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Aus Trotz Englischlehrer geworden

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Nippes – Die Ehemaligentreffen im Nippeser Gymnasium verlaufen meistens nach demselben Muster, so die Erfahrung von Schulleiter Klaus Kombrink: „Am Samstag eine Führung durch das Schulgebäude, anschließend geselliges Beisammensein im Golde Kappes.“ Das sei das übliche Schema F. Diesmal aber war alles anders. Kombrink staunte über diesen Anruf: Hanns-Ullrich Pleger aus Krefeld, der vor 50 Jahren in Nippes sein Abitur ablegte und anlässlich des Goldjubiläums ein Wiedersehenstreffen vorbereitete, fragte an, ob es möglich sei, mit den jetzigen Schülern ins Gespräch zu kommen. Sein Vorschlag: Die Ehemaligen könnten einzelne Klassen besuchen und Erfahrungen und Wissen weitergeben – nach dem Motto „Jung trifft Alt“. „Das war eine komplett andere Herangehensweise“, sagte Kombrink, als er nun die elf ehemaligen Gymnasiasten des Abiturjahrgangs 1968 – heute ältere Herren Ende 60 – in der Aula begrüßte. Damals war das Nippeser Gymnasium Jungen vorbehalten, die Koedukation wurde erst 1982 eingeführt. In den 60er Jahren gehörte es zur Pflicht eines jeden Abiturienten, handschriftlich einen Lebenslauf zu verfassen – mit Nennung des Berufswunsches. Das Dokument verblieb im Besitz der Schule und wurde wie die Abiturklausuren archiviert. Kombrink hatte sich die Mühe gemacht, die Originale herauszusuchen, und händigte sie den ehemaligen Schülern aus, jedoch nur kurzzeitig: „Die muss ich alle wieder einsammeln, die Originale geben wir nicht heraus, man kann sich höchstens eine Kopie machen“, erklärte er. Kopfschüttelnd blätterte Manfred Scholl in seiner Englischklausur: „Es ist kaum etwas rot angestrichen, ich bekam trotzdem nur eine Drei.“ Er habe sich stets von seinem Englischlehrer ungerecht behandelt gefühlt, so Scholl.

Nach dem Schulabschluss sagte er sich: „Jetzt erst recht.“ Und studierte Englisch und Sport, wurde selbst Lehrer. „Unsere Klasse hat allein vier Apotheker hervorgebracht“, wunderte sich Bernd Bormann, den es 1971 zum Pharmaziestudium nach Tübingen verschlug, wo er noch heute lebt. „Die alte Schule wiederzusehen, finde ich interessant, es hat sich gar nicht so viel verändert, nur die Böden sind erneuert.“ Nachdem das obligate Gruppenfoto im Kasten war, ging es in die Klassen. Kombrinks Kollegin Nicole Detemble hatte die Zuteilung vorgenommen und darauf geachtet, dass die Zuordnung möglichst auch thematisch passte. Pleger zum Beispiel, Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, hielt dem Leistungskurs Physik einen Vortrag über professionelle LED-Beleuchtung. Das sei sein Fachgebiet seit vielen Jahren, erzählte er später. „Elektrotechnik war immer mein Hobby, das habe ich dann auch in Aachen studiert.“ Damit sei er typisch für seinen Jahrgang: „Viele haben beruflich umgesetzt, was sie sich vorgenommen hatten.“ Günther Dollmann, von Beruf Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, der zwischen Köln und London pendelt, besuchte eine 10. Klasse, die Heinz Neuhausen gerade in Englisch unterrichtete. Die Begrüßung geschah noch auf Englisch, doch schnell wechselte Dollmann ins Deutsche. „Wir waren eine besondere Klasse, hatten eine starke Verbundenheit, die hat sich bei unserer Abifahrt nach Paris noch einmal verstärkt“, erzählte er. Über fünf Jahrzehnte hinweg habe man kontinuierlich Verbindung gehalten. Eine solche Nähe aufzubauen, sei im heutigen Kurssystem wohl gar nicht mehr möglich.

Die Schüler stellten viele interessierte Fragen, wollten etwa wissen, ob die Lehrer früher streng waren und ob das Abitur im Leben weitergeholfen habe. „Viele Lehrer waren noch vom alten Schlag, rigide, sehr bestimmend, vor allem diejenigen, die noch vor dem Krieg ausgebildet waren“, antwortete Dollmann. Hin und wieder setzte es „auch mal ein paar Watschen“. Das Abitur abzulegen, habe sich gelohnt: „Das Gymnasium hat uns gut aufs Leben vorbereitet, wir bekamen umfassende Allgemeinbildung vermittelt.“ Die 60er Jahre seien eine spannende Zeit gewesen: „Am Mythos der wilden 68er ist was dran, im Musikunterricht haben wir zum Beispiel die Beatles durchgenommen, auch wir wurden rebellisch, man spürte, es findet eine Zeitenwende statt.“

Manfred Scholl über seine Abi-Englischklausur