Zum WeltbienentagWie Sie einen insektenfreundlichen Garten gestalten
- Zum Weltbienentag geben wir Tipps, wie Sie den eigenen Garten insektenfreundlich machen und erklären, warum Samentütchen dafür nicht ausreichen.
- Unsere Anleitung für die perfekte Blumenwiese.
Um die Menschheit regelmäßig an die Bedeutung der Bienen zu erinnern, haben die Vereinten Nationen den 20. Mai als Weltbienentag ausgerufen. Zu diesem Anlass gibt unsere Garten-Expertin Tipps, rund um einen bienenfreundlichen Garten, damit es überall kräftig summt und erklärt warum die meisten Samentütchen hierfür nicht reichen.
Ein Blütenmeer in Orange, Gelb und Lila verspricht das Samentütchen. Ringel- und Sonnenblumen sowie Phacelia, die Bienenweide, sind darin. Aber auch Kornblumen und Klatschmohn, Borretsch, Luzerne, Natternkopf und Inkarnatklee. Eine Mischung, die das Beet im Sommer nicht nur in eine bunte, sondern auch vor Insekten summende Fläche verwandeln soll. Bienenfutter, Hummelglück, Insektenmagnet, Nützlingsweide oder Honigmacher heißen solche Tütchen und werden gerne gekauft – und gesät. Denn sie vermitteln das Gefühl, der Natur, etwas Gutes zu tun: Nicht immer nur reden über das Insektensterben, sondern tatsächlich aktiv werden für die Bienen und andere Sechsbeiner im Garten. Und in der Tat: Jedes zusätzliche Kraut, das Nektar bietet, ist hilfreich.
Was bringen Samentütchen?
Möglicherweise wird aber zu viel erwartet von den Samenmischungen. Denn das, was sie optisch versprechen, halten sie in den meisten Fällen nicht – oder nicht sofort oder nur über einen kurzen Zeitraum. „Viele glauben, dass aus solchen Samentütchen blühende Landschaften entstehen“, sagt Baumschulinhaber Oliver Fink. „Aber da kommt selten etwas heraus, das so aussieht wie auf dem Bild. Dann ist die Enttäuschung da.“ Denn ganz so einfach ist es nicht. Vor allem Geduld ist gefragt.
Einjährige, zwei- oder mehrjährige Pflanzen?
Viele der Pflanzen, an denen nicht nur Bienen, sondern auch Schwebfliegen und manche Käfer sich laben, sind zwei- oder mehrjährig. Das heißt, im ersten Jahr werden zwar Ringel- und Sonnenblumen schnell groß. Doch die Wilde Malve oder die Wiesen-Glockenblume machen erstmal nur ein paar grüne Blätter. Sie starten dann im zweiten Jahr durch, wenn die Ringelblume aus den Samen heranwächst, die sie am Ende dieses Sommers fallen gelassen hat. Und die Sonnenblume möglicherweise gar nicht, wenn sie nicht neu ausgesät wurde.
So machen Sie den Garten insektenfreundlich
Aber mit den Tütchen, so populär sie momentan zu sein scheinen, sind die Möglichkeiten längst nicht erschöpft, den Garten insektenfreundlicher zu gestalten. Es kann gepflanzt werden – Staude, Strauch oder Baum, es kann geschlampt werden – einfach mal die Wildkräuter wachsen und den toten Baumstamm liegen lassen. „Meist hilft es schon, einfach mal rumzuschmuddeln“, sagt Ralf Jung, Pflanzenschutzexperte bei der Landwirtschaftskammer NRW in Köln-Auweiler.
Brennesseln stehen lassen
In einer wilden Gartenecke die Brennnesseln stehen zu lassen und zu schauen, was dort alles so auftaucht. „Es geht ja erstmal darum zu verstehen, dass nicht alles, was im Garten kreucht und fleucht, igitt ist.“ Insekten, möglichst viele verschiedene, sollten willkommen sein, und für sie kann man überall etwas tun – vom Balkon bis zum parkähnlichen Garten.
Nektar und Pollen alleine reichen nicht
Dabei ist es mit Nektar und Pollen alleine nicht getan. Je vielfältiger ein Grundstück ist, desto mehr Tiere werden sich wohlfühlen. Bisher standen vor allem die Honigbienen im Mittelpunkt, doch sie sind meist schon ganz gut versorgt. Viele der Wildbienen jedoch benötigen außer Nahrung auch Totholz, Sand oder Mauerritzen. Wollbienen zum Beispiel brauchen weiche Pflanzenfasern zum Nisten, wie die des Wollziests.
Was noch ökologisch wertvoll ist im Garten
Käfer, die unbekannten, aber höchst wichtigen Wesen im Garten, ziehen sich Schmuddelecken wie Laub- oder Holzhaufen zurück. Gerade totes Holz – das alles andere als tot ist – ist ökologisch wertvoll. Die Larven vieler Käferarten, aber auch manche Spinnen leben unter der Borke. Im Schutz eines Holzhaufens findet vielleicht sogar Igel und Eidechsen Unterschlupf. Keine Angst also vor unansehnlichen Ecken. Insekten führen ihr ganz eigenes Leben mit vielerlei Beziehungen untereinander, die sich auf den ersten Blick kaum erahnen lassen. Manche Bläulingsfalter lassen ihre Raupen von Ameisen durch den Winter bringen, sie tauchen also nur dort auf, wo auch die richtigen Ameisen wohnen.
Viele solcher Beziehungen können sich Gärtner zunutze machen: Schlupfwespen leben räuberisch – sie beseitigen unerwünschte Mitbewohner, indem sie sie fressen. Nicht nur Marienkäfer, auch die Larven der Florfliegen ernähren sich von Blattläusen – bis zu 500 verspeist jede in ihrem Leben. Wer den Garten für solche Nützlinge interessant macht, kann darauf hoffen, dass sich bald ein Gleichgewicht einstellt und gärtnerisch nicht mehr gegen Schädlinge vorgegangen zu werden braucht.
Nisthilfe für Insekten
Viele Insekten brauchen hohle Stängel und kleine Löcher, um zu nisten. Da der Garten das meist nicht her gibt, kann ein Insektenhotel helfen. „Da ist ratzfatz Leben drin“, hat Ralf Jung beobachtet. Um den Tieren einen Unterschlupf zu bieten, reicht schon eine Dose mit hohlen Bambusröhrchen, die im Halbschatten aufgehängt wird. Wer ein anspruchsvolleres „Hotel“ kaufen möchte, sollte auf die Qualität achten. „Wenn es aus Fichte oder Kiefer ist, ist das Holz stark harzig und es wird weniger besiedelt als eines aus Hartholz.“
Tipps fürs Insektenhotel
Generell gilt: Das Holz muss abgelagert und trocken sein, damit es nicht aufspringt und Feuchtigkeit eindringen kann. Bohrlöcher sollten keinen ausgefransten Rand haben und auch innen möglichst glatt sein. Erst ab einer bestimmten Tiefe – etwa Bohrerlänge – werden sie genutzt, die Bienen legen darin mehrere Kammern hintereinander an. Auf der Rückseite müssen die Löcher verschlossen sein. Manche Ziegel oder Backsteine eignen sich, andere werden nicht angenommen. Um zu verhindern, dass Vögel die Brut herauspicken, ist ein Drahtgeflecht sinnvoll, das mit einigen Zentimetern Abstand vor dem Insektenhotel angebracht wird.
Die Nisthilfe darf aber nicht der prallen Sonne oder dem Regen ausgesetzt werden, sondern am besten an einer dem Wetter abgewandten Wand, wo sie dauerhaft hängen bleiben kann.
Die richtigen Pflanzen im Garten
Pflanzen, von denen die Insekten leben, können auch gepflanzt werden anstatt gesät. Stauden und Gehölze im Topf lassen sich jederzeit in den Garten setzen, es sei denn, es herrscht große Sommerhitze oder der Boden ist gefroren. „Jede Pflanze ist besser als keine Pflanze“, sagt Oliver Fink. „Alles was wächst und grün ist, hat einen ökologischen Wert – im Gegensatz zu einem Kies-Vorgarten.“ Allerdings rät der Experte dazu, nicht zu verkrampfen, und um jeden Preis eine Bienen-Pflanze in den Garten holen zu wollen, nur weil der Nachbar sonst eventuell Schlechtes denken könnte.
Blumen für jeden Standort:
- Für sonnige Standorte: Duftnesseln, Echtes Seifenkraut, Steinquendel, Bartblume, Storchschnabel, Ysop, Lavendel, Katzenminze, Fetthenne, Thymian
- Für Halbschatten: Akelei, Buschwindröschen, Lerchensporn, Leberblümchen, Waldmeister, Fingerhut, Frühlingsplatterbse, Sterndolde, Waldaster, Geißbart, Lungenkraut, Blaustern und Mondviole
- Für feuchte Gartenecken: Engelwurz, Mädesüß, Blutweiderich, Indianernessel, Stauden-Ehrenpreis und Wasserdost
- Bei ganz wenig Platz im Topf: Schmuckkörbchen, Spinnenblumen, Tagetes, Zinnien, Duftwicken und Kornblumen
- Wenn mehr Platz ist: Felsenbirne, Pfaffenhütchen, Kornelkirsche, Blut-Johannisbeere, ungefüllte Rosen, Schwarzer Holunder, Mahonien, Weißdorn und Gemeiner Schneeball
- Gehölze: Feldahorn, Kastanie, Quitte, Bienenbaum (Euodia hupehensis), Schnur-Baum, Winter-Linde, Trauben-Kirsche, Sal-Weide, Pimpernuss
Bienenfreundliche Bäume
Denn wenn das Herz an einer gefüllten Rose hängt, ist sie natürlich erlaubt. „Der Amberbaum zum Beispiel hat zunächst einmal keinen riesengroßen ökologischen Wert, aber einen sehr großen ästhetischen und optischen“, sagt Fink. „Und wenn er dann mal groß ist, nisten die Vögel darin.“ Ist aber tatsächlich Platz für ein Bienen-Gehölz, empfiehlt der Fachmann die Honigesche (Euodia hupehensis) oder den Schnurbaum (Sophora japonica), der sehr spät im Jahr blüht und den Tieren dann noch viel Nahrung bietet. Bei der Auswahl der Pflanzen für ein Staudenbeet ist es gut zu wissen, welche Tiere von welcher Art Gewächs profitieren.
Stauden für Bienen
Bei Pflanzen mit Dolden wie der Wiesenkerbel sind Pollen und Nektar einfach zugänglich. Hier finden Schwebfliegen und Weichkäfer ihre Nahrung. Blüten mit tiefen Rachen wie Salbei-Arten sind eher für Hummeln interessant, die einen langen Rüssel haben und mit ihrem Gewicht die Lippe der Blüte herunterdrücken können. Wollschweber dagegen fliegen gerne auf Rachenblüten wie die des Immergrüns.
Futter für Schmetterlinge
Schmetterlinge benötigen Nektar, in erster Linie aber Futter für ihre Raupen. Kommen diese zu kurz, gibt es auch keine Falter im Garten! Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) ist vor allem als Nektarpflanze interessant, nur wenige der heimischen Raupen interessieren sich aber für die Blätter. Die sonst so ungeliebte Brennnessel dagegen ist wichtige Nahrung für die Raupen von Admiral, Tagpfauenauge, Kleinem Fuchs, Landkärtchen, C-Falter und vielen anderen mehr. Auch Hasel, Liguster, Johannisbeere sind Pflanzen, deren Blätter gerne von Schmetterlings- und Nachtfalterraupen gefressen werden. Geht es um Blühendes, sind Nachtviolen und Nachtkerzen für Nachtfalter interessant, Schleifenblumen für Kohlweißlinge. Der Kleine Fuchs fliegt gerne auf Blaunesseln und Bartnelken – Blumen, die sowieso schon in vielen Gartenbeeten stehen.
Die zarten Kronwicken bieten Nahrung für Raupen, aber auch Nektar für Bläulingsfalter und Hummeln. Und ganz Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare) zum Beispiel ist ein Allrounder: Nicht nur Bienen und Hummeln, auch Schwebfliegen und Schmetterlinge besuchen seine Blüten gerne. Echter Engelwurz (Angelica archangelica), eine imposante Erscheinung im Garten, kommt ebenfalls vielen Tieren zugute: Die Raupen des Schwalbenschwanzes ernähren sich vom Laub, zahlreiche Schmetterlinge wie Kaisermantel und Segelfalter, aber auch Schwebfliegen, zur Blütezeit vom Nektar.
So legen Sie eine professionelle Blumenwiese an
Wenn der Traum eines kleinen Blumenmeers im Garten da ist, kann eine richtige Wildblumenwiese angelegt werden. Aber das braucht mehr als einfach nur den Rasen wachsen zu lassen oder ein paar Blumen hineinzusäen. Eine Blumenwiese ist ein eigenes System, das sich über Jahre hinweg entwickelt und muss gut vorbereitet werden. „Wenn es gelingen soll, entfernen Sie zunächst den Altbestand“, rät Oliver Fink. Denn für eine solche Wiese ist zunächst mal eine freie Fläche nötig. Der Boden wird umgebrochen, durchgefräst und dann mit einer Saatmischung eingesät.
Bei professionellen Anbietern solcher Samen ist die Auswahl groß und kann genau auf den Standort abgestimmt werden: Die trockene Wiese in voller Sonne braucht andere Pflanzen als die, auf der sich nach dem Regen das Wasser staut. Auf nährstoffreichem Boden wächst anderes als an einem mageren Standort. Auch die Pflege ist wichtig. Wann und wie gemäht werden soll, damit die Pflanzen sich versamen können, hängt von der Art der Wiese ab.
Und schließlich muss geklärt werden: soll oder muss die Mahd liegen bleiben, um die Wiese zu düngen, oder wird sie entfernt, um den Boden abzumagern? Denn die meisten der typischen Pflanzen wie zum Beispiel Wiesensalbei brauchen einen eher nährstoffarmen Standort. Durch die Eutrophierung – die Anreicherung von Nährstoffen aus der Umwelt – werden die Böden jedoch immer reicher. Damit sind sie für viele der Kräuter, die magere Standorte lieben, nicht mehr geeignet. Um die Erde abzumagern, kann über Jahre hinweg die Mahd weggenommen werden, oder es werden Sand oder Schotter eingearbeitet.
Als Alternative oder für den Einstieg kann ausprobiert werden, Gänseblümchen, Wegerich, Klee und Ehrenpreis im Rasen leben und sich ausbreiten zu lassen. So entwickelt sich eine Art Kräuterrasen, der, wenn er nicht so häufig gemäht wird, eine Blütenfülle für die Insekten bietet. Was in den eigenen Garten – und zur Gärtnerpersönlichkeit - passt, kann auf einem kleinen Stückchen Land erst einmal ausprobiert werden. „Denn wenn ich eine Wiese säe, muss ich damit rechnen, dass ich die Wiesenpflanzen dann irgendwann auch im Beet und in jeder Fuge finde“, sagt Oliver Fink. Möglich, dass der Garten bei solch einer Entscheidung einen anderen Charakter bekommt. Dass er hinterher nicht mehr so aufgeräumt und steril ist, sondern viel Spontanes ermöglicht. Der Tierwelt kann es nur recht sein.