Hellgold, würzig und mit Tiefe: Die Weinregion Nahe steht für Riesling und weiße Burgundersorten – und ist vom Klimawandel bedroht.
WeinkolumneRiesling ist ein Aushängeschild der Region Nahe – doch die Reben sind gefährdet
Die Weinregion Nahe ist in vielerlei Hinsicht besonders. Dominiert wird sie von dem gleichnamigen Fluss, der sich auf 120 Kilometern zwischen Hunsrück und Nordpfälzer Bergland entlang schlängelt, bevor er in Bingen in den Rhein fließt. Die Steillagen sind von enormer Bodenvielfalt geprägt und neben Riesling sind weiße Burgundersorten das Aushängeschild der Region.
Aber auch hier zeigt sich der Klimawandel mit voller Wucht und fordert ein Umdenken ein. „Die letzten fünf Jahre waren schon sehr trocken, aber 2022 war extrem“, erklärt Laura Weber, die den Familienbetrieb in Monzingen in 11. Generation führt.
Erst Trockenheit, dann Starkregen: Klimawandel beeinflusst Weinernte
Ab Mitte Juni hat es 2022 ganze drei Monate lang keinen Tropfen geregnet. Es war die Zeit, als der Rhein zum Rinnsal schrumpfte und Schlagzeilen machte. In den Weinbaugebieten litten die Reben unter Trockenstress, was die geschmackliche Traubenreife verzögerte. Kurz vor der Lese kam dann der ersehnte Regen. Allerdings große Mengen in sehr kurzer Zeit.
„Die Reben haben richtig aufgeatmet“, erzählt die Jungwinzerin. Allerdings saugten sich die Trauben voll, verwässerten und platzten teilweise auf. Es war ein Jahr, in dem man sehr präzise und selektiv ernten musste. Allgemein fallen die Weine aus dem Jahrgang 2022 auch wegen der niedrigen Säurewerte gefällig aus und es fehlt oft der Extrakt, um sie reifefähig zu machen. Kurzum es sind runde, süffige Weine für den frühen Konsum.
„Diese Extreme nehmen zu“, erklärt Laura Weber. Besonders herausfordernd ist das Klima in den hochwertigen Steillagen. „Dort kämpfen die Trauben mit der intensiven Sonneneinstrahlung und dementsprechend Sonnenbrand“, erzählt sie weiter.
Mit der Hitze kommen die Sorten mit roter Beerenhaut besser zurecht
Ein Grund für sie, dort mit der Rebsorte „Roter Riesling“ zu experimentieren. Es ist eine historische Weißweinsorte, die zwar mit dem altbekannten Riesling verwandt ist, aber über eine bläuliche Beerenhaut verfügt. „Die dunklere Farbe macht die Sorte weniger UV-Licht empfindlich“, sagt Weber. Außerdem ist die Traubenschale dicker und damit robuster.
Vor fünf Jahren wurde die Parzelle bepflanzt und mühsam bewässert, damit die Stecklinge überhaupt anwachsen konnten. Im Jahr 2022 haben die Reben dann erstmals gezeigt, dass sie mit diesen Extremen gut umgehen können. Es ist zweifellos eines der Highlights in der Kollektion der Winzerin. „Ich mag, dass die Weine mehr Würze und Tiefe haben“, erklärt Laura Weber begeistert. Um diese noch einmal zu betonen, wird ein Teil der Menge in gebrauchten Fässern ausgebaut.
Entstanden ist ein saftig, würziger wie animierender Weißwein der hellgold ins Glas läuft. Das Bukett ist intensiv, mit reifen Aromen von Ananas, Nektarinen, kandiertem Ingwer, Orangenblüten, Anis und Fenchelsamen. Der Wein ist angenehm trocken ausgebaut, die Säure ist animierend frisch. Am Gaumen lebt der Wein von einer seidigen Textur, Kräuterwürze, salziger Mineralität und einem langen Nachhall.
Obwohl der Weißwein nur 12 Prozent Alkohol hat, ist es ein komplexer Essensbegleiter. Gut schmeckt er zu exotisch gewürzten Gerichten wie mit Curry marinierten und gegrillten Hähnchenspießen oder indischem Rote Linsen Dal.
2022 Bienengärtchen / Roter Riesling trocken / Weingut Weber / Nahe – 22,80 Euro www.weingut-udo-weber