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Airbnb und Co.Zweckentfremdungs-Verbot ist in Köln praktisch wirkungslos

Lesezeit 4 Minuten

Immer mehr Köln-Besucher wählen private Übernachtungsangebote.

Köln – Wer am Wochenende nach Köln reisen möchte, findet im Netz auf dem Portal Airbnb mehr als 300 Angebote von offiziell privaten Anbietern, in einem Zimmer ihrer Wohnung oder ihres Hauses zu übernachten. In einer fremden Großstadt bei Einheimischen zu wohnen, das hat Internetfirmen wie Airbnb, 9flats oder Wimdu erfolgreich gemacht.

Mehr als 3500 Übernachtungsmöglichkeiten dieser Art gibt es nach Schätzungen von Kölntourismus-Chef Josef Sommer in der Stadt, Tendenz steigend. Einer Studie des Immobilienentwicklers GBI zufolge rangiert Köln im bundesweiten Vergleich auf Platz fünf: hinter Berlin, Leipzig, Hamburg und München. GBI geht für Köln von mehr als 600.000 Übernachtungen in Privatunterkünften aus – gegenüber rund sechs Millionen offiziellen Übernachtungen.

Aber unter die vielen rein privaten Vermieter, die Spaß daran haben, Touristen bei sich aufzunehmen, haben sich seit Jahren immer mehr gewerbliche gemischt. Das Problem: Viele von ihnen zahlen keine Steuern oder Kulturförderabgaben, müssen sich im Gegensatz zu Hotels nicht um Versicherungs- oder Brandschutzfragen kümmern, wie Mathias Johnen vom Hotel- und Gaststättenverband scharf kritisiert.

Zudem entziehen sie Städten Wohnraum, was die Mieten weiter nach oben treibt. Horden Feierwilliger belasten die Nachbarschaft. Besonders betroffen sind in Köln vor allem die Altstadt, die Innenstadt, aber mittlerweile auch Ehrenfeld.

Bislang nur 100 Anzeigen

Auf der ganzen Welt gehen Städte dagegen vor und erlassen sogenannte Zweckentfremdungsverbote, darunter auch deutsche Metropolen wie Berlin, München und auch Köln. Vor rund zwei Jahren beschloss die Stadt die Wiedereinführung einer entsprechenden Satzung. Damit soll die gewerbliche Nutzung privaten Wohnraums beschränkt werden.

Seitdem kann das Amt für Wohnungswesen Hinweisen auf die unerlaubte Nutzung als Ferienwohnungen nachgehen. Es kann Strafen erlassen und dafür sorgen, dass Wohnungen wieder dauerhaft vermietet werden. Soweit die Theorie.

Tatsächlich hat sich die sogenannte Wohnraumschutzsatzung weitgehend als zahnloser Tiger erwiesen. Das zumindest legt die Antwort der Verwaltung auf eine aktuelle Anfrage der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt nahe.

Gerade einmal hundert Fälle von Zweckentfremdung wurden nach Verwaltungsangaben seit Inkrafttreten der Wohnraumschutzsatzung im Jahr 2014 angezeigt – durch aufmerksame Bürger oder auch über die politischen Vertretungen in den Stadtbezirken. Und in nur 30 Fällen wurde die Verwaltung von sich aus aktiv, indem sie Anbieter stichprobenartig auswählte und überprüfte. Davon mussten 54 Fälle sofort wieder eingestellt werden, weil die Nutzung als Ferienwohnung bereits vor dem Stichtag 1. Juli 2014 begonnen hatte.

So wirkt das Verbot in Berlin

Dass die Kölner Satzung nicht rückwirkend gilt, erweist sich immer mehr als Hemmschuh für die konsequente Verfolgung von Zweckentfremdung: Altfälle genießen dadurch Bestandsschutz. In 20 Verfahren wurde die Nutzung beendet und die Wohnung wieder langfristig an Mieter zu Wohnzwecken vergeben. Lediglich gegen vier Eigentümer wurden wegen Zweckentfremdung Bußgelder von insgesamt 30.000 Euro verhängt. Doch auch die sind noch nicht rechtsgültig, weil die Eigentümer Widerspruch eingelegt haben.

Immer mehr Köln-Besucher wählen private Übernachtungsangebote.

Die Verwaltung selbst will eine Bewertung der Zahlen derzeit noch nicht vornehmen. Es sei vereinbart, nach zwei Jahren eine Evaluation vorzunehmen, hieß es auf Anfrage beim Wohnungsamt. Dies werde erst nach der Sommerpause geschehen. Ob die Stadt angesichts der überschaubaren Erfolge über eine Nachbesserung des Gesetzes – etwa in Form einer Verschärfung – nachdenkt, bleibt damit zunächst offen.

Wie diese aussehen könnte, lässt sich am Beispiel Berlin studieren, wo es zwischen 15.000 und 23.000 Ferienunterkünfte in Privatwohnungen gibt. Seit Mai 2014 gilt dort ein besonders rigoroses Zweckentfremdungsverbot, das kürzlich sogar nochmals verschärft wurde.

Ausnahmegenehmigungen wurden nach Angaben der Senatsverwaltung lediglich in rund 90 Fällen erteilt. Wohnungsvermittlungsportale müssen den Bezirksämtern auf Verlangen Auskunft über die Anbieter von Ferienwohnungen geben. Über ein Online-Formular können Bürger Verstöße melden. Die Höchstgrenze für Bußgelder liegt bei 100.000 Euro und damit doppelt so hoch wie in Köln.

Zusätzlich hat der Senat auch personell nachgerüstet. Zu den bestehenden 34 Stellen seien jüngst 30 weitere Stellen bereit gestellt worden. Auch hier zeigt sich ein entscheidender Unterschied zu Köln – hier kümmern sich lediglich sieben Mitarbeiter um das Thema. „Die haben aber auch noch andere Aufgaben“, bemängelt Michael Weisenstein von den Linken.

„Die Personalstärke ist entscheidend, um das Thema offensiv anzugehen“, so Weisenstein. „Für uns war die Einführung des Zweckentfremdungsverbotes trotzdem schon mal ein richtiger Schritt“, sagt Jürgen Becher vom Kölner Mieterverein. Seither habe sich die Zahl der Beschwerden von Nachbarn deutlich verringert.