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50. JahrestagAls Kennedy im Dom kniete

Lesezeit 4 Minuten

Am 23. Juni 1963 besuchte John F. Kennedy Köln

Köln – Je näher die Kolonne kommt, desto größer werden die Menschenmassen. Dem Umjubelten fällt es offensichtlich schwer zu entscheiden, auf welcher Straßenseite er zuerst winken soll. Nach kurzem Zögern erhebt er einfach beide Hände und grüßt die begeisterten Menschen rechts wie links. Und schließlich erheben er und sein Gastgeber sich in dem offenen Mercedes 300 und fahren stehend weiter.

„Papa Kennedy“ steht auf einem Schild geschrieben, das zwei Männer im Königsforst hochhalten. Als der US-amerikanische Präsident die Stadtgrenze passiert, läuten die Kirchenglocken. Näher und näher kommt er dem Spanischen Bau des Rathauses, wo er seine Rede halten wird. Die Fahrt wird zu einer „Parade der Herzlichkeit“, hält der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in seiner Ausgabe vom Tag darauf fest. Am Sonntag, dem 23. Juni, jährt sich zum 50. Mal der beschriebene Tag, an dem John F. Kennedy nach Köln kam. Und er fällt wieder auf einen Sonntag.

Wie damals vor 50 Jahren erinnert sich Konrad Adenauer, gleichnamiger Enkel des damaligen deutschen Bundeskanzlers. „Kennedy besuchte mit meinem Großvater sogar die Messe im Dom.“ Auch wenn es keine Fotos davon gibt, wie er hier in der ersten Reihe kniete. Kennedy hatte jegliches Fotografieren im Dom verbieten lassen. Der Moment war für ihn privat.

„Köln sah so ärmlich aus“

Über die große Freitreppe am Südportal habe er die Kathedrale verlassen, so Adenauer. Und der Zeitzeuge spürt noch heute, wie beschämt er war, als er diesen Mann von Welt inmitten seiner immer noch zerstörten Heimatstadt sah: „Da kam dieser strahlende Held, und Köln sah so ärmlich aus.“ Die Ruine von St. Alban. Tief liegende Parkplätze auf Trümmerfeldern. Das alte, historische Rathaus – noch gar nicht wieder aufgebaut. „Das ganze Gebiet zwischen Gürzenich und Rathaus war eigentlich nicht vorzeigbar.“

Der damals 18-jährige Abiturient durfte als Familienmitglied vom Eckzimmer im Spanischen Bau direkt über dem Rednerpult, an dem der US-Präsident gar ein „Kölle alaaf“ ausrief, die Szenerie beobachten. Kennedy weiß die Kölner zu nehmen. Insbesondere als er die Grüße aus Amerika überbringt – und besonders die „der Städte Köln in Minnesota, Köln in New Jersey und Köln sogar in Texas“. Später sah der junge Enkel Adenauer Kennedy sogar durch das Schlüsselloch, „wie er durch das Rathaus geführt wurde“. Die Türen blieben ihm verschlossen. „Doch mein Vater durfte bei dem Empfang mit dabei sein.“ Das Geschenk von Kennedy an ihn bewahrt er bis heute auf. „Eine silberne Dose von Tiffanys.“

Erstaunt sei sein Großvater darüber gewesen, wie beliebt Kennedy unter den Kölnern war. Als Wohltat habe er es empfunden, wie der sehr viel jüngere, braun gebrannte Amerikaner mit dem weißen Taschentuch in der Brusttasche seines grauen Anzugs – den er im ersten Moment seltsam kühl empfangen hatte – ihn als „großen deutschen Kanzler“ betitelte, was noch auf dem Rollfeld das Eis brach. In Wahn – damals Regierungsflughafen der Bundeshauptstadt Bonn – war Kennedy mit militärischen Ehren und 21 Salutschüssen empfangen worden. Adenauer begrüßte ihn als Ersten.

Er bleibt in Erinnerung

Vier Monate später war Adenauer kein Bundeskanzler mehr, einen Monat später war John F. Kennedy tot. Erschossen. Von einem Attentäter. Bundeskanzler-Enkel Konrad Adenauer hört noch die Stimme des Tagesschau-Sprechers, als der um acht Uhr abends deutscher Zeit verkünden musste: Der amerikanische Präsident John F. Kennedy ist tot. „Der ganze Abend war gelaufen. Die Erinnerung an seinen Köln-Besuch war noch so frisch.“ Für Köln und die Kölner bleibt er in Erinnerung. Als charismatischer Held und Hoffnungsträger.

Als erster amtierender US-Präsident, der nach dem Zweiten Weltkrieg Köln besucht hat und von so einnehmendem Wesen war. An der Ecke des Rathausplatzes, wo er seine umjubelte Rede gehalten hatte, wurde wenige Tage nach seinem gewaltsamen Tod eine Gedenkplakette angebracht, die an seine Worte hier erinnert. Kurz darauf, im Dezember, wurde Kölns Promenade vom Rheinpark bis zur Deutzer Werft in Kennedy-Ufer umbenannt.