Das Schulgebäude in Roggendorf/Thenhoven, das eigentlich für den Kitabetrieb umgerüstet werden sollte, ist wohl doch nicht zu retten. Bei der Sanierung war die Raumluft verseucht worden.
Vergeblich gelüftetRoggendorfer Schulgebäude wird nun doch abgerissen
Die Backsteinfassade des alten Schulgebäudes in der Berrischstraße hat mit ihren wie Kanonen aus den Fensterrahmen ragenden Lüftungsrohren inzwischen bundesweit zweifelhafte Berühmtheit erlangt. Sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Fernsehsender haben das Thema im Laufe dieses Jahres aufgegriffen und über den absurd anmutenden Fall berichtet.
Vor inzwischen fast vier Jahren war der Umbau des alten Schulgebäudes von 1864 zu einer Kindertagesstätte bereits nahezu abgeschlossen, doch die Fassade war mit einer wasserabweisenden Chemikalie behandelt worden, die ins Mauerwerk zog und seitdem die Raumluft innerhalb des Gebäudes mit nicht akzeptablen Schadstoffwerten belastet. Die Stadtverwaltung versucht seitdem die Werte zu senken, indem sie in den einzelnen Räumen rund um die Uhr Lüftungsgeräte arbeiten lässt, um den Verflüchtigungsprozess der Chemikalie zu beschleunigen.
Schulgebäude in Roggendorf/Thenhoven: Prognosen immer pessimistischer
Zeigte sich die Verwaltung in den ersten Monaten noch recht optimistisch, dass sich das Problem auf diese Weise lösen lasse, wurden die Prognosen für den erfolgreichen Abschluss der Maßnahme im Laufe der Jahre immer vorsichtiger – zuletzt mochte sich die Stadt gar nicht mehr darauf einlassen, ein mögliches Datum für den Einzug der beiden Kitas des Stadtteils in das Gebäude zu nennen.
Die beiden Einrichtungen mussten derweil weiter mit Interimsquartieren vorlieb nehmen, oder die dort untergebrachten Kinder waren auf andere Einrichtungen verteilt worden. Nun könnte die unendlich erscheinende Geschichte zu einem eher unrühmlichen Abschluss finden: So hat sich die Verwaltung für den Abriss des schadstoffbelasteten Gebäudeteils ausgesprochen. Stattdessen soll ein Neubau errichtet werden. Eine entsprechende Beschlussvorlage über eine „Generalinstandsetzung“ war der Bezirksvertretung Chorweiler in ihrer jüngsten Sitzung vorgelegt worden.
Kein Ende der Entlüftung absehbar
Aufgrund von labortechnischen Untersuchungen wird inzwischen davon ausgegangen, dass der Prozess der Verflüchtigung des Schadstoffs aus dem Mauerwerk ohne Beschleunigungsmaßnahmen ganze zehn Jahre in Anspruch nehmen würde. Die von der Stadt bislang ergriffenen Maßnahmen haben zwar schon zu einer erheblichen Verringerung geführt – 2020 etwa wurden noch zehn Prozent der ursprünglichen Schadstoffmenge gemessen. Dennoch verlangsame sich der Abbauprozess so, dass dies keine Erkenntnis zulasse, wie lange die Entlüftung der Räume noch nötig sei.
Zehn Jahre dürfte es wohl nicht dauern, von etwa sechs Jahren geht die Stadt aber mindestens aus. Anders als etwa auch von Bezirksvertretern im Frühjahr dieses Jahres vorgeschlagen, hält die Verwaltung nichts davon, die unbelasteten Gebäudeteile durch eine Kombination mit Containerbauten auf dem Grundstück nutzbar zu machen. In der dadurch entstehenden beengten Raumsituation wäre ein normaler Kitabetrieb nicht reibungslos möglich, heißt es in der Begründung – eine Verpflegung wäre nur eingeschränkt möglich, der wettergeschützte Übergang zwischen den Gebäudeteilen nicht gewährleistet.
Möglicher Abriss beträfe denkmalgeschützten Gebäudeteil
Von dem Abriss wäre der historische, denkmalgeschützte Gebäudeteil betroffen, der die zentrale Haustechnik der Kita, sowie Aufzüge und eine Küche beherbergt. Ein Anbau aus den 1960er Jahren sowie ein im Zuge des Umbaus errichteter Neubau können derweil erhalten bleiben. Aufgrund des Denkmalschutzes müsste das weitere Vorgehen mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden. Bis zur Fertigstellung geht die Verwaltung von weiteren drei bis vier Jahren aus, die Kosten für die Planung veranschlagt sie mit gut 600.000 Euro.
Bislang schlugen die Sanierung der Schule und die Untersuchung der Schadstoffbelastung mit gut 6,8 Millionen Euro zu Buche. Aus Sicht der Ortsansässigen ist die ganze Angelegenheit eine „Peinlichkeit und Blamage“, wie etwa René Jäger meint, der stellvertretende Vorsitzendes des Bürgervereins von Roggendorf/Thenhoven. „Wenn man sich mal in den Räumen umsieht – da ist alles fertig, sauber und wunderschön, als müsste man nur noch einziehen. Warum hat man in all den Jahren nicht noch andere Methoden ausprobiert? Etwa den Rigips an denn Wänden entfernt, damit das Mauerwerk besser atmen kann?“, fragt er.
Jetzt jedoch sei das Kind in den Brunnen gefallen. „Da ist nichts mehr zu retten“, glaubt auch er. In der Bezirksvertretung Chorweiler schwankten die Reaktionen derweil zwischen Erleichterung und Sarkasmus. „Es musste zwar erst Extra3 kommen und über den Fall berichten, bis ein Beschluss gefasst wird – aber zumindest ist nun endlich eine Entscheidung gefallen, ich kann das nur begrüßen“, sagte etwa Wolfgang Kleinjans, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion.
Klaus Roth, der Vertreter der Linken, freute sich derweil mit galliger Ironie darüber „dass der Humor nicht abhanden gekommen ist: Einen Abriss als Generalinstandsetzung zu bezeichnen, das hat schon was“, so Roth. Roth hatte den Abriss des Schulgebäudes bereits im Frühjahr als wahrscheinlichsten Ausgang der Angelegenheit angesehen. Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner machte derweil noch einmal auf den Denkmalschutz des historischen Gebäudes aufmerksam. „Es muss nun sorgfältig geprüft werden, ob und wie dieser aufgehoben werden soll, damit ein Neubau erfolgen kann“, mahnte er an.
Die Bezirksvertretung sprach sich letztlich ohne Gegenstimme für den Abriss aus, eine endgültige Entscheidung ist dies jedoch noch nicht. Die wird erst im Dezember in der Sitzung des Stadtrates fallen. Bis dahin wird die Vorlage unter anderem im Finanzausschuss, dem Jugendhilfeausschuss und dem Ausschuss für Schule und Weiterbildung beraten.