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Ungeliebte HeldenWarum neben der Biene auch die Mücke ein Star sein sollte

Lesezeit 5 Minuten
Mücke

Auch die Mücke ist ein nützliches Insekt.

Wer hübsch ist, hat es leichter im Leben. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern ist auch in der Tierwelt so. Schmetterlinge, Marienkäfer und die gerade populäre Biene sollen von Werbeplakaten aus auf den Insektenschwund aufmerksam machen und für den Erhalt der Artenvielfalt werben. Sie sind so etwas wie Models unter den Gliederfüßern. Sympathische Tiere, die wir gern erhalten möchten. Aber was ist mit dem Ohrwurm? Oder der Raubwanze? Da hört die Tierliebe schnell auf.

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Keine Frage: Schmetterlinge und Bienen sind als Bestäuber sehr wichtig und brauchen dringend unseren Schutz. Nur: Andere Tiere brauchen ihn ebenfalls. Weil sie aber weniger hübsch anzusehen sind, werden sie im besten Fall gar nicht erkannt, im schlechtesten Fall sogar erschlagen. Eine Studie des Entomologischen Vereins Krefeld, die das Problem des Insektenrückgangs ins Bewusstsein der Öffentlichkeit brachte, bescheinigte einen Rückgang der Biomasse an Fluginsekten insgesamt – also auch von solchen, die eigentlich noch häufig sind.

Nützliche Schädlinge

Gerade bei Insekten, Würmern und Spinnentieren unterscheidet der Mensch gnadenlos zwischen Nützling und Schädling. Dabei ist es gar nicht einfach zu entscheiden, welches Tier uns hilft und welches schadet. Ein Insekt kann Nützling sein, wenn es Schädlinge frisst. Und selbst zum Schädling werden, wenn es nicht genügend tierische Nahrung zur Verfügung hat und auf Pflanzen zurückgreifen muss. Wie etwa der Asiatische Marienkäfer. Es kann als Schädling gelten, und gleichzeitig ein wichtiger Bestäuber sein, wie die Stechmücke. Es kann nützlich sein, ohne dass es für uns offensichtlich ist. Zum Beispiel, wenn es abgestorbene Pflanzenreste frisst, wie die Kellerassel. Oder einfach, weil es anderen Tieren als Nahrung dient, wie eigentlich jedes Insekt, alle Spinnen und Würmer. Jedes Lebewesen seine Rolle im Ökosystem.

Zeit für ein Plädoyer für Ohrwurm, Blumenwanze und Co. Wir stellen verkannte Helden vor.

Fliege

Fliege

Auch Fliegen übernehmen Aufgaben als Bestäuber.

Fliegen, so scheint es, sind nur da, um uns zu ärgern. Hartnäckig surrend schwirren sie um uns herum. Stuben- und Schmeißfliegen setzen sich häufig auf Fäkalien und rufen deshalb bei vielen Menschen Ekel hervor. Tatsächlich übernehmen Fliegen jedoch ebenfalls wichtige Aufgaben als Bestäuber. Und zwar nicht nur die Schwebfliege, die sich mit ihren Wespenfarben für gefährlicher ausgibt als sie ist, sondern auch die ganz gewöhnliche Fliege. In der Arktis ist sie sogar der wichtigste Bestäuber, wie ein internationales Forscherteam herausfand. Viel zu verdanken haben wir auch der winzigen Frucht- oder Taufliege Drosophila melanogaster, die sich gerne auf unserem Obst niederlässt. Sie ist der wichtigste Modellorganismus für Genetiker und hat fünf Forschergemeinschaften zum Nobelpreis verholfen. Krankheiten überträgt sie nicht. Dafür kann sie schneller die Kurve nehmen als jeder Düsenjäger. Forscher haben nach ihrem Vorbild so etwas wie eine große Roboterfliege gebaut, die unglaubliche Flugmanöver und Schwebeflüge hinlegt.

Laufkäfer

Laufkäfer

Ein Laufkäfer wurde auf ein Ei gemalt.

Schwarz huscht er über den Gartenboden. Zu seinem Glück meist nachts, denn tagsüber wäre er vor Fußtritten wohl nicht sicher. Eine Schönheit ist keiner der vielen Vertreter der artenreichen Familie. Noch dazu können Laufkäfer bei Gefahr ein übelriechendes Sekret abgeben. Doch das macht das Insekt mit Leistung wett: Es frisst Schneckeneier, Kartoffelkäferlarven, Läuse und Milben, und reguliert damit die Zahl der Tiere, die sich an unseren Pflanzen zu schaffen machen. Laufkäfer fühlen sich in Gärten mit Wiesen und Betten mit Bodendeckern wohl.

Wespe

Wespe

Wespen helfen bei der Bestäubungsarbeit.

Während Bienen längst rehabilitiert sind, gelten Wespen nur als lästig und aggressiv. Das ist ungerecht, denn die Arbeiterinnen der Wespe helfen nicht nur bei der Bestäubungsarbeit, sie schaffen auch jede Menge tierischer Nahrung in Form von Blattläusen und anderen Schädlingen in ihr Nest, um ihre Larven damit zu füttern.

Mücke

Mücke

Auch die Mücke ist ein nützliches Insekt.

Mücken verpassen uns juckende Stiche und übertragen auch noch Krankheiten. Könnten wir darauf nicht getrost verzichten? Die Antwort ist ein klares Nein – außer, Sie mögen keine Schokolade. Mücken und Fliegen sind nämlich äußerst wichtige Bestäuber. Ohne Stechmücken gäbe es zum Beispiel keinen Kakao. Ihre Larven sind im Wasser außerdem wichtiges Futter für Fische.

Wanze

Wanze

Eine Stinkwanze sonnt sich in einem Garten auf einem Blatt

Ihr Anblick sorgt bei den meisten Menschen nicht unbedingt für Freude. Dabei gäbe es bei den meisten Arten Grund dazu, denn auf dem Speiseplan von Raub- und Blumenwanzen stehen Thripse, Blattläuse, Spinnmilben und die Nymphen der Weißen Fliege – und damit jede Menge Pflanzenschädlinge. Zu erkennen sind Wanzen an ihrer charakteristischen Form, der oval-platten Gestalt. Anfassen sollte man die Tierchen dennoch nicht unbedingt, denn sie können mitunter stechen. Zu Unrecht verrufen und völlig harmlos für Mensch und Pflanze ist dagegen die häufig in Massen auftretende Feuerwanze mit ihrer unverkennbaren roten Musterung.

Kellerassel

kellerassel

Kellerasseln fressen modernde Pflanzenreste und sind somit ein Segen fürs Ökosystem.

Auf den ersten Blick sind es graue, hässliche Krabbeltiere, die weghuschen, wenn man plötzlich Licht in ihr Dunkel bringt. Also zum Beispiel einen Blumentopf im Garten hochhebt. Schaut man genauer hin, muss man jedoch erkennen: Eigentlich sind die kleinen Panzertiere extrem faszinierende Wesen. Sie sind keine Insekten, sondern gehören zu den Krebstieren und können sogar durch Kiemen atmen. Kellerasseln fressen modernde Pflanzenreste und sind somit ein Segen fürs Ökosystem.

Ohrwurm

Ohrenkneifer

Ohrenkneifer der Art Anisolabis maritima.

Einen zu Unrecht schlechten Ruf hat auch der Ohrwurm, der gar kein Wurm ist. Er kneift aber auch nicht, wie sein anderer Name „Ohrenkneifer“ vermuten lässt. Und in Ohren kriecht er freiwillig ebenfalls nicht. Tatsächlich ist der Ohrwurm ein Fluginsekt. Allerdings sind die Flügel der meisten Arten so verkümmert, dass sie nicht fliegen können. Der Name Ohrwurm geht vermutlich auf die Tatsache zurück, dass das Tier im Mittelalter in zermahlener Form gegen Ohrenschmerzen angewendet wurde. Dagegen gibt es heute weitaus wirksamere Mittel, aber in seinem Einsatz gegen Blattläuse ist der Ohrwurm unermüdlich. Im Obstanbau wird er gar professionell eingesetzt. Er nimmt gerne mit Stroh gefüllte Tontöpfe als Unterschlupf an.