkts. Historisch war Kobe-Beef der Kaiserfamilie vorbehalten und die Aura der Exklusivität schüren die Japaner ja immer noch. Lange gab es ein Ausfuhrverbot, nur im Land kam man an diese Delikatesse. Zudem der unvergleichliche Geschmack und der Glamour des Produkts. Das ist ein Erlebnis, wie vielleicht für einen Autofan einen Top-Wagen zu fahren. Beides ist absolut spannend.
Der Kilopreis geht bis auf 599 Euro hoch – was macht das Fleisch dieser Rasse so teuer?
Bei diesen Rindern hängt alles von den Genen ab, das macht sie grundsätzlich schon teuer. Es ist ein sehr rares Produkt. Kobe-Beef darf sich nur Fleisch von reinrassigen Tajima-Rindern aus Hyogo im Verwaltungssitz Kobe nennen. Und auch nur dann, wenn es den Anforderungen der Kobe-Beef Association entspricht – das tun 99 Prozent der jährlich geschlachteten Rinder der Region nicht. Die Tiere bekommen keine Wachstumshormone und keine präventiven Antibiotika. Sie werden erst um den 30. Lebensmonat herum geschlachtet – also sehr viel später als ein Rind aus konventioneller Haltung. Ein Züchter braucht Erfahrung und muss viel in die Fütterung investieren, kann sein Tier dann aber auch hoch positionieren. Ob es tatsächlich ein Kobe-Beef sein wird, weiß der Besitzer übrigens erst nach der Schlachtung.
Geheimnisse um die richtige Haltung
Nachdem es zu Lebzeiten angeblich mit Alkoholika massiert wurde und zu bestimmten Zeiten Musik von Mozart zu hören bekam?
Über die Haltung der Rinder sind schon richtige Legenden im Umlauf. Was sicher stimmt, ist, dass die Tiere gut gepflegt und gut gefüttert sind. Aus den Details werden Geheimnisse gemacht – das regt zum Fantasieren an. Aber da in Japan ein durchschnittlicher Züchter fünf Rinder hat und damit seinen Lebensunterhalt bestreitet, kann er sich sicher auch entsprechend um die wertvollen Tiere kümmern und das fällt dann auch individuell aus. Herr Ozaki zum Beispiel, von dem wir Fleisch beziehen, verfüttert einen Algen-Mix mit Seegras, um die Durchblutung zu fördern; etwas Holzkohle im Futter soll Bakterien absorbieren. Diese Tiere sind außerdem oft auf Zuchtschauen zu sehen – eine intensive Fellpflege liegt da nahe. Auf die Fleischqualität hat das aber keine Auswirkungen. Das Fell soll glänzen und das Tier soll sich wohlfühlen.
Bei solchen Preisen sollte sich der Kunde dann auch wohlfühlen. Was macht Kobe geschmacklich aus? Schließlich gibt es Fleisch von Wagyus, also von japanischen Rindern schon lange auf dem deutschen Markt.
Das stimmt, dazu muss man erklären: Kobe ist komplett anders als ein herkömmliches Fleischerlebnis, selbst wenn es um Spitzenqualität geht. Wagyu generell bringt vielleicht den intensivsten Fleischgeschmack und eine herrliche Struktur. Kobe aber ist Schmelz pur. Der intramuskuläre Fettanteil ist extrem hoch. Ich bezeichne Kobe gar nicht als Fleisch. Das ist nur Geschmackserlebnis. Die Japaner nennen das den fünften Geschmack – umami: Zart, cremig und herzhaft zugleich, mundfüllend, beeindruckend. Neu und auch fremd.
Ist das der Grund, warum man Kobe selbst bei Spitzenköchen nur selten bekommt?
Die Gastronomie muss sich erst auf das Produkt einstellen. Es erfordert neue Konzepte in einer deutsch-europäischen Küche, die vom Stil eines Spitzenkochs geprägt ist. Kobe ist extrem. Mehr als 100 Gramm davon zu essen empfehle ich niemandem. Sonst wirkt es erschlagend. Alles in Maßen – das gilt bei Kobe wohl besonders. Man trinkt alleine ja auch keine zwei Flaschen Champagner mit Genuss.
Wie geht man mit diesem Fleisch um, wenn man es zu Hause machen möchte?
Zuallererst muss man wissen, dass der Schmelzpunkt dieses Fleisches schon bei 25 Grad liegt. Sehr warme Umgebungstemperatur bringt es also schon zum Schmelzen. Deshalb verarbeitet man es direkt aus dem Kühlschrank. Bei den Stücken, die wir verkaufen, geht es immer ums Kurzbraten. In Japan sind BBQ-Steaks beliebt, darüber kann man sich auch gut damit vertraut mache. Beim Kobe-Kurzbraten geht es aber nicht darum, Röstaromen zu produzieren. Das Fleisch soll nur kurz die heiße und fettfreie Pfanne berühren, von jeder Seite je nach Stück 15 bis 20 Sekunden. Dann kurz ruhen lassen und auftranchieren. Wir bestreuen es in unserer Versuchsküche nur mit einem schönen Salz, um das Geschmacksbild etwas zu heben. Mit Pfeffer und allen anderen Gewürzen, die den Eigengeschmack verändern, würde ich sparsam umgehen.
Wertschätzung bei Fleisch gestiegen
In Japan hat die Roh-Variante auch Tradition.
Das ist spektakulär und sehr empfehlenswert. Wir haben das in unserer eigenen Versuchsküche ausprobiert. Wir nehmen das Fleisch aus dem Kühlschrank, schneiden in der Art wie Carpaccio, nur etwas dickere Scheiben. Ein bisschen Salz, ein bisschen Wasabi für die Frische dazu. 20 Gramm reichen für eine Portion.
Wie lagert man Kobe am besten?
Es wird schockgefrostet geliefert und kann also im Tiefkühler gelagert werden. Soll es dann auf den Tisch kommen, lässt man es optimalerweise im Kühlschrank auftauen und nimmt es kurz vor der Verarbeitung raus.
Dieses Jahr feiert Ihr Unternehmen zehnjähriges Bestehen. Was hat sich aus Ihrer Perspektive verändert in dieser Zeit?
Die Wertschätzung für Fleisch und die Nachfrage nach hochwertigem Fleisch sind gestiegen. Menschen wollen wissen, woher ein Produkt kommt, wie Tiere gehalten werden. Davon haben wir profitiert. Aber wir haben am Markt sicher auch Impulse gesetzt, etwa immer dafür geworben, auch die Nebenschnitte wie Saumfleisch, Tafelspitz oder Bäckchen zu probieren. Zwei Dinge konnten wir uns nicht vorstellen: Dass Ochsenbacke dann fast ein Jahrzehnt nach Firmengründung einmal unser Bestseller sein würde, und dass wir original Kobe-Beef bekommen.