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Holocaust-ÜberlebendeMargot Friedländer ehrt Gesamtschüler aus Waldbröl in Berlin

Lesezeit 4 Minuten
05.01.2023 Jugendliche von der städtischen Gesamtschule in Waldbröl sind jetzt mit dem Friedländerpreis ausgezeichnet worden. Von der Holocaustüberlebenden Margot Friedländer nahmen die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule den Preis entgegen.

Aus den Händen von Margot Friedländer (r.) nahmen die Jugendlichen den Preis für ihr Projekt in Berlin entgegen.

Seit dem Jahr 2014 geht der Preis an junge Menschen, die mit der Erinnerung an den Holocaust beschäftigt haben.

Aus den Händen der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer persönlich haben fünf Jugendliche von der städtischen Gesamtschule in Waldbröl jetzt in Berlin den nach der heute 101-Jährigen benannten Preis der Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa entgegengenommen. Diese Auszeichnung geht seit 2014 an junge Menschen, die sich in Projektarbeiten mit der Erinnerung an den Holocaust beschäftigt haben und sich dem Kampf gegen den Antisemitismus und den Rassismus widmen.

Eine Ausstellung als Projektarbeit

Das Projekt, mit dem die Schülerinnen und Schüler die Jury überzeugt haben, trägt den Titel: „Von Mäusen und Katzen – Antisemitismus in und um Waldbröl“. Herausgekommen ist eine Ausstellung, die mindestens bis Ende dieses Monats in der Schule, Höhenweg 49, zu sehen ist. „Danach zieht sie vielleicht um ins Bürgerdorf am Alsberg“, verrät Schulsprecher Andreas Dohm.

Was geschah in Waldbröl?

Was geschah vor 80 Jahren in der heutigen Marktstadt? Diese Frage beschäftigte ab dem Januar 2021 zwölf Schülerinnen und Schüler aus der damaligen Jahrgangsstufe neun, nachdem sie im Unterricht die Comic-Novelle „Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus“ von Art Spiegelman gelesen hatten.

Diese erzählt die Erlebnisse des jüdischen Polen Wladek Spiegelman während des Zweiten Weltkriegs – Verfolgung, Enteignung, Verlust und Ausbeutung in Auschwitz, das sind die Motive. Fortan trafen sich die Jugendlichen wöchentlich, um die Geschichte Waldbröls in der Zeit der Nazi-Herrschaft aufzuarbeiten.

Mit Hilfe des Stadarchivs

Mit Hilfe des Stadtarchivs, von Bürgermeisterin Larissa Weber sowie einiger Waldbrölerinnen und Waldbröler recherchierte die Gruppe die Schicksale der jüdischen Familien Bettelheiser, Salomon und Elias ebenso wie das brutale Wirken der Nationalsozialisten in der Stadt und der Nachbarschaft.

Doch auch das Geschehen in der aktuellen Politik haben die Jugendlichen nach Auskunft von Sprecher Dohm nicht aus den Augen gelassen: „Sie haben die Wahlergebnisse in Waldbröl unter die Lupe genommen und sich gefragt, ob die Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen und demokratiefeindliche Strukturen auch heute Wählerstimmen erhalten“, führt Dohm aus.

Wanderaustellung mit QR-Code

Um die Ergebnisse ihr Forschungen vielen Menschen zugänglich zu machen, entwickelte die Gruppe dann eine Wanderausstellung, die mit QR-Codes versehen ist. Entstanden sind drei Figuren von Mäusen und die einer Katze aus Stahl – in Anlehnung an die Geschichte Spiegelmans. Geschaffen – also in Form geflext – haben diese fünf Schülerinnen und Schüler mit tatkräftiger Unterstützung eines Nümbrechter Handwerksbetriebs.

Film zur nie entstandenen Adolf-Hitler-Schule

Zudem entstanden sind ein Film zum nie ausgeführten Bau der Adolf-Hitler-Schule, ein Podcast zu Robert Ley, ein Interview mit Bürgermeisterin Weber und ein Schaubild mit einem Vergleich der Parteiprogramme von AfD und NSDAP. Auch hat die Gruppe eine kostenlose App, den „Biparcours“, gestaltet: Diese führt in die Geschichte jüdischen Familien und zu ihren Häusern.

Ihre Schicksale werden dargestellt, es gilt Fragen zu beantworten, Aufgaben zu lösen. So wurde in Waldbröl auch die Familie Bettelheiser 1938 Opfer der nächtlichen November-Pogrome: Die Nazis zerstörten das Schaufenster ihres Geschäftes und misshandelten den Besitzer auf offener Straße. Andreas Dohm: „Obwohl es Zeugen gab, wurden die Täter damals nie ausfindig gemacht.“

Einladung nach Berlin als Lohn für die Arbeit

Eine Einladung nach Berlin ist nun der Lohn für diese Arbeit gewesen. In der Hauptstadt haben fünf Mitglieder der Arbeitsgruppe unter anderem das Jüdische Museum sowie das Holocaust- und das Porajmos-Mahnmal besichtigt. Bei einem Festakt im Max-Liebermann-Haus haben die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die jungen Leute schließlich empfangen und ihr Projekt gewürdigt.

„Nach der Ehrung fand ein reger Austausch mit den Laudatoren statt“, berichtet Schulsprecher Andreas Dohm. „Dabei dankte Margot Friedländer den Schülerinnen und Schülern nochmals für ihr Engagement und mahnte, wie wichtig es ist, sich für die Menschlichkeit zu engagieren.“ Und kurzerhand habe die Schülerin Alisa Beumer Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nach Waldbröl zu einem Besuch der Ausstellung eingeladen. „Bas sicherte zu, die Einladung gerne anzunehmen und ihr Heimat-Bundesland zu besuchen, um sich die Wanderausstellung anzusehen.“


Die Beteiligten

Diese Schülerinnen und Schüler haben die Ausstellung „Von Mäusen und Katzen – Antisemitismus in und um Waldbröl“ und die begleitenden Projekte aus die Beine gestellt: Alisa Beumer, Kai Ekkart, Lasse Faulenbach, Alexandra Fell, Neele Hönscheid, Sidra Hussein, Laureen Ludwig, Leonie Nagel, Luisa Reifenrath, Dalibor Salamun, Torben Schumacher und Jonathan Weitkemper. Die Vorlagen für die Stahlfiguren in der Schau hat Burak Altinel aus der Jahrgangsstufe Q2 entworfen.