Moderne NutztierhaltungWarum die Hühner vom Dresenhof samt Stall ständig umziehen
- Die Hühner vom Dresenhof leben ein Nomadenleben. Stetig ziehen die 400 Hennen und vier Hähne mit samt ihrem Stall um.
- Der Ortswechsel tut nicht nur den Tieren gut, sondern auch der Umgebung, in der sie leben.
- Die Eier werden ebenfalls auf modere Art und Weise verkauft: Über einen Eierautomaten. Der kommt bei den Kunden offenbar besonders gut an.
Volkhoven/Weiler – Als die Hühner im Februar geliefert wurden, waren sie noch jung und hatten kleine Kämme, jetzt sind sie groß und ausgewachsen. Mia (8) gibt sich trotzdem unerschrocken. Sie läuft auf die gackernde Schar zu und greift sich eine Henne heraus, drückt sie voller Stolz an sich. Die, ein wenig erschrocken, hält still, ruckelt mit dem Kopf, bis sie flatternd davonspringt.
Im Gut Dresenhof gibt es seit kurzem ein Hühnermobil, einen fahrbaren Stall, der wöchentlich an eine andere Stelle umgesetzt wird. Der Container ist vier Tonnen schwer und wird von einem Trecker bewegt. Und die Bewohner – 400 Hennen und vier Hähne – ziehen jedes Mal mit um. Hühner sind von Natur aus ängstlich, sie brauchen das Gefühl, jederzeit irgendwo unterkriechen zu können, falls der Fuchs umherschleicht oder ein Hühnerhabicht kreist.
Ortswechsel sind gut für den Boden
Deshalb suchen sie immer die Nähe eines Unterstands, entfernen sich kaum vom Hühnerstall. Der Auslaufbereich drumherum ist so schnell plattgetreten und voller Kot, was zu einer Überdüngung des Bodens führen kann. Infektionskrankheiten etwa sind eine Folge. Regelmäßiger Ortswechsel tut also gut.
Hühner in einem mobilen Stall zu halten, ist eine moderne Form der Nutztierhaltung. Sie genügt ökologischen Kriterien und ist artgerecht. Im ländlichen Raum haben sich in den letzten Jahren Hühnermobile stark verbreitet, selbst unter privaten Haltern.
Erste rollende Hühnermobil im Kölner Stadtgebiet
Pionierarbeit leistete ein Landwirtsehepaar aus dem hessischen Witzenhausen, Anfang der Nuller Jahre entwickelten sie den Prototyp. Das Hühnermobil im Dresenhof sei das erste im Kölner Stadtgebiet, erklärt Ilona Klasen. Mit Tochter Mia und Ehemann Thomas lebt sie auf dem Dresenhof, der seit vielen Jahren von Georg und Leonie Kellerwessel geführt wird, als landwirtschaftlicher Mischbetrieb mit Tierzucht und konventionellem Ackerbau. Die Klasens sind im Hauptberuf beide in der Chemiebranche beschäftigt, doch wollen sie sich in Zukunft auch als Nebenerwerbslandwirte betätigen. Das Hühnermobil haben sie finanziert, es ist ihr erstes Projekt. Auf die Idee habe sie ein Auszubildender gebracht, so Klasen.
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Modern ist auch die Art und Weise des Verkaufs. Am Dresenhofweg wurde ein Automat aufgestellt, damit sich die Kunden die Eier selbst ziehen können. Und weil gerade jetzt in der Coronakrise kontaktloses Einkaufen angesagt ist, gibt es einen Run auf die Eier.
„Gegen 10 Uhr heute Morgen haben wir den Automat befüllt, eine Stunde später waren alle Fächer leer“, berichtet Klasen. Dabei ist die Anzahl der Eier, die täglich in den Verkauf gehen, gar nicht mal gering, um die 350 Stück. Mia sagt freudestrahlend: „Wir hatten sogar mal 399 Eier, das war Rekord.“
Tochter Mia hilft kräftig mit
Die Schule fällt derzeit aus, stattdessen hilft Mia mit Feuereifer bei der Arbeit mit, steht früh auf, sammelt Eier ein, dann heißt es Wiegen und Einsortieren. Größe M und L kosten jeweils 45 Cent pro Stück, Größe S ist zehn Cent billiger. Um dem Risiko einer Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus zu begegnen, reinigt Klasen den Automaten regelmäßig mit Desinfektionstüchern.
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Das Hühnermobil hat seinen Standort auf einer Wiese am Dresenhofweg nördlich vom Bauernhof. Die Rasse heißt Braune Isa, ein Hybridhuhn, das auf Legeleistung hin gezüchtet wurde. Die Hähne heben sich durch die Größe, aber auch farblich durch das weiße Gefieder ab. Ihre Gegenwart ist für den sozialen Zusammenhalt notwendig, sie schlichten Streit, halten Wache. Im Hühnermobil läuft alles vollautomatisch: Das Futter kommt aus dem Silo, ergießt sich in eine Futterkette, die als Band umläuft. Auch das Trinkwasser wird automatisch ausgeteilt, gespeist durch einen Tank, der 1000 Liter umfasst. Der Kot fällt durchs Sieb, wird eingesammelt. Bei stationärer Haltung waten dagegen die Hühner im Kot, was zu Parasitenbefall führt.
Weil das Mobil seinen Standort ständig wechselt, gibt es auch immer frisches Grün zu picken. Nebeneffekt: Die Grasnarbe wird geschont, die Nitratbelastung des Grundwassers ist verringert.
Um das Eierlegen angenehm zu machen, sind die Nestfächer mit Dinkelspelz ausgepolstert. Was braucht ein Huhn noch, um sich wohl zu fühlen? Klasen erklärt: „Täglich 120 Gramm Futter, es möchte Sandbäder nehmen, das ist feingeriebener Kalk, der die Milben im Federkleid abtötet, und es braucht Picksteine, um sich den Schnabel zu schärfen.“
Der Aufenthalt im Freien fördert die Bildung von Vitamin D und stärkt das Immunsystem der Hühner – was sich auf den Geschmack der Eier auswirkt. Offiziell sind es Freilandeier, für eine Bio-Zertifizierung müssten noch engere Vorgaben eingehalten werden, mehr Platz pro Huhn und ein spezielles Futter. Die Tage der Hühner auf dem Dresenhof sind gezählt. Nach 18 Monaten wird die Legeleistung nachlassen, die Tiere kommen in die Mauser, das bedeutet, sie werfen ihre Federn ab. Dann wartet der Schlachter. Im Sommer 2021 wird der Stallcontainer erst einmal verwaist sein, wird gereinigt und desinfiziert, anschließend zieht eine neue Population ein.
Der Eier-Automat der Familie Klasen steht am Dresenhofweg 57 in Volkhoven/Weiler.