Rheinland für EntdeckerDie Kasbachtalbahn fährt auf steilen Gleisen nach Linz
- Gehen Sie mit uns auf Sommerreise: In unserer Serie „Rheinland für Entdecker“ geben wir Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube in unserer Heimat.
- Diesmal geht es nach Linz am Rhein. Dort fährt der historische Scheinenbus die Besucher auf steilen Gleisen durch den Wald ins Kasbachtal.
- Lesen Sie hier auch alle bereits erschienenen Ausflugstipps aus unserer Sommerserie „Rheinland für Entdecker".
Linz am Rhein – Bahnsteig 3, Linz am Rhein, der weinrote Schienenbus Baujahr 1960 kommt aus einer anderen Zeit. Breit und ausladend, keinesfalls stromlinienförmig, die Ecken sind rund, die Fenster gehen einmal um den Wagen. Technik aus den 1950er Jahren, robust, solide und zuverlässig. Ein freundlicher Gruß aus der Zeit des Wirtschaftswunders.
30 Frauen und Männer aus dem Münsterland freuen sich auf die Fahrt mit der Kasbachtalbahn hinauf nach Kalenborn. Oder genauer bis zur Brauerei Steffens, die kurz hinter der ersten Steigung hinauf in den Westerwald eine Gaststätte betreibt. Der Diesel wummert. Jürgen Spiller sitzt am Steuer und bringt den Oldtimer auf Touren. „Nicht schneller als 30“, sagt er. Die Strecke hat ein paar Besonderheiten.
Eisenbahn-Liebhaber retteten die Kasbachtalbahn
Rund neun Kilometer rauf nach Kalenborn. Das dauert etwa 20 Minuten. Runter geht’s etwas schneller. Ein einziges Gleis verbindet die Orte. Schienenbusse waren bis in die 1980er Jahre das Rückgrat des Nahverkehrs auf den Nebenstrecken. Dass es diese Strecke noch gibt, ist ein paar Eisenbahn-Enthusiasten zu verdanken, die der DB das Gleis abrangen. Eigentlich war die Kasbachtalbahn zum Tode verurteilt.
Die Fahrgäste heute haben leuchtende Augen, wenn sie sich an ihre Fahrten zur Schule erinnern oder an Bahnreisen in der westdeutschen Provinz. Der Schienenbus ist ein Zug für alle Fälle, jede Strecke und jeden Haltepunkt. Die Rundumsicht ist grandios. Wer vorn sitzt, kann Jürgen Spiller über die Schulter blicken, wie die Bahn zunächst mit Rheinblick langsam Fahrt aufnimmt, dann die erste Höhe erklimmt, über ein Viadukt mit einer guten Aussicht auf die Dächer von Kasbach rollt und im grünen Tunnel des Waldes verschwindet.
„Bergab ist das Problem“
Seit 1912 fahren hier Züge auf einer der steilsten Bahnstrecken Deutschlands. 57 Promille beträgt die Steigung. Das klingt nach wenig, ist aber für Bahnen ein Problem, weil die Reibung zwischen Rad und Schiene nicht genügt, um größere Gewichte zu bremsen. „Bergab ist das Problem“, sagt Eisenbahnbetriebsleiter Uwe Henrich von der Eifelbahn Verkehrsgesellschaft, die Betreiberin der Kasbachtalbahn.
Als hier noch Güterzüge den schweren Basalt aus den Steinbrüchen entlang der Strecke zu Tal brachten, mussten die Loks gewechselt werden. Sie durften nur an der Talseite fahren. Zu schwere Züge teilte man auf. Das ist die zivile Geschichte der Bahn.
Erster Schienenbus fuhr 1999
Entstanden ist sie auch aus militärischen Gründen. Das Deutsche Reich ließ sie bauen, weil man im Falle eines Krieges mit Frankreich Truppen und Material schnell in den Westen an die Grenze verlegen musste. Dafür musste eine Bahn her, die quer durch den Westerwald, bei Remagen über den Rhein und dann quer durch die Eifel bis in die Ardennen führte. Bis zum Kriegsausbruch 1914 war sie noch nicht fertig. Die Ludendorff-Brücke zwischen der Erpeler Ley und Remagen gehört in dieses Bauprogramm. Sie erlangte 1945 als „Brücke von Remagen“ weltweit Bekanntheit, weil sie unzerstört den amerikanischen Truppen in die Hände fiel. Die Brückentürme der Brücke sind noch erhalten.
Das Stück von Linz nach Flammersheim war schon 1912 fertig. Dampfloks transportierten vor allem Steine aus den Basaltbrüchen – und Menschen. Ab März 1945 war nur noch ein Stück der Strecke befahrbar. Schrittweise stellte die Bahn bis 1960 den Personenverkehr ein. 1997 beendete sie auch den Güterverkehr. Ein Jahr später übernahm die private Eifelbahn. Am 4. April 1999 rollte der erste Schienenbus nach Kalenborn.
Rund 40 000 Fahrgäste pro Jahr
Das Tempo ist gemächlich. Zwei Personen reichen, um den Zug zu fahren. Jürgen Spiller sitzt am Steuer, ein Schaffner verkauft Fahrscheine. In Kalenborn wie auch in Linz wechselt die Fahrtrichtung, dann werden die roten Farbfilter vor den Lampen von hinten nach vorne getragen und umgesteckt. Schon ist der Schienenbus mit neuer Richtung fahrbereit. Frische Luft strömt aus den Lüftungsklappen über den Panoramafenstern. Die Sicht in Wald und Landschaft ist wunderbar.
Rund 40 000 Bahnfreunde gönnen sich dieses Vergnügen pro Jahr, sagt Ute Praßel, Dienstleiterin bei der Eifelbahn. An Wochenenden und Feiertagen geht es zwischen März und Ende Dezember stündlich nach oben. Im Sommer fährt die Bahn auch Mittwochnachmittag.
Die Gäste kommen mit dem Rheinschiff, wo sie im nahen Linz anlanden. In der Saison sind Parkplätze rar. „Kommen Sie lieber mit der Bahn“, rät Praßel. Die fährt rechtsrheinisch von Köln nach Koblenz und hält in Linz am Nachbarbahnsteig.
Vom Kasbachtal nach Linz am Rhein
Die Endstation Kalenborn selbst hat wenig zu bieten. Neben dem Lokal Nattermann direkt am Bahnhof mit einem Biergarten erwartet die Besucher ein Dorf auf einer kargen Kuppe mit Resten der Steinindustrie. Als Startpunkt für Wanderungen ist der Bahnhof jedoch ideal.
Die Wege führen zu alten Steinbrüchen, hinunter durchs Kasbachtal oder zur Erpeler Ley. Bis zu drei Fahrräder nimmt die Bahn mit. Wer gut trainiert ist, kann von hier aus den hügeligen Westerwald erkunden. Es führen auch Pfade ins nahe Linz am Rhein, das am Fernwanderweg Rheinsteig liegt und ein traditionsreicher Ausflugsort ist. Ideal daher, die Fahrt mit der Kasbachtalbahn mit einem Besuch zu verbinden.
Janine Petit leitet das Tourismusbüro im 500 Jahre alten Rathaus am Markt. Sie ist noch relativ neu in Linz, aber schon ziemlich begeistert: Was muss man gesehen haben? Petit muss nicht lange überlegen. Linz natürlich! Alte Stadttore, schmale Gassen, ein Rest der Stadtmauer, barocke Bürgerhäuser, die mittelalterliche Kirche St. Martin mit ihren alten Fresken, Fachwerkhäuser, die Burg, der Markt mit dem Rathaus. „Linz ist einfach gut zur Entschleunigung“, sagt sie. „Und deshalb ideal für Großstädter, die mal etwas anderes sehen wollen.“
Die wichtigsten Anlaufpunkte
Kasbachtalbahn: Die Bahn startet in Linz Samstag, Sonntag, an Feiertagen und im Sommer jeden Mittwoch zur vollen Stunde zwischen 10-18 Uhr. Hin- und Rückfahrt kostet für Erwachsene 8 Euro, für Kinder bis 14 Jahren 3.
Für Naturfreunde: Im Kasbachtal gibt es einen Bienenlehrpfad. Den kann sich jeder auf einem Spaziergang anschauen. Führungen unter
Für Wagemutige: Menschen mit Vorliebe für gruselige Dinge kommen in der Burg Linz auf ihre Kosten. Dort sind mittelalterliche Folterwerkzeuge zu sehen. Erwachsene zahlen zwei Euro, Kinder die Hälfte, geöffnet täglich 10-18 Uhr
Für Hungrige: Die Alte Brauerei im Kasbachtal ist Di-So ab 10 Uhr geöffnet, Tel. 0 26 44/98 07 80.
www.alte-brauerei-kasbachtal.de
Die Alternative ist das Restaurant Nattermann in der Bahnhofstraße 12 in Kalenborn, Tel. 0 26 45/97 310
In Linz sind das Café Reinartz oder das Café Kitsch empfehlenswert.
Für Kinder: Eine Abkühlung gefällig? Vor allem Kinder mögen das Freibad in der Linzer Ortsmitte, geöffnet an Wochentagen ab 6, am Wochenende ab 8 Uhr. Beliebt ist die große Wasserrutsche. Eintritt für Erwachsene vier Euro, Kinder 2,50 Euro. Am Schwimmbad, in Linz, Tel. 0 26 44/27 35
>Hier finden Sie alle bereits erschienenen Folgen der Serie Rheinland für Entdecker: www.ksta.de/entdeckerwww.rundschau-online.de/entdecker
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Anfahrt
Mit dem Auto oder dem Zug bis zum Linzer Bahnhof. Wer Linz mit dem Schiff besuchen möchte, hat Anschluss von Köln mit der Köln-Düsseldorfer und von Bonn mit der Bonner Personenschifffahrt.
Wer Linz von der anderen Rheinseite betrachten will, nutzt die Autofähre. Sie pendelt von 6-24 Uhr. Zwischen Erpel und Remagen verkehrt eine Personenfähre bis Ende Oktober (Mo-Fr, ,7-18 Uhr, Sa und So, 12.30-18 Uhr). Von Kripp geht’s schnell ins Ahrtal. Ideal für eine Rundreise.