Julia Floß
Julia Floß ist ausgebildete Köchin und Patissière und hat viele Jahre in verschiedenen von Gault-Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Küchen gearbeitet, bevor sie Journalismus und Medienkommunika...
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Wer jetzt noch auf der Suche nach den letzten Weihnachtsgeschenken in der Stadt unterwegs ist, sollte sich zwischendurch auch mal eine Pause gönnen – und sich mit einer heißen Tasse Kaffee oder einem warmen Mittagsessen aufwärmen.
Wir haben ein paar Tipps für Sie rausgesucht, bei denen Sie während der Shopping-Tour gut auftanken können, um nicht völlig schachmatt und schlecht gelaunt durch die Kaufhäuser zu stürmen.
Denn in der Innenstadt kann man sich vom Shoppen und Bummeln wunderbar in einem der zahlreichen Cafés oder Restaurants erholen. Julia Floß hat einige Lokale in der Innenstadt für uns besucht.
Lieblingsorte in der Kölner Innenstadt für eine Stärkung beim Shopping-Bummel:
Allein das Wort Filterkaffee sorgt bei mir für nervöses Augen- und Magenzucken. In meiner Familie wird Kaffee nicht bloß als morgendliche Beschleunigungsmaßnahme konsumiert, nein, er wird immer getrunken. Zu jeder Tages- und Nachtzeit steht eine große Thermoskanne bereit. Egal ob als Durstlöscher oder als komplementierendes Getränk zum Wurstbrötchen – Kaffee ist das Getränk der Stunde.
Der Geruch dieses lauwarmen Gebräus, der seit Stunden in der gummierten Kanne vor sich hin vegetiert, ist mein Proust'sches Madeleine. In diesen deutschen Beamten-Kaffee verirrt sich auch niemals ein Schlückchen Milch oder gar ein Würfel Zucker. Kaffee ist nur gut, wenn der Löffel quasi stehen bleibt: schwarz, bitter und vor allem sauer. Auf die Frage, ob ihre Mägen möglicherweise teflonbeschichtet seien, geben meine Eltern die immer gleiche Antwort: ein gutmütiges Lächeln und dieser „Komm du erstmal in unser Alter, Fräulein“-Blick.
Filterkaffee ist in der Koffein-Szene aber tatsächlich der neue heiße Scheiß. Coldbrew, slowbrew, Aero-Press – man könnte fast meinen, der Siebträger hätte bald ausgedient. Micki und Sina Assadi sehen das glücklicherweise anders.
Die Inhaber der Coffee Gang lernten sich und die hohe Form der Kaffeekultur im fernen Australien kennen. „Kaffee ist eine Frucht. Es war unglaublich, plötzlich Blaubeer- und Erdbeertöne darin zu schmecken“, schwärmt Sina. Für dieses Geschmackserlebnis dürfen die Bohnen aber nicht überröstet werden, wie es seit Generationen landauf, landab üblich ist.
Die Coffee Gang lässt die Bohnen für ihren home blend (ihre Hausmischung) schonend hell rösten. Die drei Bohnenmischungen für den Filterkaffee wechseln regelmäßig. Jetzt bitte nicht genervt die Augen verdrehen, da wird nicht die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Bei der Coffee Gang wird niemand, der das nicht ausdrücklich möchte, in Vorträge über Röstgrade und Brühverfahren verwickelt.
Man wird an der Theke nicht mit Fragen zu seinem üblichen Kaffee-Trinkverhalten gelöchert und kann problemlos Cappuccino und selbstgebackenen Käsekuchen ordern. Ganz Mutige stellen sich ihrem Kindheitstrauma und probieren kolumbianischen Filterkaffee, ohne Milch und Zucker. Der ist ganz mild, nussig, wenig bitter und einen Hauch schokoladig. Mir fehlte lediglich die Thermoskanne.
The Coffee Gang, Hohenstaufenring 19, 50674 Köln, ☎ 0221/78965641, Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8 bis 18 Uhr, Sa + So 10 bis 18 Uhrweiterer Standort: Neusser Straße 53, 50670 Köln, ☎ 0221/16917623, Öffnungszeiten: Mo bis Fr 8 bis 18 Uhr, Sa + So 10 bis 18 Uhr www.thecoffeegang.de
Einer der schlimmsten Sätze meiner Kindheit war: „Kind, du brauchst eine Übergangsjacke.“ Das darauf folgende familiäre Desaster lief immer nach dem gleichen Schema ab: Samstags in der Fußgängerzone – im Orkus des Familienausflugs. Die Zankerei ging schon am Frühstückstisch los, spätestens im Parkhaus brüllten sich weite Teile meiner Familie an.
Meine Mutter wollte „Etwas ’was die nächsten Jahre hält“ und ich H&M. Meine große (damals pubertierende) Schwester konnte sich natürlich nicht in der Öffentlichkeit mit ihrer voll peinlichen Familie sehen lassen, schmollte fortan und fand alles total zum Kotzen. Mein Vater ergab sich seinem Schicksal und trottete, kurz vor der Selbstaufgabe, dem Zeter und Mordio schreienden Haufen hinterher.
Wie meine Mutter diesen ganzen Affenzirkus durchstand, ist mir bis heute ein Rätsel. Zwischendurch gab’s Pizzazunge auf die Hand und das Highlight des Tages war der Cheeseburger im goldenen M. Wir reden hier über die frühen Neunziger, da war Fast Food noch etwas Besonderes. Auf der Rückfahrt waren alle zu erschöpft um weiter zu zanken – Familie eben.
Das Café Lichtenberg ist ein Ort, der Familien mit ähnlichen Erfahrungen helfen könnte – Essen verbindet ja schließlich. Es bezieht seine Produkte unter anderem vom Gut Fussberg in Ruppichteroth, vom Bio-Hof der Familie Kaltenbach in Much und einem gemeinsamen Gemüsebauprojekt mit der Alexianer Klostergärtnerei. Die Menükarte ist ausführlich und man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Bis 12 Uhr gibt es köstliche und vor allem sättigende Frühstücksvariationen, jeden ersten Sonntag im Montag steht von 10 bis 14:30 Uhr ein opulenter Brunch an.
Täglich wechselt das Mittagsangebot. Der Kuchen ist hausgemacht und die Abendkarte tänzelt zwischen mediterran und asiatisch. Mein Favorit, das Club Sandwich, beruhigt die Gemüter. Während die Eltern endlich tief durchatmen und sich mit Cappuccino (oder Rieslingsekt der Hausmarke Hahnmühle) auf die nächste Runde vorbereiten können, bekommen die pubertierenden Nervensägen glutenfreien Kuchen (einer steht immer zur Auswahl), vegane Burger und können Selfies neben den ausgefallenen Kronleuchtern machen. (#vollarty)
Ach Mutter, wir hätten uns so viel ersparen können. Und ja, du hattest natürlich Recht mit „Qualität vor Quantität“. Es tut mir leid. (#sorry)
Café Lichtenberg, Richmodstraße 13, 50667 Köln, 0221/57002358, Öffnungszeiten: Mo - Sa : 10 - 23 Uhr, Frühstück 10-12 Uhr; Warme Küche von 12-22 Uhr, Sonntags & Feiertags geschlossen, erste Sonntag im Monat Brunch www.cafelichtenberg.de
Bad Ape, das sind Eileen Lehr und Moritz Ochsenbauer. Die zwei kreativen Gastronomen setzen auf Innovation und Selbermachen. Vom Firmenlogo über das Interieur bis hin zum eigens entwickelten Brot, alles trägt ihre ganz persönliche Handschrift. Kleine Cafés mit Stullen, Tagessuppe und Salatvitrine sprießen wie Pilze aus dem Boden.
Ich schätze diese Entwicklung zwar sehr, wurde aber auch schon häufig enttäuscht, weil die Betreiber dann doch keinen blassen Schimmer von Gastronomie haben. Dann schmeckt der Couscous Montags köstlich und Mittwochs ist er fad, der Service ist restlos überfordert und es wurde offensichtlich mehr Energie in die Planung der Inneneinrichtung investiert als in die Speisekarte.
Bad Ape setzt sich vor allem durch Professionalität und die entsprechend hohe Produktqualität von den zahlreichen Mitbewerbern ab. Moritz und Eileen planen die Karte so, dass die benötigten Lebensmittel optimal verwertet werden und brechen Zubereitungsarten aus der Spitzengastronomie auf ein mainstream-taugliches Level herunter.
Bei den Affen stehen die Sandwiches im Vordergrund. Das Brot hat die perfekte Konsistenz zwischen knusprig und fluffig. Die Ochsenbrust ist zart, die Zwiebel nicht zu süß. Erbse, Kräuter und knackig-scharfer Rettich bringen Frische und Aromenvielfalt. Ähnliches gilt für das Smoked Chicks Apewich.
Das dezent gerauchte Hühnchen passt hervorragend zur Frucht. Der Kohl bringt Biss und Sesam-Aioli, Mandeln und Pinienkerne verbinden alles zu einem komplexen Gericht. Das Special-Sandwich und die Suppe wechseln alle zwei Wochen, die Salate täglich. Bei den umliegenden Büros hat sich das Restaurant natürlich rumgesprochen und ab 12 Uhr flattern die Großbestellungen zur Tür herein.
Hinweis: Das Bad Ape hat am 10.12.2022 an einem neuen Standort in der Lütticher Straße eröffnet. Der Standort in der Alten Wallgasse ist seit Dezember 2021 geschlossen.
Bad Ape, Lütticher Straße 6, 50674 Köln, 0221 97586510Öffnungszeiten: Di-Sa: 10 bis 18 Uhr www.bad-ape.de
Der gemeine Deutsche isst mittags warm: 12 Uhr, große Portion, viel Sauce, gerne frittiert – muss ja schnell gehen. Eine weitere relativ deutsche Eigenheit (die jeden Gastronomen in den Wahnsinn treibt): Der zwanghafte Wunsch nach Auswahl. Auch wenn in 95 Prozent aller Fälle bereits sonntags feststeht, was donnerstags gegessen wird, der deutsche Esser braucht einfach diese fünf bis acht Minuten „Ich weiß nicht, vielleicht probiere ich heute ja mal was anderes. Kann ich das auch mit anderen Beilagen haben?“-Smalltalk im dicksten Mittagsgeschäft.
Grace Manurung betreibt kulinarische Erziehung und sollte allein dafür schon einen Orden vom Hotel- und Gaststättenverband bekommen. In ihrem kleinen Asien-Shop, unweit der Ehrenstraße, gibt es genau ein Mittagsgericht (plus vegetarischer, meistens veganer Variante). Dieses wechselt täglich, wird immer frisch zubereitet und schmeckt jedes Mal köstlich.
Das Gemüse ist knackig, der Reis hat den idealen Garpunkt und die Saucen gehören in die Abteilung „Seelenbalsam“: fruchtig, cremig, leicht scharf und voller Aromen. Die Wochenkarte wird ausschließlich über soziale Medien verkündet. Bis 15 Uhr gibt es indonesische und thailändische Küche. Grace eröffnete ihren Laden als Lebensmittelgeschäft und fing irgendwann an, „so’n bisschen zu kochen“. Die Nachbarschaft weiß längst um die Qualität ihrer Küche und rückt auf den Getränkekisten eng zusammen. Grace, hör’ bitte nie auf, deine Kundschaft kulinarisch zu erziehen. Danke für deine Missionsarbeit.
Zwei Straßen weiter, in der Nähe des Neumarkts, geht’s zwar weniger pädagogisch wertvoll, aber genauso so lecker zu. Im Sweet Sushi herrscht immer Platzmangel, aber aussichtslos ist die Situation nie. Die Karte reicht von klassischen Sushi-Kompositionen bis zu außergewöhnlichen Knusper-Varianten.
Die frischen Zutaten werden in einer Höllengeschwindigkeit vor den Augen der Gäste zu kleinen Kunstwerken gewickelt. Die Auswahl ist unfassbar groß und sprengt eigentlich jede Mittagspause. Ich bleibe also meinem Liebling, dem marinierten Aal treu und bestelle jedes Mal den Matsu-Teller – typisch deutsch eben.
Asien-ShopAlbertusstr. 7, 50667 Köln, 0221 / 2574803, Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 12 bis 15 Uhrwww.asien-shop-koeln.de
Sweet SushiAuf dem Berlich 11 - 50667 Köln - 0221 / 290 269 85, Öffnungszeiten: Mo. bis Sa.: 11.30 bis 22 Uhr, sonntags geschlossenhttps://www.facebook.com/pages/Sweet-Sushi/132764046775873
Mitten im Herzen der Stadt zwischen Neumarkt und Mauritiuskirche werden immer noch die besten Bánh mì der Stadt geschmiert. Kurzer Reminder: Bánh mì ist ein sehr beliebter, vietnamesischer Snack, auch wenn dieses Sandwich eine Folge der Kolonialisierung durch Frankreich ist.
Die Unterdrücker brachten Baguette und Entenleber-Pastete und vietnamesische Köche und Köchinnen bereiteten daraus ihre Version mit Reismehl, gegrilltem Schweinenacken, Essiggemüse und Koriander. In Vietnam gibt es das Bánh mì an jeder zweiten Ecke, vor allem Vormittags und Mittags. Gerne mit Spiegelei und Chilisauce.
Im Café 1980 werden fünf verschiedene Versionen angeboten, eine köstlicher als die andere. Der Klassiker wird mit gegrilltem Schweinenacken serviert, alternativ mit gezupftem Hühnchen. Mein Favorit ist das Bánh mì mit geschmorten Ochsenbäckchen, Schmorzwiebeln, eingelegtem Rettich und Thai-Basilikum. Der letzte Bissen löst immer eine Mischung aus tiefem Glück und Melancholie aus – Instant-Sehnsucht.
Die Version mit Gambas, Avocado und Yuzu-Creme passt eigentlich immer in die Mittagspause. Und last, but not least: das vegane Bánh mì mit in Zitronengras gebratenem Seitan und Tofu, geröstetem Reis und eingelegtem Gemüse. Dieses Sandwich ist so gut, dass selbst der überzeugteste Fleischfresser ungläubig lächelt und überlegt, ob er vielleicht doch noch ein zweites Bánh mì bestellen soll.
Drei wichtige Dinge gibt es noch zu wissen: 1. Es gibt ein wöchentlich wechselndes Tagesgericht. 2. Der vietnamesische Drip-Coffee mit Kondensmilch ist heiß oder kalt serviert, die perfekte Nachspeise und 3. die leicht salzige Calamansi-Limonade ist aktuell mein absolutes Lieblingsgetränk.
1980 – Café und Bánh mì Köln, Bobstraße 28, 50676 KölnÖffnungszeiten: So-Fr 12-22 Uhr, www.cafe-1980.de