Köln – Es gibt was Neues im Agnesviertel: das „Kleine Gericht“ in der Blumenthalstraße. Gegenüber vom ehemaligen Standort des „Laden Ein“ eröffneten Simon Stahl und Pitt Lüddecke ihr frisch renoviertes Ladenlokal. Um die Ecke vom Oberlandesgericht, zwischen all diesen Gründerzeit-Prachtbauten rechnete ich irgendwie mit starken Fine-Dining-Tendenzen. Vor meinem inneren Auge wurden dekonstruierte Kimchi-Burger auf gestärkten Tischdecken gereicht, dazu wahlweise Sparkling Sake von einem Bio-Erzeuger aus der Uckermark oder isländische IPAs. Stellt sich raus: stimmt alles überhaupt nicht.
Das Kleine Gericht besticht stattdessen mit ganz viel Eckkneipen-Charme. Die rustikalen Elemente wurden abgestaubt und frisch gestrichen. Der kleine Biergarten ist bereits jetzt ein sehr beliebtes Plätzchen.
Kleine Gerichte, aber keine Tapas
Der Name des Restaurants ist nicht nur ortsbezogen, sondern auch ein Hinweis auf das Konzept. Stahl und Lüddecke wehren sich gegen das Wort Tapas, aber dafür sind die Portionen eh zu groß. Auf den ersten Blick sieht die Karte ein bisschen nach internationaler Brauhaus-Küche aus: Schweinerippchen mit Honig-Whiskey-Marinade, frittiertes Huhn, Brathering, Kimchi-Cheeseburger, Käsekroketten mit fermentierter Chili-Mayo – alles sehr gute Trinkbegleiter. Dazwischen findet sich gegrillter Fenchel, Gurkensüppchen und Lachstatar. Küchenchef Jascha Bach kombiniert wild, aber mit hohem Wiedererkennungswert.
Den Anfang macht der Portobello mit Süßkartoffel-Miso-Stampf und Tomatensalsa. Der Pilz ist lecker mariniert und gut gebraten, der Teller in sich stimmig. Der Kartoffelsalat kommt ungewöhnlich klassisch daher mit Gurken und grobem Senf, eine absolut sichere Bank. Dafür hätte ich mit den Tomaten-Brotsalat klassischer gewünscht. Das Tomatendressing ist sehr dominant und degradiert dieses Schüsselchen ein bisschen zum Beilagensalat. Dafür ist das Käsesandwich nahezu spektakulär: goldbraun geröstet, super knusprig, viel laufender Käse, fruchtiges Tomatenkompott, leichte Schärfe – das perfekte Grilled-Cheese-Sandwich.
Kulinarische Motto-Party jeden zweiten Samstag
Der Kimchi-Cheeseburger steht dem in nichts nach. Vom goldenen Bun bis zur saftigen Füllung ist das eine sehr runde Sache. Den Brathering mochte ich ebenfalls sehr: süß-sauer im Geschmack, tolle Konsistenz – ich hätte mir allerdings eine andere Beilage als Süßkartoffelstampf gewünscht. Bonuspunkte gibt’s für den Kuchen im Dessert. Diese Schokoladen-Eskalation stammt vom Café Goodchild und kann dementsprechend nur fabelhaft sein.
Perspektivisch plant das Kleine Gericht auch am Wochenende zu öffnen, aber lassen wir sie doch erstmal ankommen. An jedem zweiten Samstag im Monat gibt’s immerhin schon eine Art kulinarische Motto-Party.
Fazit: Eckkneipen-Charme, bestes Grilled-Cheese-Sandwich, schöne GetränkekarteBewertung: Fünf von sechs Spitzen
Probiertes
Gegrillter Portobello // 9,90 Euro
Kartoffelsalat mit Gurke und Essig-Öl-Vinaigrette // 5,90 Euro
Tomaten-Brotsalat// 5,90 Euro
Gegrilltes Käsesandwich mit Cheddar, Bergkäse, Tomatenkompott und Chimichurri // 8,90 Euro