Manufakturen der RegionVon Bonbonbäckern und Seifenmachern – alles handgemacht

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Bunte Bonbons purzeln aus der Walzenpresse. An der Duftorgel werden extravagante Parfüms komponiert. Nach altem Rezept gebackene Printen kommen frisch aus dem Ofen.
„Handarbeit hat Seele“, lautet ein Sprichwort. Abseits von maschineller Massenproduktion entstehen in kleinen Werkstätten ganz besondere Dinge. Tradition und Qualität spielen dabei eine große Rolle – denn wer Handgemachtes herstellt und verkauft, identifiziert sich in der Regel mehr als andere mit seinem Produkt.
Gearbeitet wird da oft nach überlieferten Regeln und Rezepten und mit traditionellem Werkzeug. Wer hier einkauft, schätzt das Außergewöhnliche. Auch im Rheinland gibt es viele Betriebe, in denen Kontinuität eine größere Rolle spielt als die hektische Suche nach dem Neuen. Die Unternehmer sind stolz auf ihre Arbeit und zeigen das auch gerne.
Ob bei der Herstellung von Bonbons, Printen, Töpferwaren, Bucheinbänden, Parfüm, Schmuck, Senf oder Seife: Überall lassen sich die Meister von Besuchern gern auf die Finger gucken. Einige bieten sogar Kurse und Seminare an, bei denen sie ihre Kenntnisse an interessierte Laien weitergegeben. Vorbeischauen lohnt aber allemal.
Eine kleine Auswahl von „Handgemachtem“ haben wir zusammengestellt.
Bonbonmacher
Süßes aus der WalzenpresseGoldnüsse, Pfefferminzkissen, Zitronenscheiben oder Himbeeren: Bonbons gibt es in den unterschiedlichsten Formen und Geschmacksrichtungen. Zum Grundrezept gehört natürlich Zucker, der zusammen mit Zutaten wie Fruchtsäften oder Fruchtmark, Bonbonsirup, Pflanzenauszügen, Sahne und ätherischen Ölen eingekocht wird. Bei den Bonbonmachern Hartmut und Elisabeth Gerhards in Simmerath/Kesternich geschieht das noch in alter Tradition ohne Farbstoffe und synthetische Zusätze. Im Kupferkessel wird auf offenem Feuer die Masse für Bonbons und Lutscher hergestellt. Danach kommt die rund 100 Jahre alte Walzenpresse zum Einsatz. Die Bonbonmacher zaubern auch neue Variationen wie Eifel-Brocken, Ingwerwürfel oder Rotweinbonbons – und lassen Besucher bei der Arbeit zuschauen.
Bonbonmacher Anno 1900 Hartmut Gerhards, Auf der Bever 3, 52152 Simmerath www.bonbonmacher-anno1900.de
Buchbinder
Tinte, Bücher, PergamentDie Restauration wertvoller alter Bücher ist ein solides Handwerk, das viel Geschick und Fingerspitzengefühl erfordert. Ob Holz, Pappe, Gewebe, Leder oder Pergamenteinband: Mit viel Sorgfalt werden kostbare und dekorative Einbände gestaltet. Zur Arbeit des Buchbinders gehört aber auch das Anfertigen von Mappen, Kassetten und Alben, das Schneiden von Passepartouts oder das Aufziehen von Postern und Bildern. Bei Josef Decker im kleinen Örtchen Bad Bodendorf bei Sinzig lassen Menschen aus aller Welt ihre alten „Schätzchen“ restaurieren. Außerdem bietet Decker auch Schreibtischauflagen aus Leder oder eine ganz spezielle Rotweintinte an. „Privatissimo“ heißt ein Kurs, in dem sich der Meister beim Restaurieren von Büchern den Wünschen seiner Kunden anpasst.
Book-Arts-and-more Josef Decker, Buchbinderei, Hauptstr. 117, 53489 Sinzig - Bad Bodendorfwww.book-arts-and-more.de
Steinschleifer
Ganz persönliches GlitzernEs müssen ja nicht immer gleich Diamanten sein: Glitzernde Mineralien gibt es in allen Farben und Varianten. Als deutsche Edelstein-Metropole gilt Idar-Oberstein. Hier kann sogar eine echte Mine besucht werden, es gibt die Schmuckfabrik Gottlieb mit der Edelstein-Erlebniswelt, einer Schürfstelle für Kinder, der Sonderausstellung „Mystische Drusenwelt“ und kostenlosen Schleifvorführungen. Daneben bieten kleinere Betriebe nicht nur Besichtigungen an. Ob Anhänger, Kette oder Amulett: Schmuck wird hier nach ganz persönlichen Vorgaben und Entwürfen angefertigt. In manchen Edelsteinschleifereien Idar-Obersteins gibt es weitere Angebote – zum Beispiel bei Peter Lind. Seine Schleiferei bietet auch Schulungen für Edelstein-Wellnessmassage oder Edelsteinmalerei an.
Edelstein-Erlebniswelt Louis Gottlieb & Söhne GmbH, Nahestraße 42,55743 Idar-Obersteinwww.goldgottlieb.dewww.edelstein-schleiferei.de
Parfümeur
Gesteuert von der NaseIn geheimnisvollen Laboratorien wurden im Mittelalter kostbare Kräuter mit Alkohol gemixt. Dabei waren Parfüms nur für Könige oder Fürsten reserviert. Wohlgeruch verströmen wollten manche aus rein diplomatischen Gründen: Nicht alle der rund 200 Duftstoffe, die der Mensch von sich geben kann, kommen bei anderen gut an. Ob man einander nicht riechen kann oder „die Chemie stimmt“ lässt sich chemisch beeinflussen. Parfümeur Uwe Manasse aus Kasbach am Rhein ist Experte. In seinen Vorträgen zeigt er, wie wichtig Duft im täglichen Miteinander ist. Auch Erkenntnisse aus Hirnforschung und Neurobiologie werden dabei vermittelt. Manasse entwirft nicht nur Parfüms, sondern gibt sein Wissen auch in Seminaren weiter, die man buchen kann: Teilnehmer können eigene Kompositionen mittels einer professionellen Duftorgel umsetzen.
Parfümeur Uwe Manasse, Kasbachtalstraße 18, 53547 Kasbach a. Rheinwww.manasse.de
Printenbäcker
Kaiserliche NaschereiDer Legende nach waren sie Kaiser Karls Lieblingsgebäck: Die Printen, einst Küchlein genannt, gehören zu Aachen wie der karolingische Dom. Der Teufel höchstpersönlich soll einem gewitzten Bäckerjungen geholfen haben, das Originalrezept aus der Grabstätte des Kaisers zu holen. Als der Gehörnte die frischen Printen probierte, bekam er starke Bauchschmerzen – und floh flugs zurück in die Hölle. Dabei sind Printen – in Maßen genossen – doch so bekömmlich. Besonders wenn sie handgemacht sind. Die über 100 Jahre alte Aachener Printenbäckerei Klein, zentral in der Aachener Innenstadt gelegen, gewährt Besuchern einen Blick auf die Backbleche. Informiert wird über Rohstoffe, Zutaten, Herstellung von Teig und dessen Verarbeitung – in vergangenen Zeiten und heute. Dabei darf gelauscht, geschnuppert – und natürlich auch genascht werden.
Printenbäckerei Klein, Franzstraße 91, 52064 Aachenwww.printen.de
Seifenmacher
Kalt gerührt mit Milch und Honig„Wasser ist zum Waschen da“ hieß ein Hit aus den 1950er Jahren. Nasses allein reicht aber oft nicht: Erst die Seife sorgt für Sauberkeit und Frische. Das erkannte wohl auch Sonnenkönig Ludwig XIV., der die besten Seifensieder an den seinerzeit nicht unbedingt wohlriechenden Hof von Versailles holte und gleich auch noch ein Reinheitsgebot für das Produkt erließ. Bei Seifenkunst Soehnge in Freudenberg wird Seife noch wie vormals im Kaltrührverfahren hergestellt. Nicht nur Sheabutter und verschiedenste Öle kommen zum Einsatz. Je nach Zweck werden weitere Zutaten wie Vitamin E, Ziegenmilch, Sahne, Honig, Tonerde, Kakao oder auch Früchte beigemengt. Besucher können schnuppern, fühlen und ausprobieren – oder auch gleich an einem der Seifen-Workshops teilnehmen, die von Sylvia Söhnge angeboten werden.
Seifenkunst Sylvia Söhnge, Im langen Feld 46, 57258 Freudenbergwww.seifenkunst-soehnge.de
Senfmüller
Scharfe Sachen gut gewürztWenn sie mal richtig lecker essen wollten, gaben die Chinesen schon vor 3000 Jahren ihren Senf dazu. Dabei dient die gelbe Paste seit jeher nicht nur der Verfeinerung von Speisen, sie soll sie auch bekömmlicher machen. Starke Heilkräfte werden zerstoßenen Senfkörnern zugeschrieben, die Römer setzten sie sogar gegen Läuse und Haarausfall ein. Heute wird Senf den Feinschmeckern in verschiedensten Geschmacksrichtungen serviert. Ob mit Estragon, Chili, Knoblauch, Ingwer oder Bier: Allein 21 Sorten bietet die Historische Senfmühle in Monschau ihren Kunden an. In der mehr als 100 Jahre alten Mühle, die auch besichtigt werden kann, wird das Gewürz bereits in fünfter Generation hergestellt. Jüngeren Besuchern erklärt Senfmaus Emil bei Führungen Geschichten über Mühle und Senf. Und im Laden kann man auch Kostproben nehmen.
Senfmühle Monschau, Laufenstraße 124, 52156 Monschauwww.senfmuehle.de
Keramiker
Schönes aus Ton gebrannt Zum „Rheinischen Töpferzentrum“ entwickelte sich einst das kleine Adendorf. Schon 4000 Jahre vor Christus verarbeiteten die Bandkeramiker hier Ton aus der Region. Heute gibt es noch vier alteingesessene Familienbetriebe, die in Handarbeit Keramikwaren anfertigen. Auch bei der 1854 gegründeten Töpferei Günther wurden Kenntnisse und Fertigkeiten von Generation zu Generation weitergegeben. Die Keramikprodukte werden in der Werkstatt traditionell – je nach Art – auf der Töpferscheibe von Hand gedreht oder mittels Formen gegossen. Gebrannt werden sie dann im modernen Gas- oder Elektroofen.Die Handwerker töpfern auch nach individuellen Wünschen und Entwürfen – und lassen sich dabei gerne über die Schulter schauen. Einen Besuch wert ist auch die Anfang des 14. Jahrhunderts erbaute Burg Adendorf.
Töpferei Paul Günther, Töpferstr. 25, 53343 Wachtbergwww.toepferei-guenther.de