Der Thermomix im CheckWas die Küchenmaschine leisten kann – und was nicht
- Als wahre Wundermaschine wird er angepriesen, sein Preis ist dementsprechend stattlich: Der Thermomix erobert immer noch viele Haushalte.
- Aber wie gut ist das Gerät wirklich und was kann die Allround-Küchenmaschine? Genau das wollte unsere Autorin und Gastrokritikerin Julia Floss herausfinden.
- Sie hat an einem Thermomix-Verkaufsabend im Bergischen Land teilgenommen. Was sie dort erlebt hat, erzählt sie in ihrer Kolumne „Köln kulinarisch".
Mittwochabend, eine kleine, sehr stille Ortschaft irgendwo im Bergischen. Ich sitze im Keller eines prächtigen Neubaus und Heike erklärt gerade wortreich die Funktionen des Bedienfeldes der Küchenmaschine. Heike ist Thermomix-Repräsentantin, so steht es auf ihren Visitenkärtchen, und nach eigenen Angaben auch „privat totaler Fan“. Da wo andere Leute Bügelbretter und Heimtrainer auslagern, hat Heike einen Vorwerk-Verkaufsraum samt Küchenstudio. Es gibt Rohkost-Salat, Brot, Tomatenaufstrich, Mangoeis und Kürbisrisotto.
Thermomix-Fans in illustrer Runde
Nach der kurzes Vorstellungsrunde steht fest: Heikes Publikum ist an diesem Abend wenig homogen, aber der Verkaufsprofi wächst ja schließlich an seinen Aufgaben. Thermomixfan Rita (eine entzückend energische Dame aus dem Bergischen, Mitte 60) besitzt das Vorgängermodell und ist offensichtlich eine sehr erfahrene Köchin, auch ohne die Wundermaschine.
Rita ist gerade im Begriff die Thermomix-Erfahrungen ihrer Freundin Ulla zum besten zu geben. Da würde das Sahneschlagen ja nie funktionieren. „Das liegt dann wohl an Ulla und nicht am Thermomix“, erklärt Heike streng. „Wenn da mal was nicht klappt, wurde der eigentlich immer falsch bedient. Der Becher war warm. Oder die Sahne überschlagen. Ganz bestimmt.“ Rita nickt schuldbewusst.
Dazu kommt eine junge dreifache Mutter, berufstätig, ihr Mann und sie achten auf gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit – Thermomix-Kernzielgruppe. Kandidatin Nummer 3 kocht meistens für zwei Personen und probiert gerne vegane Rezepte aus. Heike nickt freudig.
Rezepte für den Thermomix aus dem Rezeptarchiv
„Dann wollen wir mal. Ich zeig euch jetzt das Thermomix-Internet.“ Damit meint sie das digitale Rezeptarchiv, welches man zum beachtlichen Kaufpreis des Geräts zusätzlich abonnieren kann. Die Rezepte sind direkt auf dem Display der Küchenmaschine abrufbar und begleiten den Kochenden Schritt für Schritt. Hinter diesem Archiv, dem „Thermomix-Internet“, verbirgt sich das eigentliche Verkaufsargument. Menschen, die nicht besonders kocherfahren sind, werden animiert neue Rezepte auszuprobieren und Lebensmittel zu verwenden, an deren Zubereitung sie sich sonst nicht getraut hätten. Das Gerät vermittelt Sicherheit. Die Rezept-Schritte sind sehr kleinteilig und erfordern keine eigene Gedankenleistung. Mach einfach das, was dir gesagt wird. Schritt für Schritt. Wenn was nicht klappt, liegt das bestimmt auch nicht am Thermomix, sondern an dir.
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Wie zum Beweis, machen wir an diesem Abend wohl einiges falsch, am Gerät kann’s ja nicht liegen. Der Ingwer will partout nicht in die gewünschte Form gehäckselt werden, der Brotteig ist zu klebrig, das Risotto ist so schleimig, dass man damit Wände tapezieren könnte und die Mangostückchen im Sorbet werden in stiller Übereinkunft vor Heike verschwiegen.
Der Thermomix bringt Nutzern nicht das Kochen bei
Für jedes einzelne Malheur gibt es allerdings eine ganz simple Erklärung aus der Küchenpraxis. Das Risotto wird schleimig, wenn man es mit kalter Brühe angießt und wie einen Milchreis quellen lässt. Der Fehler liegt ganz klar im Rezept und nicht beim Bedienenden. Und das Sorbet hätte schlichtweg noch zwei weitere Umdrehungen mit dem Messer gebraucht. Dafür hätte man allerdings eine Funktion außerhalb des Rezeptes aktivieren müssen und das sieht Heike gar nicht gerne.
Und genau das ist der einzige Punkt, den man diesem Gerät beziehungsweise der Marketingmaschine dahinter, vorwerfen kann. Der Thermomix bringt einem nicht das Kochen bei. Er animiert, motiviert und (nicht zuletzt) zerkleinert er auch Dinge. Und das macht er ganz fantastisch.
Er ist allerdings keine Wundermaschine, mit der sich plötzlich jeder Laie in Paul Bocuse verwandelt. Und wenn mal etwas schief läuft, dann liegt das nicht zwangsläufig an der Unfähigkeit des Bedienenden, sondern daran, dass man vielleicht eben doch nicht jede Speise dieser Welt in einem Hochleistungsmixer zubereiten kann.