Maiwirsing, MairübchenNach diesem Gemüse sollten Sie auf dem Markt mal fragen
- Der Wonnemonat Mai hat kulinarisch einiges zu bieten. Er bereichert den Speiseplan endlich wieder mit jungem, knackigem Gemüse.
- Damit ist dieses Mal nicht der beliebte Spargel gemeint. In seiner Kolumne „Köln kulinarisch” hält Sebastian Bordthäuser heute die Fahne für zweierlei unbekannteres Mai-Gemüse hoch.
- Sein Handlungsaufruf für den schmackhaften Maiwirsing und die dankbaren Mairübchen: Retten durch Aufessen!
Köln – Der Mai ist des Deutschen liebster Monat, weshalb er auch Liebes- oder Wonnemonat genannt wird. Mit dem Tag der Arbeit ehrt er unser aller Arbeit und mit dem Muttertag die unserer Mütter im Speziellen. Darüber hinaus ist er der unangefochtene Hedonist unter den Monaten, denn er protzt mit explosiver Natur in sattem Grün.
Auch kulinarisch hat der Mai einiges zu bieten – und bereichert unseren Speiseplan nach Monaten der Tristesse mit jungem, knackigen Gemüse. Zwei Sorten tragen ihn sogar in ihrem Namen, was uns aufhorchen lassen sollte: Maiwirsing und Mairübchen.
Beide zählen zur Gattung der Brassica, also zur Kohl-Familie, auch wenn das Mairübchen dank seines essbaren Fruchtkörpers irrtümlich oft für eine Rübe gehalten wird.
Maiwirsing passt nicht in Normkisten
Der Maiwirsing ist historisch betrachtet in der Kölner Bucht zu Hause, wo er der traditionelle Frühlingsbote war. Im Unterschied zum Winter-Wirsing, der als dichter Kappes einen festen Kopf ausbildet und als klassisches Lagergemüse für den Winter eingekellert wird, ist der Maiwirsing lockerblättrig und bildet keinen festen, geschlossenen Kopf. Seine Blätter schmecken milder und feiner und können auf viele unterschiedliche Arten zubereitet werden. Sautiert mit etwas Butter und Schalotte als purer Genuss, untereinander mit Kartoffeln und frischer Bratwurst oder als grünes Blattgemüse für Pastagerichte, indische Curries oder die schnelle Kelle aus dem Wok.
Leider ist er stark in Vergessenheit geraten, da er durch seinen unregelmäßigen Wuchs nicht in die Normkisten der Supermärkte passt und daher fast flächendeckend ausgelistet wurde. Das Gemüse, das einst den rheinischen Frühling versinnbildlichte, war zwischenzeitlich sogar fast ausgestorben, so dass es 2008 in die Arche der bedrohten Arten von Slow Food aufgenommen wurde. Inzwischen wird er wieder öfter angebaut – und ist auf einigen Kölner Wochenmärkten zu haben.
Mairübchen lange wichtiges Grundnahrungsmittel
Auch Mairübchen suchte man lange Zeit vergebens. Dabei zählten sie einst zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln, bis die Kartoffel nach Europa kam und ihnen den Rang ablief. Das untrügliche Qualitätsmerkmal beim Mairübchen-Kauf ist das Blattgrün, das unbedingt noch dran sein muss. Es sollte dunkelgrün und saftig sein, gelbes und welkes Grün ist entschieden abzulehnen.
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Die Mairübe ist ein dankbares Gemüse, denn man kann sie sowohl roh als Salat als auch sanft gedünstet zubereiten. Sie schmeckt als Einlage in der Miso Suppe genau so gut wie in Butter gedünstet auf ihrem eigenen Grün mit Frühlingszwiebelchen. Man kann sie braten und die Experimentierfreudigen machen Mairübchen-Kimchi und servieren es zu Gegrilltem.
Der Mai hält also in gemüsetechnischer Hinsicht, was er verspricht, und sorgt für wonnige Momente auf den Tellern. Zugegeben, in einem sehr kleinen saisonalen Zeitfenster, aber als unmissverständlicher Handlungsaufruf: Retten durch Aufessen, könnte man sagen.
Alles in allem ein guter Grund für den nächsten Wochenmarkt-Besuch.