Muzemandeln im TestWelcher Bäcker backt die besten Muzemandeln?
Köln – Es hat durchaus etwas Beruhigendes, wenn sich handwerkliche Herstellung deutlich von Produktion en gros unterscheidet. Das hat zwar auch seinen Preis – im Falle der hier verkosteten Muzemandeln ergibt sich sogar ein erheblicher Unterschied zwischen den Warenwelten. Kommt man bei den Großproduzenten also mit zwei Euro für 100 Gramm schon wieder heil raus, braucht ein Konditorei-Kleinbetrieb mehr als das Doppelte für die Produktion der klassischerweise ausgebackenen Mürbeteigkugeln – erstmal staunt man, zugegeben.
Aber wie gesagt: more money more fun trifft hier den Nagel auf den Kopf.
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Das soll beileibe nicht den Niedergang der Mainstream-Muze einläuten: Die Qualität der Großbäckereien war bei unserem Test fast durchweg sehr akzeptabel. Generell lässt sich sagen, dass die rustikale Machart eben dem günstigeren Hau-weg-Preis entspricht. Feinheit und Ausgewogenheit, der Wille, auch für ein so rustikales Traditionsgebäck Sorgfalt walten zu lassen, zeichnen die Manufaktur-Muzen aus, die man zwar auch in der Polonaisepause schnellschnell gegen den Unterzucker reindonnern kann. Besser aber, man setzt sich und schmeckt mal richtig rein. Dann erlebt man nämlich, dass auch Ausgebackenes eine gewisse Eleganz mit sich bringen kann. Unser Favorit in dieser Sektion ist die Mandel von der Konditorei Hirsch. Sie geht weit weg von vielleicht als traditionell angesehener Berliner-Krapfen-Verwandtschaft in Richtung französisches Feingebäck. Eine Köstlichkeit. Ebenfalls seine Liebhaber fanden besonders die krachenden Muzemandeln von Zimmermann und Hütten – beide herzhaft und rustikal mit dem handwerklichen Mehrwert.
Bei den Bäckerei-Ketten überzeugten die Muzemandeln von Schmitz & Nittenwilm, denen deutlich, aber nicht plump mit Aromaten auf die Sprünge geholfen wird. Positiv fielen alle Produkte mit ihrer Frische auf. Die besten schmeckten auch am nächsten Tag noch.
Bäckerei Heinemann: Solide Berliner Verwandtschaft
Schön goldige Kugeln, recht große Kaliber, frisch in der Anmutung und mit wenig Zucker drumrum kommen bei Heinemann über die Theke. Der Frittierton berlinert deutlich, da er aber sauber wirkt, stört das nicht – er macht die süße Sache so herzhaft-rustikal wie der feste, dichtporige und saftige Teig, der den Mund üppig füllt. Gehackte Mandeln sind nur in Spuren auszumachen, sehr mandelig sind diese Muzemandeln nicht, eine leichte Zitrusnote ja, aber Rosenwasser? Nein, keine Spur. Eine grundsolide Angelegenheit.
Bäckerei Schlechtrimen: Sanft übermandelt
Aus der frisch befüllten Tüte des rechtsrheinischen Parade-Hauses Schlechtrimen dampft der Mandelduft schon förmlich heraus. Das ist schon fast zu viel das Guten an Aromatisierung, denn der Bittermandelton hängt dann hartnäckig am Gaumen. Die Muzemandeln sind vom Typ weich und geschmeidig. Schön golden gebräunt, sanft im Anbiss folgt ein saftiger, schon fast luftiger Teig, dem wegen oben die Wirkung geschmälert wird. Diese Exemplare erinnern an Madeleines und zeigen im Gesamtbild die handwerkliche Güte.
Kleins Backstube: Blender für Abstinenzler
Ordentlich bezuckert kullern die Teigkugeln aus der Zelophantüte – hübsch hell, hübsch unregelmäßig und hübsch appetitanregend sehen diese Muzemandeln aus. Der Geschmack kann mit der Fassade indes nicht mithalten. Der nachhaltige Fettton kostet Sympathien, der trockene und zu feste Teig mit künstlichem Mandelaromaton kleidet den Mund wuchtig aus. An Geschmack mangelt’s, dafür hält sich das Frittierte hartnäckig am Gaumen. Zwar verlockt auch die zweite Muzemandel mit äußerem Charme, aber anschauen ist manchmal ja auch schön.
Schmitz & Nittenwilm: Mit Würzwillen
Wie kleine kompakte Bötchen segeln die Muzemandeln aus ihrer Verpackung. Die dunkle Hülle täuscht, statt eines festen Mantels bildet der mürbe, eher großporige Teig einen angenehmen Biss. Innen ist die Muze ganz hell, Mandelstückchen geben schöne Akzente, Marzipan und Sahne tragen zur schmelzigen Konsistenz und aromatische Tiefe bei. Rosenwasserextrakt und Vanillearoma schärfen dieses Profil nicht zu penetrant wie befürchtet. Einziges Manko ist ein leicht pelziger Geschmack nach dem Genuss.
Café Bonnen: Rosenwasser ziert
Bilderbuchmuzemandeln kommen zu ambitioniertem Preis bei der Traditions-Konditorei in die Tüte. Gerade eben 99 Gramm wiegt unsere. Die Nase reingehalten duftet allerdings auch Küchendunst heraus. Die soften Happen sind goldbraun ausgebacken, der helle Teig ohne Mandelstückchen hat Saft, ist geschmeidig-brotig, mildmandelig und deutlich mit Rosenwasser versehen. Das hat schon fast Eleganz, versucht aber durchaus nicht, die zünftige Bestimmung zu verleugnen. Richtig reinschmecken lohnt also.
Café Hirsch: Kleine Meisterwerke
Bei diesen perfekten Mandeltropfen fühlt man sich mehr an festliches Feingebäck als an Karnevaleskes erinnert. Auf die akkurate Spitze legt man hier viel wert. Und? Was haben wir nicht schon geahnt – dieses Muzemandelmeisterwerk kommt einer Madeleine in der DNA wesentlich näher als dem plumpen Berliner und seinen saisonalen Anverwandten. Das zierliche Format lädt zum Weghappen ein. Aber nehmen Sie sich die Zeit zu einer Betrachtung: Leuchtender Goldton, softer Biss, homogener saftiger Teig mit üppig Marzipanfülle. Die sind ja so klein, da geht noch eins…
Café Pascher: Klein, fein und nicht so süß
Süffiges Muzemandelvergnügen vom Lindenthaler Urkonditor Pascher. Die nur sacht umzuckerten Teigmandeln wirken zwar vollmundig, sind aber so sinnhaft reduziert gesüßt und feinfühlig eher in der blanchierten Mandelwelt angesiedelt, dass nichts davon abhalten könnte, Muzchen im Übermaß zu verdrücken. Sie zeigen genau so viel Fritture, dass die Karnevalsidentität nicht stiften geht. Damit kann man genauso eine Polonaisenpause bestreiten, als auch ein gepflegtes Kränzchen beglücken. Bis Karneval wird aber nur freitags und wochenends produziert.
Bäckerei Zimmermann: Herzhafter Karnevalskracher
Endlich mal ein Krustenerlebnis – die Hoffnung schwand von Tütchen zu Tütchen. Was aber Zimmermann einpackt, ist ein deftiges Muzemandelstatement: Hier wird zugelangt, und zwar nicht nur bei der feinkörnigen Zuckerhülle, sondern auch beim Ausbacken. Was die Haltung betrifft, dem Gebäck die charakteristische Haus-Note zu verpassen, ist das tipptopp. Das steht den Karnevalskugeln gut. Kross im Anbiss, süß-fettiger Anflug von Krapfenwelt – ja, doch ein Tick zu viel, aber schön mürber, mittelsüßer Teig mit Biss – ein Karnevalskracher.
Bäckerei Hütten: Mürbe und mandelig
In der Backstube Hütten geht man mit Schmackes an die Muzen. Krachig-krümelig und mürb-mandelig kaut sich das große Backwerk, hier wird mit deutlichen Aromaten ins Dreidimensionale erweitert. Etwas Zitroniges und etwas Rosiges schimmert durch den rustikalen Gesamteindruck von der Optik bis zum Geschmack. Vereinzelt trifft man beim Probieren auf Mandelstückchen, der Karamell-Ton der Hülle tut ihr übriges. Süß, aber nicht zu süß – das gefällt. Aber vor allem die ausgezeichnete Textur des großporigen Teiges hat es uns angetan.
Merzenich: Fast ein Langweiler
Auch bei der Muzemandel schätzt das Haus den dunklen Backton. Auf den ersten Biss sind die trockenen Kugeln spröde, wer ihn jetzt schon als Langweiler abtut, übertreibt. Genauer hingeschmeckt gibt es Mandelcrunch, der Teig ist mürbe. Lobenswert ist die Distanz zum Übersüßen – das wissen wir besonders zu schätzen in der direkten Konkurrenz zu Berlinern. Aber es mangelt doch etwas an Glamour.