Henns Restaurantkritik„Feinfein“ in der Altstadt – Innovative Küche in urigen Räumen
Köln – Spätestens wenn einem bei den Toiletten Barbie und Ken den richtigen Weg weisen, wird jedem klar, dass Nadja Mahérs und Thomas Wippenbecks „Feinfein“ keine der üblichen Altstadt-Gastronomien ist. Die beiden haben aus dem 1235 errichteten Haus am Fischmarkt 1-3 ein echtes Schmuckkästchen gemacht. Alles ist sehr urig eingerichtet, aber mit dem einen oder anderen pfiffigen Dreh.
Auch kulinarisch ist man innovativ – zumindest im Vergleich zum sonstigen Altstadt-Einerlei. Anderswo in Köln ist die Idee, Gerichte in Tapas-Größen anzubieten, seit Jahren angekommen. Rund 20 Speisen finden sich auf der Karte, ein wilder Mix, der jedem etwas bieten will: Asiatisch, mediterran, vegetarisch, vegan, und unter „Heimatgefühle - untypisch Kölsch“ modernisierte Brauhaus-Klassiker.
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Die Preise sind deutlich über Altstadt-Niveau, dafür hat man sich auf die Fahnen geschrieben, besonders nachhaltig und ökologisch produzierte Lebensmittel zu verwenden, alle Weine sind zum Beispiel bio. Preislich am besten fährt man mit dem Menü für zwei Personen, das zehn kleine Portionen bietet, pro Kopf für 44 Euro. Problematisch und wenig gastfreundlich finde ich allerdings, dass man für Brot und Butter extra bezahlen muss.
Der „Äädäppele Cappuccino“ kombiniert Kartoffelsuppe, reichlich Schaum, Shiitake und Grana Padano – und damit ordentlich Umami-Power. Leider kommt er lauwarm auf den Tisch und es mangelt an einer prägnanten Kartoffelnote. Aber die Grundidee hat fraglos etwas. Gleiches gilt für die Flönz-Krokette, die allerdings einen prägnanteren Blutwurstgeschmack verdient hätte.
Kaviar in der Altstadt
Die Soba-Nudeln mit cremigem Onsen-Ei und knackigen, dünnen Radieschenscheiben gelingen dagegen souverän schlotzig. Ebenso überzeugend der Kaviar mit Kartoffel-Soufflé und gebeiztem Eigelb. Kaviar in der Altstadt? Korrekt gelesen. Auch Austern stehen auf der Karte. Der kulinarische Bogen wird hier wirklich weit gespannt.
Das Kabeljaufilet aus nachhaltigem isländischen Langleinenfang wird klassisch von einer Beurre Blanc begleitet, würzigen Kick verleihen Chorizo-Crumble und -Öl. Richtig klasse! Der Hirschrücken aus der Eifel wird innen herrlich rosarot serviert, die Rosenkohlblätter dazu sind allerdings nahezu verbrannt. Auf der Habenseite sind Pfeffer- und Kirschnoten bei dem Gang sehr gut ausbalanciert.
Wie viele Gerichte tragen auch die Desserts augenzwinkernde Namen. Wenn eine in der Säure zu zahme Kombi von Cassis-Mousse, Joghurt und Limette aber „When Harry Met Sally“ heißt, sollte zumindest ein Element auf einem Extrateller serviert werden, wie es die weibliche Hauptfigur des Films so liebt. Insgesamt aber: Deutlich mehr Licht als Schatten. Weitere Besonderheit: die umfangreiche Cocktail- und Alkoholika-Karte.
Fazit: Ein Gewinn für die Altstadt: tolle Räume, ungewöhnliche Speisen, große GetränkeauswahlBewertung: Vier von sechs Sternen
Das haben wir probiert:
- Geteilte Freude
- Äädäppele Cappucino
- Himmel un Ääd
- Soba Totoro San
- Kabeljaufilet
- Harry Hirsch
- When Harry Met Sally
Feinfein, Fischmarkt 1-3, 50667 Köln, Tel.: 0221/ 57008020,Di-So 17-24 Uhrfeinfeinsein.de