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Seit 1969 in KölnWie es Carsten Henn im „Ristorante Luciano“ geschmeckt hat

Lesezeit 3 Minuten
Seit 1969 gibt es das Ristorante Luciano in der Marzellenstraße.

Seit 1969 gibt es das Ristorante Luciano in der Marzellenstraße.

Seit Ende der 60er Jahre wird in der Marzellenstraße italienisch gekocht. Carsten Henn verrät, welche Klassiker man dort probieren sollte.

Sollte das „Luciano“ irgendwann geschlossen werden, ist ein Anruf im Freilichtmuseum Kommern Pflicht. Denn in dem 1969 eröffneten Restaurant scheint die Zeit stillzustehen. Auch die Kellner – allesamt männlich und mit Krawatte – wirken, als hätten sie schon genau so vor 50 Jahren ihren Job erledigen können. Vor Kurzem riet mir ein Freund dem Etablissement mal wieder einen Besuch abzustatten. „Die Klassiker bestellen, bloß nicht das Lamm!“, riet er, woran ich mich vorsichtshalber hielt, weswegen ich keine Aussage zum Lamm machen kann.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Der Service ist freundlich, aber in italienischen Restaurants habe ich das schon herzlicher erlebt. Der Gruß aus der Küche – ein wenig eingelegtes Gemüse in einem winzigen Schälchen – wird mit „Jemös“ augenzwinkernd annonciert.

Überschaubare Weinauswahl, aber es ist Schönes dabei

Man sitzt in einem Speisesaal, der diesen Namen verdient. Samt großem Tresen, zwei Deckenventilatoren, leiser italienischer Musik und gestärkten Tischdecken. Die Weinkarte muss man erfragen, sie enthält nur italienische Kreszenzen, sechs Weine gibt es offen, die Auswahl an Flaschenweinen ist überschaubar, aber es ist Schönes dabei. Leider sind die verwendeten Gläser nicht für große Weine geeignet.

Die Speisekarte ist eine große Schiefertafel, zwanzig Gerichte sind in Italienisch aufgelistet, der Service übersetzt flugs. Tagliolini al Tartufo sind eigentlich eine sichere Bank für eine Küche, hier fehlt es jedoch an Salz (das sich aber auf dem Tisch findet). Die Pasta ist am weichen Ende von al dente, aber alles im Rahmen. Hinter „Capesante gratinate“ verbergen sich drei Jakobsmuscheln von okayer Qualität, auf Blattspinat angerichtet, die sich allerdings nicht gegen den gratinierten Käse durchsetzen können.

Mit „Saltimbocca alla Romana“ kommt dann ein großer Klassiker auf den Tisch und die Küche reüssiert. Das Kalbfleisch ist wunderbar dünn, der Schinken würzig, der Salbei setzt frische Akzente. Als Beilage habe ich einen Salat und Kartoffeln gewählt – beides ganz schlicht zubereitet. „Merluzzo con senape“ ist Kabeljau mit einer Senfsauce. Waren die anderen Gänge schmucklos angerichtet, versucht man dem Ganzen hier optisch etwas Schwung zu verleihen, indem man das Gemüse auf den Fisch drapiert – was es nicht besser macht. Der Kabeljau ist solide gegart, aber die Senfsauce so eindimensional, dass dem Gericht die Puste ausgeht.

„Merluzzo con senape“ ist Kabeljau mit einer Senfsauce

Gemüse auf dem Fisch verleiht dem Gang auch optisch keinen Schwung.

Souveränität bei Traditionellem

Die Dessert-Auswahl wird mündlich vorgetragen: Tartufo, Cassata, Tiramisu, Zabaione. „Gibt es eine Spezialität?“, frage ich. „Zabaione!“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Zu Recht, die Zabaione ist schaumig-cremig, mit viel Marsala zubereitet (allerdings ist die Kugel Vanilleeis belanglos). Auch das bei den Kakao- und Kaffeenoten gekonnt ausbalancierte Tiramisu zeigt die Souveränität bei Traditionellem.

Geschmäckle bei der Rechnung

Bei der Rechnung dann eine unangenehme Überraschung. Zwei Antipasti tauchen auf, die nicht bestellt worden waren. Der Kellner ist auch erstaunt und fragt nach. Es seien die Beilagen, erklärt er dann. Sie schlagen mit stolzen 12 Euro pro Person zu Buche. Ein happiger Preis, vor allem, da die Mehrkosten bei Bestellaufnahme nicht genannt wurden (und die Speisen hier ohnehin selbstbewusst kalkuliert sind). Dieses Geschmäckle kann auch mit dem Grappa aufs Haus nicht heruntergespült werden.

Fazit: Tolles Interieur aus alten Zeiten. Klassische italienische Küche - vieles gelingt, manches nicht. Gehobenes Preisniveau. | Bewertung: 3 von 6 Punkten

Ristorante Luciano, Marzellenstraße 68-70, 50668 Köln, Tel. 0221-135453 | Mo 18.30-22.30, Di-Sa 12-15 (Küche bis 14.30) & 18.30-22.30 Uhr | ristorante-luciano.de

Henns Auswahl:

Tagliolini al Tartufo

Den „Tagliolini al Tartufo“ fehlt es an Salz (das sich aber auf dem Tisch findet) und die Pasta ist am weichen Ende von al dente, aber alles im Rahmen.

  1. Capesante gratinate 24 €
  2. Tagliolini al Tartufo 28 €
  3. Saltimbocca alla Romana 32 €
  4. Merluzzo con senape 36 €
  5. Zabaione 10 €
  6. Tiramisu 10 €