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Thomashof in BurscheidWas der Käser macht und worauf es ankommt

Lesezeit 5 Minuten

Eine Kuh muss einmal im Jahr kalben, sonst stellt sie die Milchproduktion ein.

Sie liegen in der Käsetheke alle brav nebeneinander: blassgelbe bis leuchtend rote Goudakugeln, weiß-plüschige Cambembert-Teiglinge, würzige Stinker, löchrige Emmentaler und kräftige Blauschimmelkäse. Der Konsument hat die Qual der Wahl. So vielseitig der Käsekosmos auch ist, seine Basis ist stets die Gleiche: Milch. Aber was unterscheidet denn nun den Gouda vom Brie und den Tilsiter vom Edamer?

Käse wird überwiegend aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch hergestellt. Aber nicht nur die Unterteilung der Milch nach Tier ist relevant, die Unterteilung der Milch nach Behandlung ist mindestens genauso wichtig: Geschmacklich herausragender Käse ist aus Rohmilch. Sie wird nicht erhitzt, wie die pasteurisierte Milch, sondern lediglich einem mechanischen Reinigungsprozess vor der Weiterverarbeitung unterzogen. In Frankreich ist jede andere Käseart Frevel. Für die Regierung der USA hingegen ist Rohmilch eine gefährliche Substanz und verboten. In der Europäischen Union unterliegt sie strengen Hygienevorschriften und wird in adrettestem Bürokratendeutsch als „das unveränderte Gemelk von Nutztieren“ bezeichnet. In Deutschland käsen nur wenige Molkereien aus Rohmilch. Zum einen weil sie die strengen Hygienevorschriften und die damit verbundenen Risiken scheuen, zum anderen weil die Nachfrage in Deutschland relativ gering ist. Aber egal ob aus pasteurisierter oder Rohmilch – der Herstellungsprozess für Käse läuft letztendlich identisch ab. Wie, hat uns Milchbauer und Molkereimeister Oliver Thomas vom Thomashof in Burscheid gezeigt.

Käse vom Thomashof in Burscheid

Auch er stellt nur Käse aus pasteurisierter Milch her. Der Thomashof beherbergt 220 Kühe, die täglich 4000 bis 4500 Liter Milch geben. „Wir verarbeiten 80 Prozent hier vor Ort und der Rest geht an externe Molkereien. Wir Bauern werden nach der Qualität unserer Milch bezahlt. Die Molkereien wollen den Keimgehalt der Milch wissen. Deshalb dürfen wir vorher nicht pasteurisieren,“ erklärt Thomas, während er mit Haarnetz und Gummistiefeln durch seine Molkerei stapft. „Der Molkereifahrer hat einen Messkasten im Wagen. Dadurch haben wir eine stetige Kontrolle unseres Produktes. Wenn die externe Molkerei ihren Teil abgepumpt hat, geht es bei uns los mit der Käseherstellung.“

Zunächst wird die Milch mit Hilfe einer Pasteurisierungsanlage für 30 Sekunden auf 72 Grad erhitz, abgekühlt, dann erneut für 15 Sekunden auf 75 Grad erhitzt und noch mal abgekühlt. Jetzt sind unerwünschte Keime tot. Allerdings werden dadurch auch jene Bakterien vernichtet, die für den individuellen Geschmack von Rohmilchkäse so wichtig sind. Hier trennen sich also Qualitäten.

Milchsäurebakterien oder Süßmilchgerinnung

Nach der Pasteurisierung wird die Milch dickgelegt, das heißt zum Gerinnen gebracht. Dafür gibt es drei Methoden, die auch kombiniert werden. Bei der Herstellung von Sauermilchkäse oder Joghurt setzt man Milchsäurebakterien zu. Dadurch wird das Milcheiweiß, das Kasein ausgefällt. Das Kasein wird von der Flüssigkeit, der Molke, getrennt und es entsteht Frischkäse. Die zweite Methode ist die sogenannte Süßmilchgerinnung. Der Käser setzt der Milch dafür Lab zu, ein Enzymgemisch aus dem Kälbermagen. Die meisten bekannten Hart- oder Schnittkäsearten werden so hergestellt. Die dritte Methode arbeitet mit Hitze. Dabei wird nicht aus Milch, sondern aus Süßmolke, Sauermolke und Molkensahne gekäst. Ricotta wird auf diese Weise hergestellt.

So wird die Käsesorte bestimmt

An dieser Stelle wird auch die tatsächliche Käsesorte bestimmt. Denn der Milch werden nicht nur Milchsäurebakterien und Lab zugesetzt, sondern auch die Reifungskulturen. Das sind Mikroorganismen, die von Molkereien gehütet werden wie Staatsgeheimnisse. Diese Kulturen sind teuer, denn Sie sind letztendlich das, was einen 08/15-Blauschimmelkäse von einem Roquefort unterscheidet oder den Emmentaler zum echten Emmentaler macht.

Thomas käst hauptsächlich halbfesten Schnittkäse. Dafür setzt er der Milch sowohl Lab als auch Milchsäurebakterien sowie die gewünschten Reifekulturen zu. Die Milch wurde vorher in eine riesige Wanne gefüllt und darf nun für 50 bis 60 Minuten nicht bewegt werden. In dieser Zeit bildet sich die sogenannte Gallerte. Die Milch verwandelt sich in eine Art Wackelpudding. „Jetzt kommt die Harfe ins Spiel,“ erklärt Thomas den nächsten Schritt. Die Harfe durchzieht wie ein Kamm die Gallerte langsam immer wieder und zerkleinert sie stetig. Der sogenannte Käsebruch entsteht. „Je kleiner der Bruch ist, umso fester wird der Käse.“ Das Ziel der Prozedur ist, die Molke vom Bruch zu trennen, also möglichst viel Flüssigkeit aus der Trockenmasse zufiltern. Nach 15 bis 20 Minuten hat der Bruch die gewünschte Größe und kann in Form gebracht werden. Vorher zieht Thomas die Molke aus der Wanne und erwärmt den Inhalt auf 32 bis 34 Grad, um das Bruchkorn noch fester zu machen.

Thomas füllt den Käsebruch in Förmchen, die anschließend gepresst werden, um noch mehr Molke zu entziehen. Der Käse hat nun seine äußere Gestalt angenommen – jetzt kommt der Geschmack.

Trocken gesalzen oder Salzbad

Je nach Käsetyp wird der Käse trocken gesalzen oder in ein Salzbad gelegt. Wir lange der Käse in diesem Bad liegt, hängt von der Sorte ab. „Wir rechnen mit zehn Stunden pro Kilo. Im fertigen Käse sollten nicht mehr als zwei Prozent Salz sein,“ erklärt Thomas. Das Salz entzieht dem Käse Flüssigkeit. „Das ist der Grund warum Käse immer mit Fett in der Trockenmasse deklariert wird. Der Käse verliert beim Reifeprozess Wasser und schrumpft. Die Trockenmasse bleibt aber immer gleich, deshalb bleibt der Fettgehalt ebenfalls bestehen,“ erläutert Thomas und hält zur Verdeutlichung zwei Käselaibe in die Höhe. „Der Linke ist zehn Jahre älter als der Rechte. Für beide gilt trotzdem die gleiche Bezeichnung.“

Nach dem Salzbad erhält der Käse seinen letzten Schliff. Im Reifekeller finden die Umwandlungsprozesse der im Käse zurückgehaltenen Milchinhaltsstoffe statt. Im Kern geht es um Enzymaktivität. Der Käse in Thomas’ Keller muss mindestens vier Wochen reifen. Emmentaler, sowohl aus pasteurisierter als auch aus Rohmilch, reift mindestens drei Monate. Rohmilchkäse braucht während der Reifung besondere Zuwendung: Von der Temperatur über die Luftfeuchtigkeit bis hin zu speziellen Behandlungen unterliegt alles der Kontrolle des Affineurs.

Thomashof BurscheidHammerweg 69, 51399 Burscheid

info@thomashof-burscheid.de