Langlauf, Rodeln, Corona-RegelnSo läuft die Skisaison im Sauerland
Winterberg – Der Barchef im Schneewittchenhaus hat alle Hände voll zu tun. Der Betrieb läuft gerade auf Hochtouren. Es ist Mittagszeit im Skigebiet in Winterberg. Kellnerinnen und Kontrolleure flitzen in der Skihütte umher. In der Küche brodelt es. Vor dem Restaurant hat sich eine Schlange gebildet, die bis auf die Terrasse herausreicht. Dort warten Menschen in Winterjacken und Skistiefeln, die hungrig und durstig und auch ein wenig durchgefroren sind - nach den ersten morgendlichen Schwüngen in der verschneiten Region.
Ski-Tourismus in NRW läuft wieder an
Das zurückliegende Wochenende (8./9.1.), das letzte in den Weihnachtsferien, war für die Wintersport-Arena Sauerland/Siegen-Wittgenstein sowie die Skiregion Willingen (Hessen) ein Segen. Liftbetreiber atmen auf, Hüttenwirte strahlen, Restaurant- und Cafébesitzer zeigen sich nach dem Komplettausfall der Winter-Saison 2020/2021 wieder zufriedener.
„Vom Umsatz her war es das beste Wochenende seit langem, weil auch das Wetter mitgespielt hat und es das letzte Ferien-Wochenende war", sagt Barchef Sven vom Schneewittchenhaus. Der 44-Jährige hofft, dass es jetzt möglichst so weitergeht. Für das kommende Wochenende (15./16.1.) rechnet eine Sprecherin der Wintersport-Arena erneut mit sehr guten Bedingungen vor allem auf den beschneiten Pisten, über 70 Liften in Betrieb und 140 Kilometern gespurten Loipen.
Dabei ist wegen der Corona-Beschränkungen im Skigebiet weiter keine Vollauslastung möglich. „Die Ferien sind vorbei, deshalb kommen jetzt unter der Woche ungefähr 60 Prozent weniger Gäste. Aber wir versuchen, ihnen die größtmögliche Sicherheit und den bestmöglichen Service zu bieten", betont der Hüttenwirt. Schließlich sei der vorige Winter wegen des Lockdowns „im Skigebiet fast ein Komplett-Ausfall" und „für die Restaurants und Hütten ein Totalverlust" gewesen.
2G-Regeln in den Skigebieten
Für alle, die sich im Skigebiet nicht vergnügen, sondern dort arbeiten, ist dies in Corona-Zeiten eine besondere Herausforderung. Im Skiliftkarussell Winterberg mit 26 Liften und fast 30 Pistenkilometern gilt die 2G-Regel. Nur wer geimpft oder genesen ist, darf liften, sich Ski oder Rodelausrüstung leihen und in die Hütten.
Den Kontrollen zu entgehen, ist schier unmöglich. Schon beim Kauf der Liftkarten, der fast überall nur online möglich ist, beziehungsweise dem Einlösen eines Vouchers werden die Corona-Zertifikate und Ausweise überprüft. Ist man als Wanderer oder Spaziergänger unterwegs, wird der Status spätestens in Restaurant gescannt. Als Belohnung erhält man ein farbiges Plastikarmband, so dass der Impf- oder Genesenen-Status nur einmal am Tag nachgewiesen werden muss. Sogar Ordnungsamt-Mitarbeiter fahren auf zwei Brettern Patrouille.
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Für die Kontrollen brauche jeder Betrieb zusätzliches Personal, sagt Jens Brühl vom Skiverleih. Er könne nicht behaupten, dass es derzeit „eine gewinnbringende Zeit" sei. „Es ist schwierig. Die Umsätze könnten besser sein", räumt Brühl ein. Gleichwohl ist er glücklich, überhaupt öffnen zu dürfen. „Doch überall, am Lift, in der Hütte, auch hier im Skiverleih brauchst du immer noch eine Person zusätzlich, die komplett durchkontrolliert."
„Die Leute sind wirklich angenervt"
Brühl registriert einen gewissen „Unmut", eine Corona-Müdigkeit - viele Gäste kämen zudem völlig unvorbereitet: „Dann sind die Personalausweise nicht da, die Impfnachweise sind nicht da, die Testnachweise sind nicht da... Die Leute sind wirklich angenervt, die ganzen Sachen immer mitzunehmen. Obwohl schon seit fast zwei Jahren bekannt ist, dass man das irgendwie braucht. Das ist schon stressig", meint der Skiverleiher. Und hat dann doch noch ein Lob - zumindest für die zahlreichen Stammbesucher aus dem Nachbarland: „Ganz ehrlich, unsere niederländischen Gäste sind besser vorbereitet als die deutschen. Die Holländer diskutieren nicht, sie machen einfach - der Deutsche diskutiert!"
Das Tragen von FFP2- oder medizinischen Masken ist in Innenräumen, in Liftschlangen und sogar in den Sesselliften Pflicht. Im Restaurant sowieso. Schal oder Halstuch vor Mund und Nase reichen nicht. Wenn jemand mal vergisst, eine Maske zu tragen, gibt es es gleich einen freundlichen Hinweis des Personals. Oder sogar eine Ermahnung, die per Lautsprecher über die Pisten dröhnt.
Nervt es nicht, die Maske immer wieder auf- und abzusetzen? Die beiden Studentinnen Marie und Paula (beide 23) und ihre Freundin Anka (29) nehmen es gelassen. Sichtlich genießen die drei jungen Frauen aus Bielefeld ihren Tagesausflug bei strahlendem Sonnenschein, die gut präparierten Pisten, die frische Winterluft. Zumal es „viel leerer" sei als am Wochenende, sagen sie. „Das Maskentragen ist okay. Manchmal vergisst man es vielleicht. Aber es stört nicht so sehr", betonen Paula und Marie unisono. Rechtsreferendarin Anka ergänzt, dass man sich an die ganzen Corona-Regeln längst gewöhnt habe. „Wir sind da ganz vorbildlich. Wir haben uns auch noch testen lassen."
Klar ist: Die Ansteckungsgefahr beim Rodeln und Skilaufen, wo sich die Menschen draußen an frischer Luft bewegen, ist viel geringer als im Alltagsleben - in der Bahn, auf der Arbeitsstelle, im Hörsaal oder dem Klassenzimmer. Also raus auf die Piste. "Die Wintersport-Arena bietet für jeden etwas, auch und gerade jetzt", sagt ihre Sprecherin Susanne Schulten. "Und wenn es am Wochenende in den großen Gebieten mal ausgelastet ist, können unsere Gäste in die kleineren Regionen ausweichen. Irgendwo den Hang herunterrodeln, geht immer."
Glücklich, dass das Winter-Saisongeschäft wieder läuft, ist auch Nico Brinkmann. "Schön, dass die Gäste wieder kommen", sagte der 42-Jährige. Vor zwei Jahren hat er das von seinem Vater vor 20 Jahren gegründete Unternehmen am „Erlebnisberg Kappe" an der Winterberger Bob-und Rodelbahn übernommen. Zu seinem Betrieb gehören neben Liften auch ein Bikepark, eine Sommerrodelbahn, ein Hostel, ein Kletterwald und die „Panorama-Erlebnisbrücke". Dank des Sommergeschäfts ist Brinkmann nicht allein auf die Lift-Einnahmen im Winter angewiesen.
Als einer von sieben Lift-Betreibern in Winterberg kann Brinkmann auf einen weiteren Lockdown gut verzichten. „Dabei hatten wir vor einem Jahr einen tollen Winter mit viel Schnee. Doch kurz vor dem geplanten Saisonstart kam der Lockdown. Dass wir dann von März bis Ende April 2021 noch mal öffnen durften, hatte eher Symbolcharakter", sagt er. Den Einnahmeverlust kompensieren konnte das nicht. „Aber immerhin konnten wir damals zeigen, dass Skifahren mit einem guten Hygiene-Konzept auch in Corona-Zeiten prima funktioniert. Da sind sogar Gäste aus Bayern zu uns gekommen. Das war schon kurios." (dpa/lnw)