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Road Movies für Jugendliche5 Filme für das ultimative Freiheitsgefühl

Lesezeit 5 Minuten
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Tristan Göbel (l.) als Maik und Anand Batbileg als Tschick

Im Moment gibt es vor allem nur eins: Stillstand. Draußen sein findet nicht statt, Freunde treffen geht nicht, sich frei bewegen, sich orientieren, sich ausprobieren, neue Kontakte knüpfen, all das ist immer noch auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Was vor allem für junge Menschen ein Problem ist. Bewegungsdrang gehört nun mal dazu, gerade für Jugendliche.

Wie sonst soll man etwas über „die Welt“ herausbekommen? Und damit über sich selbst? Auch Filme im Kino finden nicht statt, ohnehin gab es auch in normalen Zeiten nicht allzu viele Filme für junge Menschen, in denen sie sich wiederfinden. Aber es gab sie, und es gibt sie, Geschichten über das Unterwegssein: Road Movies.

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Das Genre kennt man vor allem aus den USA, aus Filmen wie „Easy Rider“ oder „Bonnie und Clyde“, aber auch aus noch älteren Filmen wie „Früchte des Zorns“ aus dem Jahr 1940. Immer geht es darin um Menschen, die einfach losfahren, wobei ihr Fahrzeug zugleich ihre Träume von Auf- und Ausbruch, von Freiheit und Unabhängigkeit transportiert. Vieles wird dafür zurückgelassen, erwartungsvoll blickt man dem Zukünftigen entgegen.

So machen sich in Filmen immer wieder auch junge Menschen auf den Weg. Ihre Lust auf Abenteuer und ihre Sehnsucht nach Freiheit wird zum aufregenden Beginn des Erwachsenwerdens. Hier sind fünf Beispiele für junge Road Movies.

1.) Tschick

Maik steht auf Tatjana, das schönste Mädchen in der Klasse, Tatjana steht auf Beyoncé. Also zeichnet Maik ihr zum Geburtstag ein Beyoncé-Bild, aber zur Party wird er gar nicht erst eingeladen. Jetzt liegt das Bild auf dem Armaturenbrett in Tschicks hässlichem, himmelblauem Lada, der von innen noch kaputter aussieht als von außen.

„Ist nur geliehen, nicht geklaut“, sagt Tschick und grinst sein breitestes Russengrinsen. Wolfgang Herrndorfs Kult-Roman um zwei jugendliche Außenseiter inszeniert Fatih Akin als wehmütig-skurrile Lada-Fahrt ins große Ungewisse, als impulsiven Widerstand gegen Regeln und Vorschriften, seelisch verkümmerte Erwachsene und fehlende Perspektiven.

Es ist der vielsagende Entwurf einer möglichen Gegenwelt: Gespräche, Träume, Schlafen unter freiem Himmel am Fuße eines Windrads. Tschick und Maik werden zwar nie in der „Walachei“ ankommen, aber egal: „Landkarten sind für Muschis“, sagt Tschick.

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2.) Roads

Freundschaft in Zeiten des politischen Wahnsinns: Der englische Ausreißer Gyllen und der gleichaltrige William aus dem Kongo treffen sich in Tanger und fahren im Wohnmobil von Gyllens Stiefvater nach Frankreich. Eigentlich stehen die Zeiten nicht gut für eine Freundschaft.

Was sich in unbekümmerter Sturm- und Drang-Abenteuerlichkeit über Landesgrenzen hinweg entwickeln könnte, verknüpft sich untrennbar mit einer weit größeren Fluchtbewegung, mit Fremdenhass und nationalem Abschottungsaktionismus.

Doch Gyllen und William nehmen mit dem Lenkrad auch ihr Schicksal in die Hand. Sie schlagen sich durch Sicherheits- und Grenzkontrollen, setzen sich gegen einen durchgeknallten Spät-Hippie durch, treffen Gyllens leiblichen Vater und begegnen, immer intensiver, Flüchtenden.

Ihre Aufbruchsträume kollidieren mit dem Leben, was für Schipper immer aber auch ein notwendiger Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden ist. Die Kunst dabei sei, dass man es schaffe zu überleben, ohne mit dem Träumen aufzuhören.

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3.) American Honey

Satte 162 Minuten dauert Andrea Arnolds umwerfende Neuschreibung von „Easy Rider“, doch keine einzige davon möchte man missen. Die junge Star entflieht ihren miesen Lebensverhältnissen in der Provinz von Oklahoma und klettert in den Bus einer reisefreudigen Drückerkolonne, die Abos verkauft.

„We explore America!“, heißt die Devise, die die freiheitsliebende, energiegeladene 18-Jährige auf ihre Art tief verinnerlicht. Zwischen täglicher Fahrt und abendlichem Party-Tanz zieht ein unwirtliches Amerika an ihr vorbei: Bilder einer ausgehöhlten, leeren kapitalistischen Gesellschaft.

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4.) 303

Am Anfang steht ein Zitat von Rilke: „Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe.“ Jule und Jan sind 24, Studierende aus Berlin, die sich zu Beginn der Semesterferien an einer Autobahntankstelle begegnen.

Jan will in Spanien seinen ihm unbekannten Vater kennenlernen, Jule ihren Freund in Portugal aufsuchen. Bis dahin haben sie Zeit. Zum Reisen, zum Reden und, irgendwann, zur Liebe. Hans Weingartner gelingt das Wunder eines ebenso realistischen wie romantischen Rede- und Reisefilms, erzählt mit einer schwerelosen Leichtigkeit, wie man sie sonst nur vom französischen Kinoplauderer Eric Rohmer kennt.

Neugierig und respektvoll nähert Weingartner sich den Reisenden in ihrem alten Mercedes-303-Wohnmobil, nicht weniger gespannt verfolgt man, wie sie sich irgendwann „anders“ beobachten und doch lange hinauszögern, dass sie sich ineinander verlieben.

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5.) Mikro & Sprit

Daniel ist zeichenbegabt, Théo ein genialer Tüftler. Mit beidem können die 14-Jährigen in der Schule und bei Mädchen nur wenig punkten. Da stellt Théo die Grundfrage aller Road Movies: „Hast du nie davon geträumt, unabhängig zu sein? Zu machen, was du willst, ohne dass du jemanden um Erlaubnis fragen musst?“

Aus dem Motor eines Rasenmähers bauen sie ihr abgedrehtes Fluchtauto: eine Holzhütte auf Rädern, mit der sie im Schneckentempo Versailles hinter sich lassen. Michel Gondry ist ein Erzähler mit Herz für Außenseiter. Seinen wunderlich-schönen Roadtrip garniert er mit Gags und guten Gründen dafür, warum es einen nicht an einem Ort hält: „Ich kann hier nicht schlafen, über meinem Bett hängt ein Poster von Shakira“, mault Daniel, und Théo kriegt Panik: „Shakira? Wir müssen verschwinden!“

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