Punk-Rock und Tischtennis in EhrenfeldDer Sonic Ballroom trotzt der Gentrifizierung
Ehrenfeld – Underground, Werkstatt, Ruine – in den vergangenen Jahren musste die Ehrenfelder Musik- und Clubszene so manch schweren Verlust verkraften. Viele Kultläden zu Füßen des Helios-Turmes wichen schicken Neubauten, der alte, morbide Charme des Veedels droht den Zeichen der Zeit anheim zu fallen.
Doch während über dem ehemaligen Industrieareal zwischen dem Melatengürtel und der Oskar-Jäger-Straße die Geier der Gentrifizierung kreisen, hat sich mit dem Sonic Ballroom ein gallisches Dorf der Gegenkultur erhalten. Seit mehr als 20 Jahren veranstalten Roman Pauels, Antje Buchhorn und Chris Linder hier Parties und Konzerte, bei denen es zumeist laut, punkig und handfest zur Sache geht.
„Hier kommst du nicht rein“
Die Fassade des Ballrooms ist mit Aufklebern und Graffiti übersät, der Biergarten des Clubs liegt hinter einer Mauer samt Natodraht: „Hier kommst du nicht rein“, scheint dieser der Gentrifizierung sagen zu sollen, die vor der Tür so allgegenwärtig ist. Bevor der Sonic Ballroom 1999 in die Location auf der Oskar-Jäger-Straße einzog, beherbergte das Gebäude den Jägerhof, eine kleine Eckkneipe, wie es sie einst zahlreich in Ehrenfeld gegeben hat.
Zusammen mit einem Freund übernahm Roman Pauels den Laden, renovierte ihn, baute ihn um und schuf eine der bekanntesten Locations im Veedel: „Der erste Pachtvertrag lief auf fünf Jahre und das war damals schon eine halbe Ewigkeit“, erzählt Roman, „dass es den Sonic Ballroom so lange geben wird, hätte ich nicht gedacht.“ Die beiden Dekaden, die der Club nun schon durch- und überlebt hat, haben dabei ihre Spuren hinterlassen.
Regulärer Barbetrieb wurde eingestellt
Durch den anhaltenden Wandel des Veedels hat sich schließlich auch für den Sonic Ballroom einiges geändert. Gab es hier zu Beginn noch einen regulären Barbetrieb, hat die Location jetzt nur noch zu den Veranstaltungen geöffnet – mit dem Wegfall der örtlichen Clubkultur bleibt eben die Laufkundschaft aus:
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„Man kommt sich vor, als betreibe man das letzte Motel am Ende der Straße“, sagt Antje Buchhorn, die seit der ersten Stunde hinter der Theke steht und seit 2003 auch als Geschäftsführerin des Sonic Ballroom fungiert. Glücklicherweise aber finden in dem Club viele Veranstaltungen statt, sehr viele.
Fünf Konzerte pro Woche im Sonic Ballroom
Fünf Konzerte die Woche organisieren die drei Betreiber, die Bands kommen aus der ganzen Welt, um hier auf ihren Touren einen Stop einzulegen: „Wir legen großen Wert auf die Förderung neuer Bands“, sagt Roman, „es geht uns darum, die Musikerinnen und Musiker gut zu behandeln, ob bekannt oder nicht.“
Um im Sonic Ballroom aufzutreten, müssen die Bands daher nichts bezahlen, wie das sonst häufig der Fall ist – zudem können sie in einer Wohnung über dem Veranstaltungsort schlafen und ihre Wäsche waschen: „Oft wissen wir selbst gar nicht genau, was uns bei den Konzerten erwartet – dann ist man überrascht und denkt sich: Das ist ja der Hammer“, erklärt Antje.
Tischtennis-Saison von Mai bis Oktober
Nach den Konzerten wird an den Wochenenden dann noch gefeiert, oft bis in die Morgenstunden – freitags läuft Punkrock, samstags Sixties- und Garage-Rock, aber auch alles eher „Underground-Kram“, sagt Roman.
Von Mai bis Oktober ist im Sonic Ballroom zudem Tischtennis-Saison. Jeden Sonntag von 15 bis 20 Uhr kann man dann im Biergarten die Bälle über die Platte hauen, beim Ping-Pong Musik hören und das Wochenende bei einem Bier ausklingen lassen.
Die Getränkeauswahl passt dabei übrigens zur Musik und ist bewusst simpel und effektiv gehalten: „Es gibt Kölsch vom Fass, Flaschenbiere und diverse Schnäpse – keine Cocktails, keinen Chai Latte und nichts zu essen“, erklärt Antje etwas amüsiert. Ausgefallene Drinks braucht es im Sonic Ballroom aber auch nicht.
Mehrere Auszeichnungen für den Sonic Ballroom
Wer hier hingeht, ist nicht auf der Suche nach einem Crémant mit Pfirsichnektar, sondern will laute Musik, ein Bier und vielleicht einen Schnaps in authentischer Atmosphäre. Und dass der Sonic Ballroom dafür genau die richtige Adresse ist, lässt sich nicht bestreiten – schließlich wurde er sogar schon mehrfach ausgezeichnet. Beispielsweise mit dem Spielstättenpreis für herausragende Livemusikprogramme. 2017 und 2018 gleich zweimal hintereinander. Abgehoben ist er dadurch aber nicht.