Messe „Boot“Die Yacht mit zwei Fingern einparken

So viel Elektronik benötigen nur die ganz großen Schiffe: das Cockpit des Messestars Princess 98.
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Unaufhaltsam schiebt sich die tonnenschwere Luxusyacht in Richtung Kaimauer. Alle Versuche, mit hektischem Gegenschub die Kollision zu verhindern, kommen zu spät – am Bug und an der Steuerbord-Seite kracht es kräftig. „Jetzt wäre es schon teuer geworden“, sagt Klaus Barnitzky, Hydraulik-Experte von Bosch Rexroth. „Zum Glück ist es nur eine Simulation.“
Die „Boot“ ist die größte Wassersportmesse der Welt. In 17 Hallen zeigen 1650 Aussteller vom Angelhaken bis zur Luxusyacht alles, was man zum Wassersport brauchen kann.
Fast 1700 Boote sind zu sehen. Noch bis Sonntag, 26. Januar, ist die Messe täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Tageskarten kosten 19 Euro, für Schüler und Studenten 11 Euro. Beim Familienticket zahlen Erwachsene 14 Euro und Kinder von 7 bis 14 Jahren 6 Euro.
Günstigere E-Tickets gibt es unter: www.boot.de
Alle Karten gelten als Fahrschein im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. (jöw)
Der deutsche Hersteller zeigt wie viele Konkurrenten auf der „Boot“ am Computer-Simulator, wie sich solch kostspielige Kollisionen vermeiden lassen. Mit ihren neuen technischen Hilfsmitteln, versprechen die Anbieter, wird das Anlegen von Yachten bei allen Wind- und Wellenbedingungen ein Kinderspiel. Bei Letzteren hat man sich denn auch die Lösungen abgeschaut: Mit einem Joystick und der entsprechenden Steuerung der Bordmotoren lassen sich auch tonnenschwere Schiffe kinderleicht einparken. Zumindest in der Simulation ist der Unterschied zwischen dem Manövrieren mit den üblichen Schubhebeln und dem kleinen Steuerstift frappierend – auch enge Liegeplätze werden per Joystick unfallfrei erreicht, während der Anfänger mit der klassischen Steuerung schon mal ein virtuelles Loch in die Luxusyacht rammt.
Preise schnell im fünfstelligen Bereich
Marex OS 3D heißt die Anlage, die Bosch Rexrodt auf der Boot präsentiert. Die Wasserspezialisten der Firma haben sich bei der Steuerungselektronik kräftig bei den Bosch-Kollegen aus dem Autobau bedient. Das Ganze gibt es auch in Kombination mit einer Ferndiagnostik für das Schiff auf einem Touchpad inklusive integrierter Fehlerauslese. „An der Stelle sind wir den Autokollegen voraus“, sagt Barnitzky. „Dort müssen Sie zum Fehlerauslesen immer noch in die Werkstatt.“ Ganz billig sind die Einparkhilfen nicht: Im mittleren vierstelligen Bereich liegen alle Anbieter, je nach Komponenten wird es auch schnell fünfstellig.
Es sind immer mehr Technologiefirmen wie Bosch, die bei der Komfortausstattung für Schiffe mitmischen. „Der Trend geht in Richtung der Systemanbieter“, sagt Stefan Grzeschik, der mit der Firma Marx den japanischen Motorenbauer Yanmar vertritt. Doch viele Motorenspezialisten wollen das Geschäft auch gerne selber machen, denn die Nachfrage wächst. „Vor allem die älteren Herrschaften sind sehr interessiert“, sagt Grzeschik. Sei es aus Sorge um das teure Gefährt oder aus Mangel an Erfahrung. „Eine komplette Anlage haben wir gerade nach Griechenland an einen Russen geliefert“, erzählt Grzeschik. „Der hatte nie zuvor ein Schiff bewegt und brauchte so etwas unbedingt.“
Ob der US-Motorenbauer Cummins oder Volvo Penta als einer der großen europäischen Antriebsspezialisten – sie alle setzen auf Joysticks zur besseren Handhabung der PS-starken Yachten. Kombiniert werden die Steuergeräte auf Wunsch mit Kamerasystemen, die den Rundum-Blick auf das Schiff erlauben. Auch wenn vieles davon auf modernen Touchscreens zusammenläuft – eine Art Fernbedienung fürs Boot via iPad soll daraus nicht entstehen, sagt Volvo Penta-Experte Philipp Rossée. „Das ist kein Spielzeug, da hängen immense Werte dran.“ Zudem seien die Haftungsfragen heikel, wenn eine Fernbedienung mal den Dienst versage.
Volvo Penta hält wie Cummins und Yanmar seine Systeme denn auch weitgehend geschlossen. Die Steuerung gibt es nur zur jeweils eigenen Motorpalette. Bosch Rexroth dagegen will so gut wie alle Motorenbauer mit seiner Technik ergänzen. Das System soll auch für Segelyachten weiterentwickelt werden. Bei diesen ist seit einigen Jahren schon die norwegische Firma Sleipner sehr präsent. „Rund die Hälfte unserer Systeme verkaufen wir an Segler“, sagt Klaus Brockhausen, der die Firma in Norddeutschland vertritt. Gerade im Rheinland werde die Nachfrage aber auch stark von Motorboot-Eignern getrieben, die auf starken Seitenwind und Strömungen vorbereitet sein wollten. Sleipner hat sich als Spezialist für Seitenstrahl-Elektromotoren einen Namen gemacht, der Marktanteil liegt nach eigenen Angaben bei 60 Prozent.
Keine Angst vor dem Spieltrieb
Die Antriebe und Steuerungen gibt es zum Nachrüsten, allerdings auch erst ab rund 8000 bis 9000 Euro aufwärts. Im Verhältnis zu neuen Booten eine Investition, die sich rechnet, findet Brockhausen. Im Gegensatz zu den Motoryacht-Spezialisten liefert Sleipner auch Fernbedienungen. Gegen die Angst vor dem Spieltrieb der Kunden („da würden dann einige von der Hafenbar aus ihr Boot vorführen“, sorgt man sich zum Beispiel bei Bosch Rexroth) setzt Brockhausen auf das Plus an Komfort. „Da kann der ältere Skipper anlegen, von Bord gehen und per Fernbedienung seiner nicht mehr so trittsicheren Gemahlin das Boot festhalten – das ist doch ein Gewinn.“