Green Fashion aus Köln mit der KleidereiLeihen statt shoppen
Wie soll denn nachhaltiger Modekonsum gehen, fragten sich vor ein paar Jahren die beiden Exil-Kölnerinnen in Hamburg Thekla Wilkening und Pola Fendel. Darauf fanden die zwei, damals noch Studentinnen, nur eine Antwort: Durch weniger Modekonsum. Kaum ausgesprochen, setzten sie ihre Geschäftsidee 2012 um und gründeten unter dem Motto „Stil hast du, Kleider leihst du“ die Kleiderei. Seither kann man zum Flatrate-Preis Kleidungsstücke ausleihen.
Alles online außer in Köln
Von Hamburg aus führen Wilkening und Fendel vor allem das Online-Geschäft und packen Päckchen. In der bisher einzigen Filiale Deutschlands, in der Kölner Venloer Straße, ist die Modedesignerin Lena Schröder fürs Kleiderverleihen der Kleiderei zuständig. Seit 2016 gibt es den ersten physischen Store in Ehrenfeld, in dem bis vor kurzem auch noch Schröders eigenes Mode-Atelier mit untergebracht war – sie steht hinter dem Label Trinkhallen Schickeria – , seit der Neueröffnung der Kleiderei vor wenigen Wochen, musste es aber an einen anderen Ort ausweichen: Denn ab sofort werden auch Herren im Laden bedient und ausgestattet.
Einfaches Konzept
Das Konzept der Kleiderei ist denkbar einfach, wenn auch mit einem gewissen Aufwand verbunden: Für die Online-Ausleihe in Hamburg registriert man sich einmalig, bezahlt 49 Euro im Monat und kann bis zu vier Kleidungsstücke ausleihen – und nach vier Wochen gegen vier neue Stücke tauschen. Bei der ersten Anmeldung ermitteln die Stylistinnen an der Elbe mit einem Fragebogen Stil, Vorlieben und Problemzonen der Kundschaft, so dass das Paket möglichst passend ist und nicht Frust auslöst, sondern Freude macht.
Im Kölner Geschäft gilt ein ähnliches Prinzip, nur dass die monatliche Gebühr bei 25 Euro liegt, „da wir von hier aus keinen Versand betreiben“, sagt Schröder. Vielmehr handelt es sich „um einen gemeinschaftlichen Kleiderschrank, so wie man unter Freundinnen immer geliehen und verliehen hat“. Die Kleiderei stillt den Modehunger ohne den schnellen, ungesunden Konsum weiter zu befeuern. Am Anfang, um das erste Depot zu erstellen, misteten die Gründerinnen ihre eigenen Schränke aus, baten Freunde und Familie um eine gründliche Revision und hatten im Nu ein paar Hundert Anziehsachen zusammen.
Auch heute noch lebt das Geschäft von Spenden und nimmt Stücke, die deutlich zu gut und zu trendy sind, um in der Tonne, im Altkleider-Container oder in der Recycling-Annahme zu landen. „Wir leben von den klassischen Fehlkäufen, die jeder immer wieder tätigt – bei uns bekommen sie ein neues Zuhause“, sagt Schröder. Die Vorteile, außer einem guten Gewissen, liegen auf der Hand: Die Kunden bekommen Alltagskleidung genauso wie für einen bestimmten Anlass, vom Business-Kostüm bis zum Skianzug. „Genauso ist es möglich, zum Saisonbeginn den gleichen Wollmantel für längere Zeit zu leihen“, erklärt Schröder. Zuhause quellen die Schränke nicht mehr über, die Garderobe wird ständig aufgefrischt, und sollte man sich in ein geliehenes Stück doch mehr verlieben als es für eine kurzfristige Affäre üblich ist, ist auch der Kauf mit Rabatt eine Option.
Sinnvoller Konsum
Damals, 2012, setzten Thekla Wilkening und Pola Fendel ihre Idee in Hamburg St. Pauli um. Pola Fendel studierte Kunst an der Hochschule der Künste, hatte aber klare Einwände gegen das System Kunstmarkt und suchte Alternativen. Thekla Wilkening studierte Bekleidungstechnik, und machte bei der Designerin Lena Schröder und ihrem Label „Trinkhallen Schickeria“ ein Betriebspraktikum. Die Idee vom sinnvollen Konsum kam ihnen gemeinsam. Dabei stand der nachhaltige Aspekt anfangs gar nicht im Vordergrund.
Zuerst überlegten sie einfach nur, wie viel Spaß es machen würde, Kleidung wie in einer Bücherei ausleihen zu können. Aber je tiefer sie sich mit der Thematik Green Fashion auseinandersetzten, desto angewiderter waren sie von der Modeindustrie und der Billigproduktion, vom Überfluss und vom Konsum der Fast Fashion. Das war ein Jahr bevor in Bangladesch die riesige Textilfabrik Rana Plaza einstürzte und 1142 Textilarbeiterinnen in den Tod riss. Die beiden waren auf der richtigen Fährte, denn durch die Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen in Südostasien erweiterte sich der Kundenstamm schlagartig.
Lange Lebensdauer von Kleidung
Heute lebt die Kleiderei immer noch von Spenden der Fehlkäufe und Ex-Lieblingsstücke. Die Unternehmerinnen durchpflügen aber auch Flohmärkte und grasen Vintageboutiquen ab – oder kooperieren mit Slow-Fashion-Labels, die Muster oder Lagerbestände loswerden wollen. Deshalb entdeckt man auf den Kleiderstangen eben auch Mode von Zara oder H&M, Stücke, die mit Nachhaltigkeit nicht zusammenzubringen sind. „Wir wehren uns ja nicht dagegen. Wenn die Sachen nun schon einmal gekauft wurden, wollen wir nur dazu beitragen, dass sie nicht nach einmal Tragen im Mülleimer landen, nur weil sie doch nicht gefallen und kein Geld gekostet haben. Die lange Lebensdauer von Kleidungsstücken macht das Nachhaltige aus“, sagt die 34-jährige Schröder. Deshalb wird in der Kleiderei nach der Rückgabe gewaschen, gereinigt, gebügelt – und wenn es sein muss auch repariert.Die KleidereiVenloer Straße 459, 50825 Kölnhttps://kleiderei.com