AboAbonnieren

Italiener in Neuehrenfeld„Ein Schock für unsere Gäste!“ – Warum das „Pane e Cioccolata“ schließen musste

Lesezeit 3 Minuten
Frau im Lokal zwischen hochgestellten Stühlen

Anna Falasca in ihrem „Pane e Cioccolata“

Nach 27 Jahren im Restaurant „Pane e Cioccolata“ mit den „liebsten Gästen von Köln“ ist es für Anna Falasca ein schwerer Abschied.

Es liegt in der Natur der Sache, dass das Neue meist mehr Interesse und Beachtung erhält, als das Vergangene, obwohl Letzteres oft wesentlich mehr berührt. Genau das kann man nun auch bei einer Lokalschließung in Neuehrenfeld spüren, beim „Pane e Cioccolata“. Nachdem die Dinge getan sind, die getan werden mussten, kann man die inzwischen eingetretene Leere fast physisch spüren. Draußen an der Terrasse läuft ein Mann vorbei und ruft: „Unser Herz weint!“ Derweil sitzt Anna Falasca zwischen all den hochgestellten Stühlen und kann sich noch immer nicht richtig vorstellen, dass nie mehr essende, erzählende und scherzende Gäste an den Tischen sitzen werden.

Die Redensart von dem lachenden und dem weinenden Auge trifft auf die 67-Jährige nicht wirklich zu. Sie muss nur auf die vielen, vielen Kommentare in den sozialen Netzwerken schauen, und schon kullern wieder die Tränen. Nach mehr als einem Vierteljahrhundert schließt sich endgültig eine Tür, hinter der ein Großteil ihres Lebens lag. Anna Falasca hätte gerne weitergemacht, wenn da nicht die dauernden Schmerzen im Kniegelenk gewesen wären. Und außerdem die Folgen von Corona. „Ich hatte ja mit dem Gedanken gespielt zu übernehmen“, sagt Tochter Bruna. „Aber wir haben trotz all unserer Bemühungen niemanden mehr für die Küche gefunden.“

Das „Pane e Cioccolata“ war anfangs eine Eisdiele

Küche war in den Anfängen von „Pane e Cioccolata“ übrigens gar kein Thema, berichtet Anna Falasca, die im Alter von zwei Jahren mit ihren Eltern Angelo und Rosario aus Apulien nach Köln gekommen war. Ihre Mutter habe später zusammen mit deren Bruder an der Körnerstraße ein Delikatessengeschäft betrieben. Sie seien damals die einzigen gewesen, die hierzulande eine Lizenz zum Verkauf von Barilla-Nudeln hatten.

1977 heiratete Anna ihren Giancarlo, der eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Robert de Niro besaß – einschließlich des charakteristischen Fleckes auf der Wange. Giancarlo arbeitete in der „Trattoria Toscana“ und Anna hatte zwischenzeitlich eine Anstellung bei Printen Schmitz, als dem Onkel in Ehrenfeld auffiel, dass dort an der Jessestraße ein Ladenlokal zu vermieten war. „Eine Eisdiele wäre hier schön“, dachte Anna, und schon wurden Nägel mit Köpfen gemacht. 1996 eröffnete das „Panna e cioccolata“ (Sahne und Schokolade).

Im kleinen Topf wurde Spaghetti gekocht

Und so ganz allmählich kamen andere Dinge hinzu: „Kleinigkeiten wie Bruschetta. Parmaschinken mit Melone. Tomaten Mozzarella.“ Die 67-Jährige erinnert sich, als wäre es gestern gewesen, wie sie „im kleinen Topf zum ersten Mal Spaghetti“ kochte. Und wenig später auch Penne. Dann kam die erste Pizza auf den Tisch.

Am frühen Abend wurden die mit Erdbeereis vollgekleckerten Terrassenstühle abgewischt und die Tische mit Weingläsern eingedeckt. Schließlich wurde das Lokal umbenannt in „Pane e Cioccolata“ (Brot und Schokolade), wie die gleichnamige italienische Filmkomödie mit Nino Manfredi. Giancarlo Falasca gelang es sogar, das Original-Kinoplakat aus Rom herbeizuschaffen, was dann über viele Jahre die Wanddekoration im Restaurant prägte.

„Ich hatte die liebsten Gäste von Köln“, schwärmt Anna und winkt erneut nach draußen, wo eine Frau mit Kindern vorbeiläuft und eine Geste mit den Händen macht, als wolle sie sich Tränen aus den Augen wischen. „Für unsere Gäste ist es ein Schock! Eine Ära geht vorbei.“ Wer oder was danach kommen wird, weiß noch niemand.