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Gesunde Hunde und KatzenWelche Haustier-Impfungen wirklich sinnvoll sind

Lesezeit 5 Minuten

Ob und wie oft ein Besitzer sein Tier impfen lässt, ist ihm selbst überlassen, eine Impfpflicht gibt es nicht.

Wer sein Tier liebt, der impft. Schließlich möchte jeder Halter seinen Hund oder seine Katze vor Krankheiten schützen.

Seit einiger Zeit allerdings sind viele Hunde- und Katzenhalter skeptisch und auch Wissenschaftler diskutieren darüber, ob wir mit den häufigen Impfungen unseren Tieren nicht mehr schaden als nützen. Wollen Tierärzte und Impfstoffhersteller nur Geld verdienen und nehmen dafür Nebenwirkungen wie Krampfanfälle und allergische Schocks in Kauf? In Internetforen werden solche Vorwürfe laut und Hunde- und Katzenbesitzer berichten von Fällen, in denen die Tiere an den Nebenwirkungen von Impfungen starben. Eine Impfpflicht für Hunde und Katzen gibt es in Deutschland nicht. Die Ständige Impfkommission des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt) empfiehlt, Hunde immer gegen Ansteckende Leberentzündung (HCC), Leptospirose, Parvovirose, Staupe und Tollwut zu impfen (Krankheiten werden im nebenstehenden Kasten erklärt). Die Impfung gegen Leptospirose soll jährlich, die anderen Impfungen nur alle drei Jahre wiederholt werden. Die Impfempfehlung wurde 2006 geändert – davor wurden fast alle Impfungen jährlich verabreicht.

Nutzen ist höher als Risiko

Nicht die Impfung an sich, sondern die Intervalle der Wiederholungsimpfungen sind trotz dieser Neuerungen Stein des Anstoßes bei den Gegnern der Impfempfehlung. „Noch immer geben Tierhalter Geld für (Nach-)Impfungen aus, die ihre Hunde nicht brauchen“, schreibt etwa die Journalistin Monika Peichl in ihrem Ratgeber „Hunde impfen“. „Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Beweis dafür, dass die Impfungen gegen Staupe, Hepatitis und Parvo nur ein Jahr oder drei Jahre lang schützt. Bewiesen ist vielmehr das Gegenteil.“ Peichl beruft sich auf den Tierarzt Ronald D. Schultz aus den USA, der die Meinung vertritt, dass ein Hund nach der Grundimmunisierung nicht mehr geimpft werden muss, sofern danach nachweislich genug Antikörper im Blut vorhanden sind. Die Immunisierung bestehe mindestens sieben Jahre lang.

Ein Tier darf nicht geimpft werden, wenn es krank ist oder Fieber hat. Auch verwurmt sein sollte es nicht, weshalb 14 Tage vor der Impfung eine Kot-Kontrolle oder Wurmkur gemacht werden sollte.

Kombinationsimpfstoffe sind für Halter und Hund einfacher, weil mit einer Spritze mehrere Impfungen auf einmal verabreicht werden. Für den Hund ist es allerdings auch belastender, weshalb die Impfungen bei sehr kleinen oder schwachen Hunde nach Absprache mit dem Tierarzt gegebenenfalls einzeln verabreicht werden sollten.

Impfintervalle: Beim Hund sollten die Impfungen gegen Leberentzündung (HCC), Parvovirose, Staupe und Tollwut nach der Grundimmunisierung im Dreijahrestakt verabreicht werden. Der Leptospiroseschutz muss jährlich aufgefrischt werden. Die Grundimmunisierung umfasst vier Impfungen im Alter von jeweils 8, 12 und 16 Lebenswochen sowie nach dem 15. Monat. Katzen sollten immer gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche (RCP) geimpft sein, Freigänger auch gegen Tollwut. Die Grundimmunisierung erfolgt wie beim Hund. Gegen Katzenseuche wird eine Auffrischung alle drei Jahre empfohlen, gegen Katzenschnupfen soll jährlich geimpft werden.

Die Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission auch für andere Tiere finden Sie im Internet unter

www.tieraerzteverband.de

Individuelle Impfabstände

In der Tat seien die von den Herstellern empfohlenen Impfabstände das Ergebnis von wissenschaftlichen Studien im Rahmen der Zulassung der Impfstoffe, und können nur einen Richtwert liefern, räumt Tierärztin Astrid Behr vom bpt ein. Der muss nicht auf jedes Tier zutreffen. Pauschal ließe sich nicht sagen, wie lange eine Impfung vorhält. Denn das hängt unter anderem davon ab, wie viele Antikörper das Tier bildet und wie hoch der Infektionsdruck ist – also beispielsweise wie vielen Viren es bei einer Infektion ausgesetzt ist. „Natürlich kann ein Hundebesitzer per Titerkontrolle überprüfen lassen, ob genug Antikörper vorhanden sind und danach entscheiden, ob geimpft werden sollte“, sagt Behr. Aber diese Untersuchungen, bei denen Blut abgenommen und zur Analyse ins Labor geschickt wird, verursachen zusätzliche Kosten und müssen – entgegen Peichls Angaben – in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. „Nicht geimpfte Tiere sind geschützt auf Kosten der Gesamtpopulation. Ist die Immunität schließlich gering, kann es zu seuchenhaften Krankheitsausbrüchen kommen und schlimmstenfalls sterben am Ende Tiere“, kritisiert die Tierärztin. Zwar könne es nach Impfungen zu Nebenwirkungen wie allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen. „Für das Tier, das es trifft, ist das natürlich nicht schön. Aber derartige Nebenwirkungen sind so gering im Verhältnis zum Nutzen, dass die Empfehlung lautet: Man soll impfen.“ Das Risiko für das Tier, an der Krankheit zu sterben, ist also höher, als Nebenwirkungen der Impfung zu erleiden. Todesfälle aufgrund solcher Nebenwirkungen sind extrem selten. Zu den „erwünschten“ Nebenwirkungen gehören vorübergehende Mattigkeit, Müdigkeit und eine Schwellung der Einstichstelle. Solche Reaktionen zeigen, dass das Immunsystem arbeitet und Antikörper bildet.

Impfen je nach Lebensumständen

Impfungen sollten immer nach Absprache mit dem Tierhalter entsprechend den Lebensumständen des Tieres verabreicht werden. Fragen, die dabei entscheidend sein können sind etwa: Ist ein Hund viel in Kontakt mit anderen Hunden? Ist das Risiko einer Infektion in der Region groß?

Einige Tierärzte bitten unabhängig solcher Faktoren die Halter auch heute noch zur jährlichen Mehrfachimpfung, möglicherweise auch aus Unkenntnis der modernen Empfehlungen, die für die meisten Impfungen eine Auffrischung nur alle drei Jahre vorsehen. Wer als Hundehalter jährlich zur Tollwut- und Staupeimpfung gebeten wird, sollte skeptisch werden und den Tierarzt auf die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission hinweisen. Letztlich entscheidet alleine der Halter, ob und wie oft er impfen lässt. Auch wenn oft von den sogenannten „Pflichtimpfungen“ die Rede ist: Nur wer mit seinem Tier ins Ausland reist, muss eine Tollwut- und gegebenenfalls länderspezifisch weitere Impfungen nachweisen.

Eine Tollwutimpfung ist hierzulande kein Muss. Tierärztin Astrid Behr warnt jedoch: „Die Tollwutverordnung sieht vor, dass ein nicht geimpfter Hund eingeschläfert wird, wenn er von einem Tier gebissen wurde, bei dem der Tollwut-Verdacht besteht.“ Dieses Szenario hält sie für gar nicht so unwahrscheinlich, auch wenn Deutschland als frei von Fuchstollwut gilt. Schließlich gäbe es die Tollwut in Osteuropa noch immer, und von dort würden regelmäßig inoffiziell nicht geimpfte Tiere eingeschleppt.