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Komplizierte BehördengängeStadtteileltern bieten in Köln-Chorweiler Hilfestellung

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Die Stadtteileltern an ihrem neuen Standort.

Chorweiler/Seeberg – Meistens sind es komplizierte Behördengänge, Schulanmeldungen oder Arztbesuche, bei denen die Stadtteileltern helfen sollen: Seit einem Jahr sind sie in Chorweiler schon für Bürger im Einsatz. Für die Anliegen der Hilfesuchenden hat der zuständige Verein FIZ („Freunde des Interkulturellen Zentrums“) nun eine Anlaufstelle geschaffen: Im neu eröffneten Begegnungscafé in der Seeberger Riphahnstraße können sie sich direkt an die Stadtteileltern wenden. Denn die Hemmschwelle, die Hilfe des Projektes anzunehmen, sei bisher hoch.

Miriam Abolfazli berät Shalu Rakesh.

Oft liegen nur einzelne Briefe, manchmal aber auch ganze Aktenordner vor Miriam Abolfazli. Meistens ist es die undurchsichtige Behördenpost, die Menschen in Chorweiler zu Stadtteileltern wie ihr führt. Shalu Rakesh ist eine der ersten, die ihr an einem Tisch in dem kleinen Raum des Cafés gegenüber sitzt. Seit einem Jahr lebt die junge Mutter in Chorweiler. Sie kommt aus Indien, nun sucht sie einen Kitaplatz für ihr Kind. „Es ist für mich sehr wichtig, dass ich den auch wirklich bekomme“, berichtet Rakesh auf Englisch. „Wenn man nicht Deutsch sprechen kann, ist das aber sehr schwierig.“ Nun soll ihr Stadtteilmutter Abolfazli bei der Suche helfen.

Viele Leute trauen sich nicht

Fälle wie diese sind Alltag für die Stadtteileltern. Bisher sind sie mit ihren Klienten telefonisch oder über Kontakte in Verbindung gekommen. „Aber viele Leute trauen sich nicht, sich auf diesen Wegen bei uns zu melden“, sagt Stadtteilvater Marco Diehl, der seit einem Jahr ehrenamtlich für das Projekt im Einsatz ist. „Ich glaube, dass die Menschen viel eher solche Hilfe annehmen, wenn sie wissen, dass sie erstmal irgendwo ganz unkompliziert auf eine Tasse Kaffee vorbeischauen können.“

Hilene Maldonado Dominguez und Helmut Bergweiler koordinieren das Projekt.

Genau deshalb kam Projektkoordinatorin Hilene Maldonado Dominguez die Idee zum Begegnungscafé, ein spontaner Geistesblitz, wie die Sozialarbeiterin berichtet. „Für uns war es wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem wir die Menschen erreichen können“, sagt sie. In dem kleinen Raum riecht es nach frisch aufgebrühtem Kaffee, Keksteller stehen auf den Tischen.

Projekt soll auch Stadtteileltern einen Mehrwert bieten

Jeden Mittwoch soll das Café nun zwischen 14 und 15.30 Uhr für die Anliegen der Chorweiler offenstehen. Den kleinen Raum stellt eine Immobiliengesellschaft nahezu kostenfrei für das Sozialprojekt zur Verfügung. Dabei soll das Projekt auch für die Stadtteileltern selbst einen Mehrwert bieten – nämlich quasi Hilfe zur Selbsthilfe. „Wir sind alle langzeitarbeitslos, leben dasselbe Leben, haben dieselben Probleme wie die Menschen, die zu uns kommen“, berichtet Stadtteilmutter Abolfazli. „Dadurch haben wir Erfahrungen gesammelt, die wir nun weitergeben können.“ Und: Alle Chorweiler Stadtteileltern hat die Volkshochschule in einem sechsmonatigen Kurs entsprechend weitergebildet.

Das ehrenamtliche Engagement der Stadtteileltern ist zunächst für zwei Jahre vorgesehen und soll für sie dann ein Sprungbrett in eine berufliche Zukunft sein. Stadtteilmutter Manal Khodrawi weiß schon ganz genau, was sie nach ihrer Zeit als Stadtteilmutter machen möchte: Als Alltagsassistentin will sie auch weiterhin für Menschen und ihre Nöte da sein. „Einmal konnte ich einer Frau helfen, die selbst kein Deutsch konnte und große Probleme mit ihrem Vermieter hatte“, berichtet Khodrawi, der ihre Arabischkenntnisse immer wieder bei ihrer Tätigkeit helfen. „Dann habe ich mich mit dem Vermieter zusammengesetzt, und wir konnten die Probleme der Frau lösen. Das macht mich dankbar, stärkt und motiviert mich, weiterzumachen.“

Ob es das Projekt auch noch nach 2021 geben wird, steht laut Koordinatorin Maldonado Dominguez aber noch nicht fest. Bisher wird das Projekt aus dem Europäischen Sozialfonds der EU bezahlt – ob sich nach Ablauf des Modellversuchs weiter ein Geldgeber finden wird, könnte wohl vor allem vom Erfolg der Stadtteileltern abhängen, vermutet die Verantwortliche.