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NaturDarth Vader blüht auf

Lesezeit 3 Minuten

Wie eine fliegende Ente: die Orchidee Caleana major

Herr Lobin, im Internet kursiert eine Reihe Fotos von Pflanzen, die aussehen wie Hummeln, Männchen oder Darth Vader aus Star Wars. Das scheint auf den ersten Blick nur im Auge des Betrachters zu liegen. Aber verfolgen manche der Pflanzen damit auch einen Zweck?

Wolfram Lobin: Bei den meisten dieser Beispiele ist es die menschliche Fantasie, die bei den Blüten an etwas anderes denken lässt. Aber es gibt auch die Fliegenragwurz, Ophrys insectifera, deren Blüte einen Hautflügler imitiert. Das wirkt aus unserer Sicht vielleicht nicht ganz so perfekt, aber die Pflanze hat Erfolg damit.

Dr. Wolfram Lobin ist Biologe und Kustos der Botanischen Gärten Bonn.

Welche Strategie steckt dahinter?

Lobin: Sie will bestäubt werden. Die Blüte imitiert ein Weibchen einer bestimmten Fliegenpopulation – optisch, aber sie verströmt auch Pheromone, die Männchen anlocken. Damit nutzt die Orchidee die Zeit, bis die Weibchen schlüpfen. Die Männchen sind zuerst da, warten auf die Weibchen. Sie fliegen auf die Blüten und bestäuben sie dadurch. Wenn die Weibchen kommen, wird die Pflanze uninteressant. Aber das reicht der Orchidee schon, sie hat ihr Ziel erreicht. Täuschblumen nennt man solche Pflanzen.

Spannend – kennen Sie noch andere Beispiele?

Lobin: Ein Osterluzeigewächs aus Südamerika, Aristolochia arborea, imitiert kleine Hutpilze. Darauf fliegen Pilzmücken, die ihre Eier sonst in einen sehr ähnlich aussehenden Pilz legen, von dem sich die schlüpfenden Larven ernähren. Hinter der Pilz-Attrappe der Osterluzei liegt eine Kesselfalle, in der wiederum Blüten sitzen, die die Mücken bestäuben. Doch wenn sie hier ihre Eier ablegen, gehen die Larven zugrunde, sie finden nicht die passende Nahrung.

Pflanzen fangen Tiere?

Lobin: Ja, auch der Aronstab zum Beispiel lockt kleine Fliegen über Geruch und Wärme in eine Kesselfalle. Darin sind männliche und weibliche Blüten. Die Insekten kommen mit Pollen beladen herein und bestäuben beim Herumschwirren die Pflanze. Sperrhaare halten die Falle verschlossen. Nach der Bestäubung erschlaffen diese und die Fliege kann nach draußen – nicht, ohne den Pollen der männlichen Blüten mitzunehmen, die nach der Bestäubung der weiblichen aktiv geworden sind.

Aus dem Tierreich kennt man Mimikry – Tiere, die andere imitieren. Gibt es das unter Pflanzen auch?

Lobin: Manche Blüten passen sich anderen an. Das Schwalbenwurz-Gewächs (Asclepias curassavica), das Wandelröschen (Lantana camara) und die Orchidee Epidendrum fulgens stehen zusammen und bilden einen Bestäuberkreis. Die Orchidee ist viel seltener, ihre Blüten gleichen aber denen der anderen beiden Pflanzen und sie wird nebenbei mitbestäubt. Dabei bietet sie den Bestäubern keinen Nektar als Entlohnung an.

Was ist mit Pflanzen, die aussehen wie lebende Steine? Welche Strategie verfolgen die?

Lobin: Wenn sie Aussehen wie Steine werden sie in ihrer Heimat von Fraßfeinden, zum Beispiel Straußen, gemieden.

Welche dieser Pflanzen kann man in unseren Breiten sehen, zum Beispiel in Botanischen Gärten wie bei Ihnen in Bonn?

Lobin: Wir haben zum Beispiel die „Darth Vader“-Pflanze (Aristolochia salvadorensis) und Impatiens psittacina, dessen Blüten aussehen wie kleine Papageien. In der Natur treffen Sie aber zum Beispiel auch den Tintenfischpilz (Clathrus archeri) an. Er kommt ursprünglich aus Australien oder Neuseeland, wurde bei uns eingeschleppt und breitet sich seit Jahren aus – ich habe ihn im Kottenforst gesehen.

Das Gespräch führte Ina Sperl

Eine Bildergalerie mit Pflanzenfotos kursiert derzeit im Internet unter http://t1p.de/a28g