Nach Tod von Mutter und BabyApotheke in Köln-Longerich hat Dienstag normal geöffnet
Köln-Longerich – Es ist normalerweise ein Routinevorgang während einer Schwangerschaft: Um eine mögliche Schwangerschaftsdiabetes zu diagnostizieren, wird ein so genannter Glukosetoleranztest durchgeführt. Für eine 28 Jahre alte Frau endete dieser Test jetzt tödlich – und für ihr Baby ebenfalls. Die beiden starben, wie am Montagabend bekannt wurde, bereits in der vergangenen Woche. Das Baby war zuvor per Notkaiserschnitt geboren worden. Die Polizei geht davon aus, dass ein verunreinigtes Glukosegemisch den Tod der beiden verursacht hat. Bei einer weiteren Patientin, die das gleiche Gemisch einnahm, traten ebenfalls Komplikationen auf. Sie brach die Einnahme ab und überlebte.
Weitere Präparate im Umlauf
Wie Polizei und Stadt Köln gemeinsam mitteilten, stammen die Präparate aus einer Apotheke im Kölner Norden, der Heilig-Geist-Apotheke an der Grasegger Straße in Longerich. Es ist nach Angaben der Behörden nicht ausgeschlossen, dass in dieser Apotheke noch weitere verunreinigte Glukosepräparate ausgehändigt wurden. „Wer entsprechende Präparate in seinem Besitz hat, wird dringend aufgefordert, diese bei der nächsten Polizeiwache abzugeben“, teilte die Polizei mit. Es seien nach derzeitigem Ermittlungsstand ausschließlich Arzneimittel betroffen, die in dieser Apotheke hergestellt worden sind.
Was ist Glukose?
Glukose ist der chemische Name für Traubenzucker, ein wichtiger Energieträger aus der Nahrung, der aus dem Darm ins Blut aufgenommen wird – entweder direkt oder nach Spaltung der Nahrungskohlenhydrate durch Darmenzyme. Nach dem Essen ist der Glukose-Spiegel erhöht. Normalerweise sinkt er binnen weniger Stunden wieder, da die Körperzellen die Glukose aus dem Blut aufnehmen. (red)
Ein Arzt hatte die beiden Vorfälle am vergangenen Donnerstag der Polizei gemeldet. Gerichtsmediziner und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes durchsuchten die Apotheke und stellten zusammen mit der Polizei Beweismittel sicher. Eine Mordkommission wurde eingerichtet und übernahm die Ermittlungen. Die Stadt Köln untersagte dem Apotheker, bis zur Klärung des Sachverhalts eigenproduzierte Medikamente zu vertreiben. Die Apotheke hatte am Dienstag zunächst normal ihre Türen geöffnet.
Eine Schwangerschaftsdiabetes wird bei etwa vier von 100 Frauen festgestellt. Die Diagnose erfolgt normalerweise, indem die Schwangeren unter ärztlicher Aufsicht nach einer ersten Blutabnahme eine konzentrierte Glukoselösung, die sie vorher in einer Apotheke geholt haben, einnehmen. Eine Stunde später und dann noch einmal nach zwei Stunden wird erneut Blut abgenommen, um die Höhe des Blutzuckers zu bestimmen.
Die Glukoselösung gibt es als fertiges Präparat, kann aber auch – wie in Longerich – nach Maßgabe eines Arztes individuell abgefüllt werden. Bei einer individuellen Herstellung von Präparaten in einer Apotheke gelten üblicherweise strenge Regeln. Sowohl die Wirkstoffe als auch die verwendeten Mengen werden nach dem Vier-Augen-Prinzip überprüft. Der Hersteller der Grundsubstanz wurde bereits von der zuständigen Bezirksregierung in Düsseldorf überprüft. Dabei habe es bislang keine Auffälligkeiten gegeben, hieß es gestern. Die Ermittlungen konzentrieren sich daher auf die Apotheke in Longerich. Bei einer Pressekonferenz will die Stadt heute weiter über den Vorfall informieren.