Die Gesamtschule Chorweiler beteiligt sich seit Jahren an „Jugend debattiert“ – statt Lautstärke zählt hier die überzeugende Argumentation.
Streiten will gelernt seinSchüler aus Chorweiler nehmen am Wettbewerb „Jugend debattiert“ teil

Von rechts nach links: Vanessa, Viola, Nikita und Lia steht jeweils der gleiche Redeanteil zur Verfügung, also müssen sie ihre Argumentation gut vorbereiten.
Copyright: Christopher Dröge
Beim Thema „Gruppenarbeiten in der Schule“ erinnern sich viele an rat- bis lustlos verplemperte Stunden und unfair verteilten Arbeitsaufwand, wenn kurz vor Ende ein bis zwei Motivierte den Großteil der Aufgaben übernehmen. Das ist möglicherweise auch der Grund, warum sich unter den Schülern im Freizeitzentrum der Heinrich-Böll-Gesamtschule (HBG) kaum eine Hand hebt, als Deutschlehrer Tobias Becker die Frage ans Publikum richtet, wer der These „Gruppenleistungen sollten bei der Notengebung gegenüber Einzelleistungen stärker gewichtet werden“, zustimmen würde.
Schulfinale von ‚Jugend debattiert‘: Pro und Contra Gruppenarbeiten
Die ist nämlich das Thema des diesjährigen Schulfinales von „Jugend debattiert“, einem Wettbewerb, an dem die HBG bereits seit 2015 teilnimmt und der sowohl Argumentationsfähigkeit als auch Meinungs- und Persönlichkeitsbildung der Schüler fördern soll. Dabei debattieren zwei Teams aus je zwei Schülern über ein vorgegebenes Thema – ein Team nimmt die Pro-Seite ein, das andere die Contra-Position, wobei diese nicht ihren persönlichen Meinungen entsprechen müssen. Die Redezeiten sind jeweils genau festgelegt.
Die Pro-Argumentation übernehmen in diesem Jahr Vanessa und Viola. Sie finden viele Argumente, die für eine stärkere Gewichtung von Gruppenarbeiten sprechen: So würden diese die Kommunikations-, Team- und Konfliktfähigkeiten der Schüler fördern – „Stärken, die vor allem im Berufsleben wichtig sind, wo viele Aufgaben im Team bearbeitet werden“, wie Viola sagt. Auch das Klassenklima werde gestärkt, meint Vanessa, da sich die Schüler durch intensive Kommunikation besser kennenlernen würden.
Lia und Nikita nehmen die Gegenposition ein. Nikita erinnert daran, wie Gruppenarbeiten in der Realität meist ablaufen: „Es ist frustrierend, wenn die Hälfte der Leute in einer Gruppe nicht mitmacht“, sagt er. Die Bewertung von Einzelleistungen sei gerechter, fügt Lia hinzu, weil nur so das tatsächliche Wissen und die Fähigkeiten von Schülern beurteilt werden könnten. Beide sorgen sich außerdem um die Introvertierten unter den Schülern, die ihrer Argumentation nach etliche Nachteile hätten, da ihnen soziale Interaktion deutlich schwerer falle. „Teamfähigkeiten lassen sich auch stärken, ohne dass man sie extra benotet“, zeigt sich Lia überzeugt.
Die Fähigkeit zum Debattieren nutzt den Teilnehmern jedenfalls definitiv nicht nur im Unterricht, so die Erfahrung von Tobias Becker. „Auch in ihren Familien können sie beim Abendessen auf einmal ganz anders argumentieren, berichten mir die Schüler immer wieder“, sagt er. Becker hatte zuvor den dreitägigen Workshop angeleitet, aus dem die Teilnehmer hervorgingen.
Letztlich überzeugen vor allem Vanessa und Lia die vierköpfige Jury: Als Erst- und Zweitplatzierte werden sie ihre Schule bei der Regionalrunde vertreten, die am Georg-Büchner-Gymnasium in Weiden stattfinden wird.