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Hobbyfotograf aus Esch/AuweilerDer Mann, der am liebsten Sitzbänke ablichtet

Lesezeit 3 Minuten

Dieter Herion präsentiert eines seiner Fotoalben.

Esch/Auweiler – Es ist die Symbolkraft der Einsamkeit, die Dieter Herion in seinen Fotomotiven erkennt – und die ihn immer wieder aufs Neue fasziniert. Seine Bilder tragen Namen wie „Melancholie“, „Abschied“ oder „Endstation“. Wenn der 81-Jährige loszieht, um leere Bänke in seinem Viertel Esch zu fotografieren, dann ist er sich der Ungewöhnlichkeit seines Hobbys wohl bewusst. Doch er ist sicher: Wer Bänken im Alltag mehr Beachtung schenkt, kann auch etwas fürs Leben lernen.

Ob bei Nebel oder Sonnenschein, ob am See, auf dem Friedhof oder an einer Wegkreuzung: Dieter Herion hat die Bank als Fotomotiv entdeckt.

Umarmt von einer kleinen Kiefer und einer Efeuranke steht seine Lieblingsbank ausgerechnet direkt vor seinem Haus in Esch. Grauer Sandstein fasst die Sitzfläche – beständiges Eichenholz, damit die Bank auch lange hält. Vor 20 Jahren hat Herion sie mit seiner Frau hier aufstellen lassen – und inzwischen längst in seiner fotografischen Sammlung verewigt. Bildtitel: „Erwartung“.

Und doch: Die Liebe zu den Sitzbänken als Fotomotiv kam erst lange danach, erzählt der passionierte Hobbyfotograf. Sieben Jahre ist es her, dass er das Bild einer Bank in einer Kunstausstellung hängen sah – und sich insgeheim dachte: „Was soll der Quatsch?“ Doch, so sagt er, „je länger ich das Bild betrachtet habe, desto mehr war ich fasziniert.“

Ob bei Nebel oder Sonnenschein, ob am See, auf dem Friedhof oder an einer Wegkreuzung: Dieter Herion hat die Bank als Fotomotiv entdeckt.

Bei ihm zu Hause liegen jetzt zwei Fotoalben auf dem Wohnzimmertisch, er sitzt auf einem gepolsterten Stuhl, fährt mit den Fingern bedächtig über die Seiten. Eines der beiden Alben veröffentlicht hat er nie. Im neueren hat er für eine Freundin Bänke in Widdersdorf verewigt, sein Erstlingswerk schenkte er seiner Frau zum Geburtstag. Es dokumentiert die Bänke seines Heimatveedels. Die metallene Sitzgelegenheit in Grün neben der Bushaltestelle am Ortsrand („Abschied“), die von Gräbern eingerahmte Holzbank auf dem örtlichen Friedhof („Erinnerung“) oder sein liebstes Motiv, auf dem eine Steinbank auf einem von kahlen Bäumen gesäumten Spazierweg beinahe vom dichten Nebel verschluckt wird („einsam“).

Gemeinsam haben seine Fotos alle das eine: Immer sind die Bänke leer, niemand sitzt auf ihnen. Die Sitzgelegenheiten sollen ganz für sich sprechen, von Ruhe und Beständigkeit erzählen. Und davon, „dass es Momente gibt, in denen man Einsamkeit fühlt“, sagt Herion. Seine Bilder wollen auch als Appell verstanden werden, Achtsamkeit für das Alltägliche zu erlernen. „Es ist doch schade, dass wir oft so achtlos an diesen Bänken vorbeigehen, die ja eigentlich zum Rasten einladen sollen“, meint der 81-Jährige.

Bei einer Seite seines Albums verweilt er erneut und betrachtet das Foto: Die Farbe der einst perlweiß lackierten Bank blättert ab, auf dem in den Boden eingelassenen Schachfeld daneben liegen umgestoßene Plastikfiguren in Schwarz und Weiß. Der Titel: „Endstation“.