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Kölner Forscher über Corona„Es gibt neben dem Impfstoff noch eine Möglichkeit“

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Um das Coronavirus zu bekämpfen, ist die Impfung eine medizinische Möglichkeit. Professor Oliver Cornely sieht noch eine zweite.

  1. Professor Oliver Cornely leitet das Zentrum für Klinische Studien und ist Oberarzt in der Infektiologie der Uniklinik Köln.
  2. Im Interview spricht er über verschiedene Möglichkeiten im Kampf gegen das Coronavirus.
  3. Der Mediziner hofft die schnelle Entwicklung eines Impfstoffes – sieht unter Berücksichtigung aktueller Studien aber noch eine weitere Möglichkeit, das Coronavirus dauerhaft zu bekämpfen.

Herr Professor Cornely, auf der Suche nach Wirkstoffen gegen das Coronavirus geht nichts ohne klinische Studien. Am Uniklinikum Köln sind Sie der dafür Verantwortliche. Wie geht es Ihnen in der Corona-Sturmflut als Wärter am Schleusentor?

Wir haben am Uniklinikum Köln pro Jahr um die 600 klinische Studien in Arbeit, in denen es zumeist um die Entwicklung von Medikamenten geht. Bislang befassen sich nur wenige mit dem neuen Coronavirus. Aber unterdessen gehen vermehrt Anträge zur Prüfung ein.

Worauf achten Sie da?

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Wir nehmen grundsätzlich nur vergleichende Studien ins Programm, die mit zwei Patientengruppen arbeiten: Die eine Gruppe wird mit dem Präparat behandelt, dessen Wirkung wir erforschen wollen, die andere mit einem Placebo. Mit dieser Methode erzielt man insbesondere dann die besten Ergebnisse, wenn gegen eine Erkrankung noch kein Wirkstoff vorhanden ist. So wie das jetzt bei Corona der Fall ist. Vergleichende Studien sind nicht zuletzt für Patienten interessant, die sich von einer Beteiligung eine bessere Heilungschance versprechen. Deshalb listen wir auf unserer Webseite sämtliche Studien auf, die es derzeit in Köln gibt.

Auch die zu Corona?

Was Corona betrifft, so führen wir hier in Köln auch die Gesamtliste aller in Deutschland laufenden Studien. Das prasselt gerade richtig, so dass wir Mühe haben, hinterherzukommen. Wir haben angesichts der Vielzahl zudem in der Auflistung eine Unterscheidung in Prophylaxe- und Therapiestudien vorgenommen. Der Sinn ist eine möglichst große Transparenz – für die Fachleute wie für die interessierte Öffentlichkeit.

Prophylaxe und Therapie – das bedeutet konkret: hier ein Impfstoff, dort ein Medikament. Worauf setzen Sie in der Corona-Pandemie?

Ich bin eher der Prophylaxe-Typ. Eine schwere Infektion erst gar nicht zuzulassen, erscheint mir immer als der bessere Weg. Auch bei Corona ist das so. Das Beste, was wir bekommen könnten, wäre ein Impfstoff.

Zur Person

Professor Oliver Cornely, geboren 1967, ist Direktor des Lehrstuhls für Translationale Forschung am interdisziplinären Altersforschungszentrum „Cecad“ der Universität zu Köln. Cornely leitet das Zentrum für Klinische Studien und ist Oberarzt in der Infektiologie der Uniklinik Köln.

Der Immunologe Martin Krönke, Ihr Kölner Kollege, hat in einem Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ an einem baldigen Erfolg der Impfstoffsuche gezweifelt.

Ich bin grundsätzlich Optimist. Deshalb glaube ich daran, dass uns ein Impfstoff gegen das neue Coronavirus Sars-CoV-2 gelingen wird, sehr gern auch breit genug, um gleich noch ein paar von den harmloseren Corona-Typen mit bedienen zu können. Impfstoff-Entwicklung ist Laborarbeit. Da kann man mit viel Geld auch viel machen: die Laborkapazitäten erweitern, noch mehr Testreihen ansetzen. Auch deshalb bin ich zuversichtlich. Aber wenn ein Impfstoff-Experte wie Martin Krönke zur Vorsicht mahnt, stimmt mich das natürlich nachdenklich. Trotzdem sollten wir die Suche nicht vernachlässigen. Wir haben ja nicht so viele Alternativ-Strategien. Und wir alle wollen schließlich nicht noch in zehn Jahren mit Maske und zwei Meter Abstand unterwegs sein.

Auf welchen Wegen ließe sich das verhindern?

Eine Strategie lautet „Search and destroy“: Also, den Weg des Virus verfolgen, die Infizierten isolieren und das Virus so an der weiteren Verbreitung hindern. Dazu bedürfte es eines deutlichen Ausbaus der Gesundheitsämter, für die es dann hieße: Testen, testen, testen! Im Umgang mit den Infizierten, die auf diese Weise entdeckt würden, müsste dann ein doppeltes Schutzkonzept greifen: Die Infizierten vor dem Virus schützen und alle anderen vor den Infizierten. Ich nehme mal den Fall meiner 90 Jahre alten Mutter. Die ist immunsupprimiert, das heißt, sie könnte auch nach einer Impfung keine Immunabwehr ausbilden. Jemand wie meine Mutter sollte also tunlichst nicht in die Nähe eines Corona-Infizierten kommen, auch wenn sie selbst immer zu immer sagt: „Nun stell dich mal nicht so an!“

Für diese Art Gelassenheit muss man vielleicht einen Mediziner-Sohn haben.

Na, besser ist es schon, den Sicherheitsabstand einzuhalten – auch zum Mediziner-Sohn (lacht). Und natürlich wäre es in puncto Infektionsschutz ein Riesensprung nach vorn, wenn die Menschen in der Umgebung in der Breite geimpft oder nach überstandener Covid-19-Erkrankung immun wären. Damit entstünden ja coronafreie Zonen, in denen man sich einigermaßen sicher bewegen könnte.

Und könnten dann Medikamente wie Remdesivir, das ja vielleicht schon sehr bald zur Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden wird, insofern eine Hilfe sein, als man die Sterblichkeit herunterdrücken, den Krankheitsverlauf in Schach halten und damit das Infektionsrisiko in Kauf nehmen kann?

Sie meinen, als Teil einer Durchseuchungsstrategie? Das ist ein durchaus attraktiver Gedanke. Es kommt dann halt entscheidend darauf an, die Patienten rechtzeitig zu „erwischen“. Was nicht ganz einfach sein wird, weil man ja nicht immer vorhersagen kann, bei wem die Krankheit einen schweren Verlauf nehmen wird. Wenn Sie aber vorsorglich alle behandeln, auch diejenigen, die das Medikament bei leichtem Krankheitsverlauf gar nicht gebraucht hätten, beginnt ein Zahlenspiel um die Frage nach etwaigen Nebenwirkungen, die den nur leicht Erkrankten vielleicht mehr schaden als der unbehandelte Krankheitsverlauf. Auch deswegen lande ich am Ende wieder bei meinem Lieblings-Szenario, dem Impfstoff. Wenn ich es recht überlege, gibt es allerdings theoretisch schon noch eine weitere Möglichkeit.

Nämlich welche?

Wenn genesene Covid-19-Patienten Antikörper gegen das Coronavirus ausbilden, könnte man diese aus ihrem Blut isolieren, als Antikörper-Präparat aufbereiten und dann vorbeugend oder bei frisch Infizierten auch therapeutisch als Infusion verabreichen. Es gibt Kollegen, die große Hoffnungen auf eine solche Antikörper-Therapie setzen, die bei vielen anderen Krankheiten auch schon erfolgreich eingesetzt worden ist.

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Halten Sie diese Hoffnung für berechtigt?

Zumindest hat die Methode der sogenannten passiven Immunisierung gleich mehrfach Charme. Sie kann dosiert, in gewissen regelmäßigen Abständen angewandt werden kann. Und: Anders als bei einer klassischen Impfung, nach der der Körper erst einmal reagieren muss, sind die Antikörper sofort da, wirken unmittelbar. Das macht man sich zum Beispiel zunutze, wenn jemand von einem tollwütigen Tier gebissen wird. Man gibt zum Schutz dann ganz schnell Antikörper.

Auch dann wäre eine möglichst große Durchseuchung wünschenswert, damit dann viele Immunisierte als Antikörper-Lieferanten zur Verfügung stünden, oder?

Noch attraktiver ist die künstliche Herstellung von Antikörpern in Zellkulturen, nicht zuletzt weil sie Unverträglichkeiten bei der Übertragung vom Spender auf den Empfänger ausschließen. Was diese Entwicklung angeht, sind wir in Köln mit Florian Klein, meinem Kollegen aus der Virologie, übrigens sehr gut aufgestellt. Er hat zum Beispiel sensationelle Erfolge bei der Produktion von Antikörpern gegen HIV gehabt. Das ist sozusagen Kleins zentrale Expertise. Es würde mich nicht wundern, wenn ihm bei Corona auch so etwas gelänge.