Star WarsDrei Streaming-Neustarts, die Sie nicht verpassen sollten
- Auch diese Woche starten die Stremingdienste mit lange erwarteten Blockbustern ins Heimkino.
- Diesmal mit dabei: die neunte Episode von Star Wars, ein Gangsterkrieg in Tokio und eine bissige Satire über eine asiatische Seifenoper.
- Lesen Sie hier unsere Kritiken.
Nach einigen Wochen daheim, wird dem ein oder anderem schon schmerzlich bewusst, wie sehr die selbst unregelmäßigen Kinobesuche im Alltag fehlen. Eingesfleischte Filmfans werden aber auch ausreichend Zeit gehabt haben, sich daheim einen gut ausgestatteten Heimkinobereich zu installieren, damit dem ultimativen Filmgenuss auch zuhause nichts im Weg steht. Wir haben drei Filmempfehlungen für Sie.
1) Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers
"Der Aufstieg Skywalkers“, das abschließende Kapitel der neuen „Star Wars“-Trilogie, ist eine einzige Enttäuschung. Zumindest, wenn Sie „Die letzten Jedi“, den von Rian Johnson verantworteten Mittelteil der Trilogie, mochten. Mit dem hatte der Regisseur den Befreiungsschlag vom bleischweren Erbe der Sternensaga und ihrer Mythologie gewagt, die in Fankreisen längst zum Dogma erstarrt war. Eben diese Kreise fühlten sich von „Die letzten Jedi“ und seiner radikalen Kritik am Heldentum à la Luke Skywalker und der streng dynastischen Ordnung des „Star Wars“-Universums verraten, riefen gar eine Kampagne für ein Remake dieser achten Episode ins Leben.
Die neunte Episode wird wieder von J.J. Abrams verantwortet, der bereits beim Neustart mit „Das Erwachen der Macht“ Regie geführt hatte. Am Ende von Johnsons Film hatte sich Luke Skywalker (Mark Hamill) geopfert, nicht ohne zuvor etwas von seinem heroischen Glanz zu verlieren, und zwischen ihm und der noch nachnamenslosen Heldin Rey (Daisy Ridley) schienen keinerlei Verwandtschaftsbeziehungen zu bestehen.
Alte Ordnung wiederhergestellt
Abrams Antwort auf die steile Vorlage fällt ultrakonservativ aus: „Der Aufstieg Skywalkers“ stellt das alte Gesellschaftssystem des „Star Wars“-Schöpfers George Lucas so gründlich wieder her, wie der Wiener Kongress die europäische Ordnung nach der Niederlage Napoleons. Die sanfte Rose (Kelly Marie Tran) ist nun an den Rand der Bilder verdrängt, die kaum erblühte Romanze zwischen ihr und dem couragierten Ex-Sturmtruppler Finn (John Boyega) nur noch eine peinliche Erinnerung an den Flirt auf der Weihnachtsfeier des vergangenen Jahres. Abrams andere Restaurationen kann man nicht schildern, ohne allzu viel vom Inhalt zu verraten.
Die treffendsten Bilder für den Zustand dieser Erzählwelt nach ihrer Wiederbelebung als Teil des allmächtigen Maus-Konzerns – acht der zehn erfolgreichsten Filme aller Zeiten gehören dem Unternehmen – findet Abrams immer dann, wenn er seine Helden durch die gewaltig aufragenden Trümmerteile altbekannter Kulissen stapfen lässt. Oder altbekannte Figuren wieder einführt, die – dem Tod näher als dem Leben –, an Infusionsschläuchen hängen.
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Aber J.J. Abrams ist kein Freund mythenzersetzender Kritik. Er hat sichtbar das allergrößte Vergnügen daran, Standardsituationen der alten Lucas-Filme neu zusammen zu puzzeln, aber mit der Körnung des lieb gewonnenen alten Filmmaterials. Wie hoffnungsfrohe Rebellen in die Cockpits ihrer Raumjäger springen, wie Landspeeder den Wüstenboden aufwirbeln oder Sternenzerstörer die Leinwand in bedrohliche Dreiecke aufteilen, das hat man nun schon mehr als einmal gesehen, aber dann vielleicht doch noch nie so dynamisch oder beeindruckend.
Enttäuschend mag die Unfähigkeit der gesamten neuen Trilogie sein, sich von ihrer Vorlage zu lösen, „Der Aufstieg Skywalkers“ als einzelner Film ist es nicht. Der Anfang kracht und donnert noch in Expositionsgewittern, in denen auch die letzten Aufnahmen der vor drei Jahren gestorbenen Prinzessin-Leia-Darstellerin Carrie Fisher kurz aufleuchten.
Achtung! Kleiner, aber belangloser Spoiler
Doch dann nimmt das Abenteuer gewaltig an Fahrt auf, hält seine Helden – Rey, Finn und Oscar Isaacs Draufgänger Poe Dameron – eng und actionreich zusammen, findet stets Zeit für ein wenig Fan-Service, etwa, wenn – Achtung, es folgt der einzige, völlig belanglose Spoiler dieser Rezension – der Wookie Chewbacca endlich den Orden bekommt, der ihm 1977, am Ende von „Eine neue Hoffnung“, vorenthalten wurde. Und erhebt sich schließlich in wagnerianische Dimensionen, als es darum geht, nicht nur die aktuellen drei, sondern alle neun Episoden der Göttersage zu einem sinnvollen Abschluss zu bringen.
Verkörpert wird der ewige Kampf zwischen der hellen und der dunklen Seite der Macht vom einzigen ernstzunehmenden Paar des Films, Rey und ihr böser Widerpart Kylo Ren (Adam Driver, der sich als Einziger schauspielerisch gegen Alien-Kinder und rotierende Roboter durchsetzen kann).Einmal bilden Rey und Ren mit ihren Körpern kurz ein Yin-und-Yang-Zeichen. Da erscheinen, nur für einen Moment, Gut und Böse, Kommerz und Religion, Filmemachen und Franchisepflege als eine Frage der Perspektive, als zwei Seiten derselben Medaille.
Regisseur J.J. Abrams puzzelt mit großem Vergnügen Standardsituationen und Altbekanntes zu einem dynamischen und actionreichen Abenteuer zusammen. Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers; USA 2019; 142 Minuten; R: J. J. Abrams; D Daisy Ridley, John Boyega, Oscar Isaac, Adam Driver.
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2) First Love
Die Seitenstraßen von Tokio sind recht eng. Die Häuser reichen selten über ein drittes Stockwerk hinaus, ein Bürgersteig ist kaum vorhanden. Durch diese engen Straßen fahren große Limousinen, in denen gut gekleidete Männer sitzen, die Zigaretten rauchen und für den Erhalt ihrer Macht vor keiner Gewalttat zurückschrecken. Die meisten von ihnen tragen Schießeisen bei sich, manche aber auch nur ein Schwert. Mit solchen Leuten wird Leo es im Laufe der Nacht zu tun bekommen, was ihm im Moment nicht einmal im Traum einfallen könnte.
Leo plagen ganz andere Sorgen. Er hat ja nicht einfach bloß einen Boxkampf verloren. Später eröffnete ihm der Arzt, dass ein Tumor Leos Gehirn zerfrisst. Seither streicht Leo durch die Straßen von Tokio, und dann rennt ihm diese junge Frau mit ihren von Furcht geweiteten Augen über den Weg. Ein Mann ist ihr auf den Fersen. Leo streckt ihn mit einem Schlag nieder. Damit geht der Ärger los, denn durch Leos Eingreifen ist ein Drogengeschäft in Gefahr geraten, bei dem ein untreuer Gangster und ein korrupter Polizist sich bereichern und zugleich einen Gangsterkrieg zwischen der Yakuza und den chinesischen Triaden entfesseln wollten. Aber jetzt ist alles außer Kontrolle.
Kein alltägliches Filmpärchen
Ein Boxer mit Hirntumor und eine drogensüchtige Prostituierte, die von ihrem Vater halluziniert, sobald sich Entzug einstellt, das ist kein alltägliches Filmpärchen. Takashi Miike, Japans emsiges enfant terrible mit durchschnittlich drei Filmen im Jahr und einer auf drastischer Gewaltdarstellung fußenden Kultreputation zwischen Arthouse-Radikalität („Audition“) des frühem Kim Ki-Duk und den bleihaltig überhöhten Genrestilübungen von Beat Takeshi, Sabu und Johnny To, hat diesmal auch noch das US-Kino der 90er als Inspirationsquelle sprudeln lassen. Das Pärchen auf der Flucht zwischen Horden von Gangstern und Psychopathen ist liebevolle Referenz auf Quentin Tarantinos Drehbuch zu „True Romance“.
Miike übt diesmal vergleichsweise diskrete Zurückhaltung im Umgang mit Blut- und Ekelgreuel, was nicht heißt, dass es zahm zugehen würde. Ein Samuraischwert kann einen Mann mit einem Streich kopflos werden lassen, und Becky als extrem wütende Gangsterbraut mit Golfschläger ist auch nichts für zarte Gemüter. Miike weiß um die Bedeutung präziser Charakterskizzen, weil die eine im Kern oft erzählte Story so frisch und vital erscheinen lassen, als ob sie gerade erst erfunden worden wäre. Eingebunden ist das in eine souveräne Bildsprache, in der Blickachsen zu emotionalen Highways werden und ein einziger Kamerawinkel mehr Atmosphäre erzeugt als teure Digitaltricksereien. Und wenngleich es viel zu lachen gibt, kommt kein Zweifel auf, wie bitterernst die Lage für alle Beteiligten ist. Eine Auftragsmörderin spricht von Menschlichkeit und ein Gangsterboss fährt der aufgehenden Sonne entgegen. Manchmal ist doch noch Platz in den Straßen.
Ein origineller Blend aus Gangsterkrieg und romantischem Großstadtmärchen, außerordentlich gut besetzt und gefilmt. Genrekino für Genießer. First Love; JAP/GB 2019; 108 Minuten; R: Takashi Miike; D: Masataka Kubota, Sakurako Konishi, Becky.
3) Tel Aviv on Fire
Jeden Abend klebt eine ganze Region vor dem Fernsehgerät, wenn die neue Folge von „Tel Aviv On Fire“ läuft. In der Daily Soap geht es um die schöne Agentin Tala im Zwiespalt der Gefühle zwischen ihrem palästinensischen Auftraggeber und dem israelischen General Edelman. Im Kreativteam hinter den Kulissen arbeitet Salam als Sprachberater an Pikanterien wie dieser: Fasst eine Frau es als Kompliment auf, wenn man ihr sagt, dass sie bombig aussieht?
Salam prüft das am Abend live bei einer Soldatin am Grenzposten nach und landet prompt beim israelischen Kommandeur Assi Tzur. Der gibt sich streng, aber auch gesprächsbereit. Tzur möchte schon lange Einfluss aufs Geschehen in „Tel Aviv On Fire“ nehmen, Salam geht auf den Vorschlag ein.
Heiße Lovestory
Die Sache läuft besser als geplant. Die heiße Lovestory zwischen Agentin Tala und General Edelman schafft persönliche Vorteile in Tzurs Eheleben. Salam hingegen sieht sich unversehens in einer Zwickmühle zwischen seiner Freundin und der Hauptdarstellerin von „Tel Aviv On Fire“. Und alle melden sie Wünsche an, wie die Serie weitergehen sollte.
Der palästinensische Filmautor Sameh Zoabi und sein amerikanischer Co-Autor Dan Kleinman haben eine im Kern einfache Sitcom-Story inspolitische Pulverfass Nahost transferiert und verblüffende Möglichkeiten gefunden, aus der ewig aktuellen Brisanz unbeschwertes Amüsement zu destillieren, ohne dabei den Ernst der Lage zu verharmlosen. Der Kniff liegt darin, dass die Figuren diesseits und jenseits der Grenzeclever zueinander ausbalanciert werden konnten und dabei nie zu Karikaturen überzeichnet sind.
Hervorragend zusammengesteller Cast
Dazu ist der Film superb besetzt mit Gesichtern, die prägnant sind und trotzdem authentisch wirken; allen voran Kais Nashif, der Salam als eine Art Hallodri im Zeitlupenmodus ausgestaltet, der in lässigem Pragmatismus alle Probleme um ihn herum wie Zucker in einer Tasse Kaffee einfach wegrührt.Das mag leichtfertig anklingen, aber der angebotene Lösungsvorschlag – macht Filme statt Krieg – ist entwaffnend sympathisch.
Gesellschafts- und Mediensatire um eine Daily Soap im israelisch-palästinensischen Grenzgebiet. Bissig im Witz und großartig gespielt. Tel Aviv on Fire; LUX/B/ISR/F; 2018; 97 Minuten; R: Sameh Zoabi; D: Kais Nashif, Lubna Azabal, Yaniv Biton.