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Gewaltprävention in KölnGustav-Heinemann-Schule verliert ihre Sozialarbeiterin

Lesezeit 3 Minuten

Vor vier Jahren trauerten die Schüler der Gustav-Heinemann-Schule um den 14-jährigen Selman.

Seeberg – Zwei Ereignisse haben die Geschichte der Gustav-Heinemann-Schule in den vergangenen zwei Jahren entscheidend geprägt: Erst wurde die Einrichtung mit der aufgelösten Hauptschule Worringen zusammengelegt. Dann kam auf dem Pausenhof ein Schüler bei einer Prügelei gewaltsam zu Tode, der Vorfall ging wochenlang durch die Nachrichten im ganzen Land. Daraufhin stellte die Stadt einem an der Einrichtung bereits arbeitenden Schulsozialarbeiter eine weibliche Fachkraft zur Seite. Doch die soll nach den Sommerferien an einer anderen Schule eingesetzt werden – zum Entsetzen von Schulleitung, Eltern und Schülern. „Damit bricht eine wesentliche Säule unseres Schulprogramms weg“, sagt der stellvertretende Schulleiter Andreas Malm.

Denn die Sozialarbeiterin ist hauptsächlich für Gewaltprävention zuständig. Unter anderem unterrichtet sie in der fünften und sechsten Klasse zwei Stunden pro Woche Sozialtraining. „Ein gravierender Baustein“, wie Malm sagt. Die Jungen und Mädchen lernen, über Gefühle zu sprechen, Gesichtsausdrücke zu interpretieren und Konflikte verbal zu lösen. Außerdem erarbeitet sie Workshops für Mädchen und Freizeitangebote. Gerade weibliche Schüler vertrauen sich der Mitarbeiterin an. „Das alles können wir mit einem Schulsozialarbeiter nicht mehr anbieten“, sagt Malm.

Flüchtlingskinder an der Schule

Hinzu kommt, dass derzeit rund 54 Flüchtlingskinder aus 38 Nationen an der Schule lernen, die ebenfalls Unterstützung brauchen. „Jetzt können wir nur noch an akuten Fällen arbeiten“, klagt Malm. Besonders bitter: Eine im vergangenen Jahr erhobene Qualitätsanalyse der Bezirksregierung Köln habe ergeben, dass sich Schüler in der Einrichtung besonders gut aufgehoben fühlen und einen Ansprechpartner haben. „Und das bricht dann alles weg.“ Auch die Grünen-Fraktion in der Chorweiler Bezirksvertretung kritisiert die Entscheidung der Stadt und fordert eine Erklärung.

Die Stadt rechtfertigt den Abzug damit, dass andere Schulen gar keinen Sozialarbeiter haben und die Ressourcen deswegen verteilt werden müssten. „Das ist keine Entscheidung, die sich speziell auf Seeberg bezieht“, sagt die Leiterin des Amtes für Schulentwicklung, Ulrike Heuer. „Als wir die zweite Stelle eingerichtet haben, war aber auch klar, dass das nur für eine begrenzte Zeit sein würde.“ Damals habe es sich um eine besondere Situation gehandelt, der man entsprechend begegnen musste. „Nicht jede Schule hat einen Sozialarbeiter, und wenn zwei an einer Einrichtung arbeiten, finde ich es auch in Ordnung, einen abzuziehen und woanders einzusetzen.“ Dabei handele es sich um eine Grundsatzentscheidung. Neue Sozialarbeiter einzustellen sei aufgrund der Haushaltslage nicht möglich. „Dabei haben wir in den letzten Jahren 96 zusätzliche Stellen geschaffen“, sagt Heuer. Allerdings sagt sie auch: „Eigentlich braucht jede Schule, egal welche Schulform, einen Sozialarbeiter.“

Vom Land bezahlt

In Köln gibt es rund 270 Schulen, an 131 wirken Sozialarbeiter. Die sind entweder von der Stadt oder vom Land Nordrhein-Westfalen angestellt. Die Stadt beschäftigt derzeit 129 Männer und Frauen, das Land rund 50. Der Sozialarbeiter an der Gustav-Heinemann-Schule wird vom Land bezahlt, die nun abgezogene Kollegin von der Stadt.

Malm betont: „Ich gönne anderen Schulen den Sozialarbeiter. Aber wenn man an einer Schule einen braucht, heißt das nicht gleich, dass man einer anderen einen wegnehmen kann.“ Er sieht die Politik in der Pflicht. „Wenn man Geld einspart, dann lieber an einer anderen Stelle.“ Denn: Jeder Schüler, der schlecht betreut wird, könnte Folgekosten verursachen – von einem weiteren Jahr an der Schule bis hin zu Problemen mit der Justiz. „Wir müssen nun damit rechnen, dass aggressives Verhalten wieder zunimmt.“