WeinkolumneNoch nicht süß, aber angenehm fruchtig
Das Deutsche Weininstitut erhebt jedes Jahr eine Statistik darüber, wie viele der heimischen Weine trocken, halbtrocken oder lieblich ausgebaut worden sind. Dabei zeigt sich, dass der Trend zu trockenem Wein ungebrochen anhält. 44 Prozent aller heimischen Qualitäts- und Prädikatsweine wurden demnach im vergangenen Jahr mit kaum Restzucker abgefüllt. Ob in Restaurants oder im Weinhandel: Der Weingenießer verlangt automatisch nach trockenem Wein, obwohl ihm unter Umständen ein etwas fruchtigerer besser schmecken würde.
Während in den 1970er Jahren der liebliche Weinstil weit verbreitet war, hat der Glykolskandal diesen Trend im Jahre 1985 jäh beendet. Zu Recht – denn mit schnell reifenden Neuzüchtungen wie Bacchus oder Huxelrebe und neuester Kellertechnik wurden damals sehr billige, dünne und flach-süße Weine erzeugt, mit denen man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen könnte. Das Image der Süße war dahin.
2013 Riesling Kabinett feinherb, Weingut Hans Lang, Rheingau, 8,60 Euro, 06 72 3/24 75
Dabei gehört der nicht ganz trockene Ausbau traditionell zu Anbaugebieten wie Mosel, Rheingau und vor allem zu der deutschen Rebsorte Riesling. In dem kühlen Klima haben die Riesling-Reben nämlich viel Zeit, um Aromen und Extrakt einzulagern, was zusammen mit der frischen Säure der Süße viel Spiel verleiht. So entstehen vielschichtige Weine, die weit weg sind vom Massenwein, der mit Süße über einen dünnen Charakter hinwegtäuschen will.
Eine spannende Kategorie ist „feinherb“. Hier hat der Wein mehr als die erlaubten neun Gramm Restzucker, die als Grenze für „trocken“ gelten. Allerdings schmeckt er noch nicht süß, sondern angenehm fruchtig. Solche Weine passen hervorragend zum Essen, etwa zu Krustentieren mit dezent-süßem Fleisch oder asiatischen Gerichten, die entweder mit Sojasauce oder mit Gewürzen kräftig abgeschmeckt werden.
Besonders empfehlenswert sind die Rieslinge vom Rheingauer Weingut Hans Lang. Der Schweizer Urban Kaufmann, der lange Zeit eine Appenzeller-Käserei leitete, hat sich mit dem Weingut einen Lebenstraum erfüllt. Mit einem neuen Blickwinkel und viel Leidenschaft gab er dem Bioweingut neuen Schwung. Sein feinherber Riesling duftet nach weißen Blüten, Zitrusfrüchten und Aprikosen. Am Gaumen pikant, mit mineralischem Eindruck und frischem Frucht-Säure-Spiel.
Ein saftiger Weißwein, der dem Genießer viel Freude auch zum Käse bereiten wird.