Kölner FotoausstellungFidel Castro und sein deutscher Spion
Köln – Ausstellung Kuba ist für den Fotografen Sven Creutzmann zur zweiten Heimat geworden: Seit 1993 ist er der einzige permanent in Kuba akkreditierte Korrespondent aus Deutschland. Seine Reportagen erschienen in „Geo“, „Stern“, „Spiegel“ oder der „New York Times“. Jetzt sind seine fantastischen Fotos in der sehenswerten Ausstellung „Cuba: Die unendliche Revolution“ in der Michael-Horbach-Stiftung zu sehen.
Bilder aus „drei Jahrzehnten tropischem Sozialismus“, wie Sven Creutzmann es grinsend nennt. Er hat die Ausstellung in Themenblöcke unterteilt und startet mit „Blockaden“. Gemeint sind sowohl das aktuelle US-Embargo wie frühere, als auch die interne, vor allem durch Bürokratismus selbst verschuldete Blockade. Ein Bild zeigt den Minenstreifen zwischen Guantanamo und Kuba als Symbol des Grabens zwischen den Staaten, ein anderes eine Prostituierte.
Creutzmann floh aus der DDR
„Prostitution gab es vor 1992 nicht in Kuba. Sie ist eine direkte Folge der wirtschaftlichen Not, entstand erst durch den einsetzenden Tourismus“, erzählt der 59-Jährige. Armut als selbstverständlicher Teil des Alltag, die aber immer wieder auch Flüchtlingskrisen befördert. Vor allem viele jungen Leute wollen weg. Dramatische Szenen etwa 1994, als sich fast 200 000 Menschen auf Flössen auf den Weg machen. „Ich komme ja aus der DDR, wir sind in den 1970ern rüber in den Westen, nachdem meine Eltern vier Jahre inhaftiert waren. Da kamen Erinnerungen hoch“, erzählt er. Creutzmann sprudelt über von Geschichten, von Dramen im Alltag, vom kleinen Glück.
Und natürlich von Fidel Castro, der kubanischen Ikone, den er immer wieder getroffen hat – auch in nicht so propagandaträchtigen Situationen. Etwa die Anekdote zum Foto beim Simultanschachturnier, als er gegen einen kleinen Jungen verliert und die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Oder die zum Bild, auf dem Castro, sonst immer im Kampfmontur, einen schwarzen Anzug trägt und mit erhobenem Zeigefinger Papst Johannes Paul II. empfängt. „Über Smalltalk ist die Kommunikation mit Castro aber nicht hinausgegangen“, sagt der Deutsche.
Creutzmann unter Spionageverdacht
Schräg auch die Story um den venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez, den Creutzmann vor einer Kubareise in Venzuela begleitet und der ihm nach einem Foto beim Baseballtraining Spionage für Castro unterstellt – die Seniorenteams der Staaten sollten gegeneinander spielen. „Chavez und Fidel haben in Havanna ein Denkmal für Simon Bolivar eingeweiht, ich machte Fotos. Chavez hat mich begrüßt mit den Worten »Hallo Spion« und mich zu sich gerufen. Dann erklärte er Castro die Situation. Castro fragte mich: »Wo bist du geboren?« Ich:»In Ostdeutschland.« Darauf Castro: »Um ein guter Spion zu sein, muss man in Ostdeutschland geboren sein«.“ Creutzmann lacht.
Legendär auch sein Exklusiv-Foto, als Castro eine Kappe mit Rastazöpfen eines jamaikanischen Tourismusexperten aufsetzt. Aber der Fotograf kann auch leise: Fidels Bruder Martin, ein einfacher Bauer ohne Privilegien, hat er in 30 Jahren immer wieder fotografiert, die Bilder aber erst nach dessen Tod veröffentlicht.
„Trotz allem“ heißt der dritte Block der Ausstellung, in dem es um die Resilienz der Kubaner geht, die trotz der Umstände in Würde leben. Die „Balsero-Lady“ etwa, eine junge Frau, die auf das Floß für ihre Flucht wartet. Oder Valentin und Clara, die Weihnachten feiern. Oder Ernesto, der Sohn von Che Guevara, der Harley-Touren für Touristen organisiert. Faszination Kuba – unbedingt ansehen.
„Cuba: Die unendliche Revolution“, Fotos von Sven Creutzmann in der Michael Horbach Stiftung, Wormser Straße 23, Südstadt. Ausstellung bis 9. Oktober 2022, geöffnet So 11-14 Uhr, Mi und Fr 15.30. 18.30 Uhr oder nach Vereinbarung. Tel 0151-23074155.