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18.000 Euro Beute in KölnTelefonbetrüger versetzen 75-Jährige in Panik

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Betrüger tricksen Senioren am Telefon aus (Symbolbild)

  1. Eine Woche vorher hat die Rentnerin ihren Mann verloren.
  2. Die Betrüger kennen die Todesanzeige und nutzen das aus.
  3. Eine fragwürdige Rolle spielt in dieser Geschichte auch die Bank.

Köln – Vor vier Wochen starb ihr Mann, Angelika Sonntag (Name geändert) hat ihn bis zu seinem Tod gepflegt. Doch das, was die Rentnerin als „die schlimmsten zwei Stunden meines Lebens“ beschreibt, geschah genau sechs Tage später. Trickbetrüger ängstigten die 75-Jährige massiv, setzten sie psychisch unter Druck und nahmen der Rentnerin in Köln schließlich 18.000 Euro ab. Eine fragwürdige Rolle spielt in dieser Geschichte auch die Bank, bei der Angelika Sonntag seit über 60 Jahren Kundin ist – und die die Tat möglicherweise im letzten Moment noch hätte verhindern können, es aber nicht tat.

Der 15. August ist ein heißer Sommertag. Es ist kurz nach 13 Uhr, als bei Angelika Sonntag im Bergischen das Telefon klingelt. Zwei Tage zuvor stand die Todesanzeige ihres Mannes in der Zeitung. Die 75-Jährige hebt ab. Eine Frau schluchzt verzweifelt in den Hörer: „Mama, ich habe einen Unfall gebaut.“ Sonntag ist sich sofort sicher, dass es Henrike ist, ihre Tochter. Ein Mann ergreift das Wort, er behauptet, er sei Polizist. Man habe Henrike festgenommen, nachdem sie auf der Venloer Straße in Köln mit dem Auto eine schwangere Frau umgefahren habe und geflüchtet sei. Die Schwangere schwebe in Lebensgefahr. „Ich verfielt direkt in eine Art Schockstarre“, erinnert sich Angelika Sonntag.

Betrüger kannten Todesanzeige aus der Zeitung

Henrike, fuhr der angebliche Polizist fort, habe erwähnt, dass ihr Vater in ein paar Tagen beerdigt werde. Das stimmt, der Täter muss die Todesanzeige in der Zeitung gelesen haben. Er bietet Angelika Sonntag an, ihre Tochter gegen eine hohe Kaution freizulassen – ausnahmsweise, damit sie bei der Beerdigung dabei sein könne. Aber das Geld müsse noch heute hinterlegt werden. Die 75-Jährige bitte, ihre Tochter noch einmal sprechen zu dürfen. Das gehe nicht, antwortet der Betrüger: „Sie ist gerade kollabiert.“

Sonntag fährt sofort zu ihrer Hausbank, der VR Bank eG Bergisch Gladbach-Leverkusen, und zieht 2000 Euro am Automaten. Sie sei „völlig fertig“, gewesen, sagt sie heute. Ihr Handy solle sie die ganze Zeit über bei sich tragen und eingeschaltet lassen, verlangt der Anrufer. Es ist ein Trick, um zu verhindern, dass Sonntag sich besinnen und ihre Tochter anrufen könnte, dann flöge der Betrug auf. Am Schalter erhält Sonntag weitere 9000 Euro in bar. So viel Geld hat sie in 60 Jahren noch nie auf einmal abgehoben. Doch die Kassiererin wird offenbar nicht stutzig, fragt stattdessen nach der gewünschten Stückelung. „Egal“, antwortet Sonntag, „es muss nur schnell gehen.“ Sie erhält das Geld.

Täter lotsen 75-Jährige übers Handy im Auto nach Köln

Übers Handy lotst der falsche Polizist die 75-Jährige mit ihrem Auto nach Köln zum Oberlandesgericht am Reichensperger Platz. „Ich habe nur noch funktioniert, ich hatte die ganze Zeit nur mein Kind vor Augen“, sagt die Rentnerin. Insgesamt 18.000 Euro Bargeld und Schmuck übergibt sie vor dem Gebäude einer Frau, die sich als Gerichtsmitarbeiterin ausgibt. Henrike, behauptet der Mann am Telefon, werde gleich freigelassen. Dann beendet er das Gespräch mit dem Satz: „Jetzt habe ich extra für Sie noch eine Überstunde gemacht, aber ich bin ja froh, wenn ich Ihnen und Ihrer Tochter helfen konnte.“

Als Henrike nicht auftaucht, ahnt Angelika Sonntag, dass sie betrogen wurde. Sie ruft die Polizei, und sie erreicht Henrike am Telefon. Völlig aufgelöst habe ihre Mutter geklungen, erinnert sich Henrike Sonntag. Ihre Mutter sei grundsätzlich eine sehr vorsichtige Person. „Ich hätte nie geglaubt, dass ihr so etwas passieren könnte.“ Die 75-Jährige selbst hat nur eine Erklärung dafür: „Ich dachte wirklich, das am Telefon war meine Tochter.“ Von diesem Moment an sei sie wie im Tunnel gewesen.

Henrike Sonntag versteht nicht, warum die Bankmitarbeiterin nicht misstrauisch wurde, warum sie ihre Mutter nicht wenigstens gefragt hat, wofür sie so schnell so viel Geld brauchte. „Dann hätte ich vielleicht meine Fassung verloren und in der Bank alles erzählt“, sagt Angelika Sonntag heute.

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Fest steht: Auch wenn immer wieder Senioren auf diese Masche hereinfallen – sie ist seit Jahren bekannt. Medien berichten fast täglich darüber, manche Banken warnen ihre Kunden auf der eigenen Homepage davor. In Köln schult die Polizei Bankbeschäftigte systematisch darin, Betrug zu erkennen. Erst vor zwei Wochen etwa verhinderte die Mitarbeiterin einer Bankfiliale im Görlinger Zentrum in Bocklemünd mit klugen Nachfragen, dass eine 84-jährige Frau ihre gesamten Ersparnisse abhob – auch sie war auf die Kautionsmasche hereingefallen.

Sogar die VR Bank betont auf Nachfrage, man unternehme „große Anstrengungen“ in der Betrugsprävention und informiere die Kolleginnen und Kollegen „immer wieder über die aktuellen Methoden“. Man habe auch schon Betrugsfälle vereitelt. Aber ein Restrisiko lasse sich nicht ausschließen. Der Fall von Angelika Sonntag sei „sehr bedauerlich“. Weitere Fragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“, etwa ob auch die betreffende Kassiererin geschult war, welche Konsequenzen die Bank aus dem Vorfall ziehe, ob sie eigene Fehler erkenne oder ob man daran denke, Angelika Sonntag zu entschädigen, bleiben unbeantwortet. Henrike Sonntag sagt, sie sei „sehr enttäuscht“. Sie habe den Eindruck, die Bank wälze die gesamte Schuld auf ihre Mutter ab. „Damit machen sie es sich in meinen Augen sehr leicht.“

Rechtslage ist nicht eindeutig

Die Rechtslage indes ist nicht eindeutig. Grundsätzlich gilt: Wer eine Auszahlung von seinem Konto wünscht, dem darf die Bank das nicht verweigern. Eine Schadensersatzpflicht besteht nur dann, wenn Geld an eine Person ausgezahlt wird, die nicht geschäftsfähig ist. Angelika Sonntag stand zum Zeitpunkt der Abhebung unter erheblichem emotionalen Druck – wenngleich die Bank ihrer Tochter gegenüber später mitteilte, man habe ihrer Mutter weder Stress noch Unruhe angemerkt. Henrike Sonntag hält diese Aussage für wenig glaubhaft.

Noch immer sei die Hauptsache, sagt Angelika Sonntag, dass ihrer Tochter nichts zugestoßen sei. Neben dem finanziellen Schaden belasteten die 75-Jährige vor allem die seelischen Folgen. Fremden Menschen sei sie immer freundlich und offen begegnet, und nun überwiegen Skepsis und Misstrauen. „Das ist schade“, sagt Sonntag. „So wollte ich nie sein.“