„Star Wars Identities“ in KölnKrieg der Sterne in Köln
Köln – Was uns zu Menschen macht? Schwer zu beantworten. Aber fragen Sie doch einen zotteligen Wookiee oder einen trotteligen Gungan. Versetzen Sie sich mal in die Lage eines gehörnten Zabrak oder eines teddybärigen Ewoks. Die sind weit weg. Die haben eine gesunde Außensicht aufs Menschsein.
In der Ausstellung „Star Wars Identities“ kann man mehr über sich selbst erfahren – indem man die eigene Alltagswirklichkeit großräumig umfährt. Quer durch den Hyperraum zu jener weit, weit entfernten Galaxie, in der nun schon mehrere Generationen ihre Kindheit verbracht haben. Hier erwählt man sich einen der Außerirdischen aus Georg Lucas’ kosmisch-kalifornischer Fantasie – Nautolan, Neimoidianer oder Twi’lek – zum Avatar und bastelt sich, während man an Vorzeichnungen, Originalkostümen und Raumschiffmodellen der Sternensaga vorbeischlendert, seine eigene Biografie.
Am 22. Mai eröffnet die Ausstellung im Kölner Odysseum, nach dem sie zuvor Station in Paris und Lyon gemacht hat – mit erwartbar großem Publikumszuspruch. Der auf der ersten und bislang einzigen Deutschland-Station wohl noch vom fieberhaften Warten auf den zu Weihnachten anlaufenden, siebten Star-Wars-Film beflügelt werden wird.
Erinnerungen an Kindertage
In Lyon verbergen sich die rund 200 Jedi-Reliquien aus den Lucasfilm-Archiven in einer alten Zuckerfabrik auf der Halbinsel, an der sich Rhône und Saône treffen. Durchaus passend, denn der Zuckerschock, der den Besucher schon beim Anblick der ersten Vitrine durchpulst, erinnert an Cola-getränkte Kindertage, an übersprudelnde Aufregung. R2-D2 und C-3PO – der schlaue Blechzwerg und sein goldener Bedenkenträger – funkeln uns entgegen, gegenüber drohen Boba Fett und ein weiß gepanzerter Sturmtruppler. Was heißt drohen? Dass Kopfgeldjäger und quasi-faschistische Handlanger nicht so viel weniger attraktiv erscheinen als die Helden von der hellen Seite der Macht, hat wohl wesentlich zum Welterfolg von Star Wars beigetragen. Klar wird hier nach Art der Comic-Heftchen und samstäglicher Film-Serials Schwarz-Weiß gemalt, aber das Schwarz darf glänzen.
Zum Ende und Höhepunkt der Ausstellung wartet selbstredend Darth Vader auf uns, der dunkle Sith-Lord selbst, so wie er in „Das Imperium schlägt zurück“ auf seinen Sohn gewartet hat. Und der Besucher, der mit Hilfe seines interaktiven Armbandes bereits Ethnie, Persönlichkeitsbild, Freunde, Mentoren und Beruf gewählt hat, steht nun vor seiner folgenreichsten Entscheidung: Will er sich dem Imperator oder der Rebellion anschließen?
So eindeutig, wie man glauben möchte, wird das Votum wohl nicht ausfallen. Gerade hat Marvel drei neue Star-Wars-Reihen gestartet (schließlich sind beide Marken inzwischen Teil des Disney-Konzerns) und das unterhaltsamste Comic ist natürlich dasjenige, in dem Darth Vader als Protagonist auftritt, als cooler Underdog im bürokratischen Imperium.
Zeichnungen zeigen Star Wars - Anfänge
Die Ausstellungsmacher verdeutlichen anhand der ähnlichen, aber im entscheidenden Fall so unterschiedlichen Biografien von Anakin und Luke Skywalker – dem, wie es heißt, berühmtesten Vater-Sohn-Duo der Filmgeschichte – das Wechselspiel von Anlage und Umwelt, von genetischen Vorgaben und erzieherischen Erfolgen.
Das ist wissenschaftlich fundiert und gut aufbereitet. Und, mal ehrlich, waren Sie zuvor schon auf die Idee verfallen, Star Wars aus neuropsychologischer Sicht zu betrachten? Manche Analogie wirkt freilich arg strapaziert, manche eher belustigend. Kann man unterschiedliche Wertvorstellungen wirklich anhand von Lichtschwertfarben erklären? Berichtet die Stimme im Kopfhörer dann, es gäbe 3000 unterschiedliche Gesellschaftssysteme auf der Erde, möchte man stillschweigend ergänzen: Und eine globale Kultur, Star Wars sei Dank.
„Star Wars Identities“ gastiert ab dem 22. Mai im Odysseum.
Tickets kosten Montags bis Freitags für Erwachsene 21,95 Euro, für Kinder von vier bis 17 Jahren 15,95 Euro. Samstags und Sonntags: 23,95 Euro (Erwachsene), 17,95 Euro (Kinder). Das Ticket berechtigt auch zum anschließenden Besuch der Themenwelten des Odysseums.
Öffnungszeiten Mo-Fr 9-19 Uhr, Sa 9-20 Uhr, So 10-20 Uhr, Odysseum,
Corintostraße 1, 51103 Köln (Kalk)
Aber dann sieht man die wunderschönen Konzeptzeichnungen Ralph McQuarries, die Straßen des Raumhafens Mos Eisley, das Dorf der Jawa-Schrotthändler, die Stadt in den Wolken – und die Wälle aus Ironie, die man im Laufe der Jahre um seine Identität herum errichtet hat, schmelzen dahin. McQuarries kleinformatige Bilder waren es, die George Lucas’ Drehbuchseiten erst zum Leben erweckt haben, sie verbanden das völlig Fantastische mit dem Praktikablen. McQuarrie hat Darth Vader das Atemgerät verpasst und Chewbacca das pelzige Äußere. Für die Star-Wars-Fans der ersten Stunde, die als Sechsjährige aus dem Kino taumelten, um für den Rest ihres Lebens von schneckengelockten Prinzessinnen und X-Flügel-Jägern zu träumen, dürften diese Zeichnungen der wahre Höhepunkt der Ausstellung sein.
Jüngere, die Lucas’ Universum über die „Clone Wars“ lieben gelernt haben, werden sich vielleicht eher für Anakins „Podracer“ im Original-Maßstab begeistern. „Star Wars“ ist eben Familienunterhaltung und „Star Wars Identities“ bedient geschickt Mutter, Vader und Kind, hält die Balance zwischen Infotainment und Fan-Fetisch (ja, liebe Superfans, man darf die Ausstellung im Kostüm besuchen, muss Helme und Lichtschwerter allerdings an der Garderobe abgeben).
Vorm Modell der Millennium Falcon, vorm in Karbonit eingefrorenen Han Solo oder vor der Puppe des weisen Yoda – Maskenbildner Stuart Freeborn hat ihr die Gesichtszüge Albert Einsteins verliehen – bleiben junge Padawans und alte Jedi-Meister gleichermaßen stehen, in ehrfürchtiger Eintracht. Eine glückliche Familie, in einer Galaxie, weit, weit entfernt.