„Wir möchten für jeden da sein“Klettenberg bleibt stabil – So schmeckt es im „Jung & Alt“

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10.07.2024, Köln: Inhaber vom Bistro Jung & Alt Alexander Schleeweiß. Foto: Arton Krasniqi

Alexander Schleeweiß übt sich in gastronomischer Empathie. Im „Jung & Alt“ möchte man für jeden da sein.

Das „Jung & Alt“-Bistro in Klettenberg setzt auf Salzgurken, deutsche Weine und gute Nachbarschaft.

Das vermeintlich unscheinbare Klettenberg wird gerne mal übersehen. Ein ruhiges, hübsches Wohnviertel im Südwesten Kölns. Der samstägliche Wochenmarkt lockt einige Besucher, aber ansonsten bleibt man gerne unter sich. Klettenberg ist weder Party-, noch Szeneviertel. Weder Lindenthaler Schickeria, noch südstädtische Dolce Vita. Klettenberg ist unprätentiös, stabil und sympathisch. Genauso wie der gastronomische Neuzugang im Viertel, das „Jung & Alt“-Bistro.

Philip Hainke, Robert Siegel und Alexander Schleeweiß sind alles andere als Anfänger. Die drei betreiben seit 2019 die Kölner Cocktail-Institution „Rosebud“. Anfang des Jahres übernahmen sie das Ladenlokal in Klettenberg und renovierten erstmal drei Monate. Das Ergebnis ist eine sehr stylische, nach eigenen Angaben „moderne Eckkneipe“. Blau glänzend geflieste Theke, dunkles Holz, Wiener Geflecht, geschwungene Neonröhren, ein bisschen Fotokunst an den Wänden und das war’s auch schon. Geschmackvoll, durchdacht und irgendwie besonders.

10.07.2024, Köln: Der Innenraum vom Bistro Jung & Alt.

Dunkles Holz, Wiener Geflecht, geschwungene Neonröhren, ein bisschen Fotokunst - so siehts im Jung & Alt aus.

Das gilt auch für das kulinarische Konzept. Die Eckkneipe ist maximal ein Teil dessen. Im „Jung & Alt“ Bistro können sich Gäste auf ein Glas Wein treffen, sich ein paar Snacks teilen, zu Abend essen, Austern schlürfen, ein Kaffeekränzchen veranstalten, Bier trinken - ich glaube es ist fast einfacher einzugrenzen, was es nicht gibt: Frühstück und Mittagessen. „Wir möchten für jeden da sein“, erklärt Barchef Philip.

Aus der ursprünglichen Idee „Wein und Eingelegtes“ wurde ein kreatives, vielfältiges Konzept. Wenn man durch die Karte blättert, fällt schnell auf, dass der Fokus nach wie vor auf deutschen und französischen Weinen liegt. Dabei ist der Hinweis auf die 0,1er „Probiergröße“ dem Team besonders wichtig. „Man hat ja nicht immer Lust auf ein großes Glas und vielleicht auch nicht immer die finanziellen Mittel.“

Man kann auch einfach die selbst eingelegte Salzgurke probieren

Diese, nennen wir es mal, gastronomische Empathie ist der rote Faden im „Jung & Alt“. Niemand muss sich einen Hauptgang und eine Flasche bestellen, man kann auch einfach Bier vom Fass trinken und die selbst eingelegte Salzgurke probieren. Was ich dringend empfehlen würde.

Tobias Schmitz und Max Schäfer kochen kreativ und aufrichtig. Besonders stolz sind sie auf ihre Flönz Potatoe, eine Kumpir-ähnliche Ofenkartoffel mit Apfelkompott, Flönz (Kölner Blutwurst) und gepickelten Zwiebelringen. Ein wirklich schöner Fusion-Teller und man fragt sich, warum man das nicht schon häufiger auf Karten gelesen hat. Die Kimchi-Variante mit Käse und Gochujang-Mayo befriedigt diverse Bedürfnisse - Schärfe, Umami, Käsefäden - und eignet sich perfekt als Grundlage für das ein oder andere Gelage.

Gefüllte Kartoffel im Bistro Jung & Alt.

Flönz Potatoe: Ein wirklich schöner Fusion-Teller und man fragt sich, warum man das nicht schon häufiger auf Karten gelesen hat.

Deutlich eleganter kommt die ganze Artischocke daher. Dieses fantastische und höchste saisonale Gericht erfordert ein bisschen Geduld. Blatt für Blatt zupft und zuzelt man sich vor bis zum Artischockenherz. Senf-Aioli und Johannisbeer-Vinaigrette verkürzen den Weg zum Ziel. Mein persönlicher Favorit der Rollmops wird beim nächsten Kartenwechsel vom Matjes ersetzt. Ein würdiger Nachfolger. Noch ist unklar, wie lange der Publikumsliebling, die Cheddar-Krokette, bleibt. Der sommerliche Ablöser Tomaten-Grapefruit-Salat mit Edamame und Kresse steht schon in den Startlöchern.

Artischocke mit Dip im Bistro Jung & Alt.

Artischocke mit Senf-Aioli und Johannisbeer-Vinaigrette: Blatt für Blatt zupft man sich zum Ziel.

Trotz aller Lobhudelei kommt ein kleiner Pâtisserie-Nörgler: das Schokomousse braucht dringend Fluffigkeit aka Luft. Die Schokocreme ist köstlich, geht aber locker als Ganache (Pralinenfüllung) durch.

Alles in allem ist das „Jung & Alt“-Bistro eine absolute Bereicherung für Klettenberg. Ein sympathisches Team mit guten Ideen, einem großen Netzwerk und Einfühlungsvermögen gegenüber dem Viertel. Einen letzten Hinweis habe ich noch: Jeden Sonntag gibt’s Kuchen aus der befreundeten Konditorei Osterspey in Sülz. Das kann ja nur gut werden.

Jung & Alt Bistro, Königswinterstraße 01, 50939 Köln, Öffnungszeiten: Mi-Sa 16-23 Uhr + So 15-22 Uhr, www.jungundaltbistro.de

Das Bistro Jung & Alt in Klettenberg

Eine Bereicherung für Klettenberg: Das Jung & Alt.


Meine Auswahl:

Salzgurke (Ogurtsy) mit Dill, Schwarzbrot und Butter // 6,50 Euro

Rollmops mit Schwarzbrot und Butter // 4,50 Euro

Kartoffel Cheddar Kroketten mit Pimentos und Apfel-Fenchel Chutney // 10,50 Euro

Kimchi Potato // Gefüllte Süßkartoffel mit Kimchi, Gochujang-Mayo und Sesamcrunch // 9 Euro

Ganze Artischocke mit Senf-Aioli und Johannisbeeren-Vinaigrette // 8,50 Euro

Scheurebe von Chris Franz (Rheinhessen) // 0,1 // 4,50 Euro

Riesling von Tina Pfaffmann, Schick & Schön (Pfalz) // 0,1 // 4,50 Euro