Colonia-HochhausStreit um Balkon-Sanierung
Köln – Viele der rund 500 Bewohner des Colonia-Hauses am Rheinufer in Riehl sind derzeit in Aufruhr: Sie fürchten, durch eine aufwendiges Renovierungsprojekt aus dem Haus gedrängt zu werden, weil sie dieses finanziell nicht mittragen können. „Es gibt einen Zweikampf zwischen Investoren und Bewohnern des Hauses“, sagt Bettina Hurrelmann. Die Professorin wohnt seit 1999 im fünften Stock des Hochhauses am Riehler Rheinufer, mit Panoramablick auf Dom, Zoobrücke und Altstadt. Sie liebt ihr „Dorf in der Senkrechten“, das eine hohe Lebensqualität biete – und fürchtet, dass der sympathische Bewohner-Mix des Hauses durch die Sanierung verloren gehen könnte. „Wir beobachten Existenzängste unter Bewohnern, die bis hin zu Krankheitssymptomen gehen“, so ihre Diagnose.
Das 1973 eröffnete Colonia-Hochhaus ist 155 Meter hoch – nur zwei Meter niedriger als der Dom – und hat insgesamt 45 Etagen. Nachdem die Colonia-Versicherung, die dem Haus ursprünglich seinen Namen gegeben hatte, 1997 vom Axa-Konzern aufgekauft wurde, wurde die Leuchtreklame an der Spitze ausgetauscht, seitdem spricht man auch vom Axa-Hochhaus. Der offizielle Name ist jedoch weiterhin Colonia-Haus.
Im Haus leben geschätzt rund 500 Menschen. Zu seiner Eröffnung war es das höchste Wohnhochhaus Europas; noch bis heute ist es das höchste hauptsächlich zu Wohnzwecken genutzte Gebäude Deutschlands.
Im Colonia-Haus befinden sich 352 Wohnungen sowie 21 Büro- und Gewerbeeinheiten. Zudem gibt es ein Hallenbad, ein Restaurant mit Biergarten, einen Supermarkt, einen Kindergarten und mehrere Arztpraxen. (bes)
Bei dem Streit geht es vor allem um die Betonbalkone des 1973 eröffneten Wohnhochhauses in der Straße An der Schanz 2. Diese hatten sich bei einer Besichtigung als teilweise reparaturbedürftig herausgestellt. Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, die Betonbrüstungen nicht zu sanieren, sondern komplett zu entfernen und durch Glasbalkone zu ersetzen. Ein Großteil des Eigentümerbeirates unterstützt die Pläne. Das Vorhaben würde, im Paket mit einigen kleineren Arbeiten, geschätzt 17 Millionen Euro kosten – die auf die Eigentümer der Wohnungen umgelegt werden würden. Hierzu präsentierten Beirat und die Hausverwaltung vor einiger Zeit eine Hochglanz-Broschüre. Hurrelmann müsste für ihre Wohnung den Berechnungen zufolge rund 70 000 Euro investieren. „Es gibt viele ältere Bewohner im Haus, für die ihre Wohnung die Altersvorsorge, diese Aussicht also eine Katastrophe ist.“
Konflikt bis zum Ende auskämpfen
Deshalb haben sich inzwischen viele Wohnungseigentümer zur Initiative „Forum Colonia 2012“ zusammengeschlossen. Deren Ziel ist es, diese Pläne zu stoppen. Jeden Monat trifft sich das Nachbarschafts-Netzwerk unter Moderation von Diplomingenieur Joachim Wahren zum Austausch im Colonia-Brauhaus, das Teil des Gebäudekomplexes ist. „Voriges Mal waren wir etwa 60 Leute, wir werden immer mehr“, berichtet Wahren, der seit 2007 im Haus wohnt. „Wir wollen jedoch keine bloße Opposition und erst recht keine Querulanten sein, sondern mitgestalten und die Kommunikation sowie das Miteinander im Haus fördern“, so Wahren. Die Gruppe wirft Verwaltung und Eigentümerbeirat vor, den Austausch der Beton- gegen Glasbalkone als alternativlos darzustellen – und bereits als beschlossene Sache, obwohl es hierzu keinerlei Votum der Eigentümergemeinschaft gebe.
Unter anderem werde die Variante der bloßen Beton-Sanierung schlechtgerechnet: Das Ausmaß der Schäden sei zudem bisher nur an einer einzigen, vier Meter langen Brüstung erhoben – und dann auf den Gesamtbestand der Balkone hochgerechnet worden. Außerdem sei ungenau über das Beschluss-Prozedere informiert worden – da es sich um eine modernisierende Instandsetzung handele, genüge eine einfache Mehrheit auf der Eigentümerversammlung, so ihr Argument. Nach Ansicht der Vorhabengegner handelt es sich jedoch um eine „bauliche Veränderung“, die nach den Regelungen des Wohnungs-Eigentums-Gesetzes nur einstimmig von sämtlichen Hauseigentümern beschlossen werden könne. Auch ein fachanwaltliches Gutachten stützt diese Sicht.
Die Gruppe ist entschlossen, den Konflikt mit den Befürwortern eines Austausches der Betonbalkone durch Glaselemente bis zum Ende auszukämpfen. „Die Betonbrüstung gibt auch ein Sicherheitsgefühl“, so Wahren. „Für mich wäre es undenkbar, einen Glasbalkon weiter zu nutzen – angesichts der Durchsicht in die Tiefe.“ Und Wahren wohnt „nur“ in der achten von 45 Etagen.
Bei der Münch-Wohnungsverwaltung GmbH betont man indes, dass der Prozess noch völlig offen sei – die Glasbalkon-Idee sei nur eine von vielen. „Man muss erst die Fakten ermitteln, bevor man zu einer Entscheidung kommt.“ Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, ist jedoch aktuell geplant, einen Glas-Musterbalkon am Colonia-Hochhaus zu installieren – um das Aussehen des Modells zu demonstrieren und möglicherweise weitere Anwohner für das Vorhaben zu begeistern. Ob dieser Musterbalkon installiert werden kann, ist derzeit noch offen.