Köln – Flache Ufer und Sandstrände direkt am Wasser – gerade im Sommer sind solche Plätze sehr begehrt. Der Rhein hat diese gleich mehrfach zu bieten. Statt an die Côte d´Azur zu fahren, suchen viele Kölner und Menschen aus den umliegenden Städten an sonnigen Wochenenden das Rheinufer auf, um Sonne und Erholung zu tanken.
Freizeitinsel in Zündorf: „Das ersetzt uns den Urlaub“
Zum Beispiel auf der Freizeitinsel Zündorfer Groov. „Das ersetzt uns einen Tag Urlaub“ beschreibt es Regina Hundenborn. Solch ein Naherholungsgebiet mitten in der Stadt mit Strand, Schwimmbad und Minigolfanlage – das sei einfach toll, dafür lohne es sich auch über eine Stunde aus Bonn her zu radeln.
Der von Fachwerkhäusern umsäumte Marktplatz an der Groov ist am Samstag bereits um 12 Uhr gut gefüllt. Viele der Gäste tummeln sich im Biergarten vom Landhaus Zündorf. Radfahrergruppen und Spaziergänger sitzen für ein kühles Getränk unter einem großen Pavillon zusammen.„Wir wollen heute die Radstrecke rheinaufwärts testen, den Dom sehen und ein lecker´ Kölsch trinken“, erzählt der 57- Jährige Thomas Schumacher mit dunkler Sonnenbrille. Er ist mit seiner Frau aus Aachen mit den Fahrrädern an den Rhein gefahren. Allein für den Fluss lohne sich die Tour. „Ich bin am Niederrhein groß geworden. Wenn ich den Rhein sehe und der fließt, dann geht´s mir einfach gut.“
Der Weg vom Marktplatz ans Wasser führt über eine Brücke. Rechts sprudelt eine Fontäne, links im stillen Wasser sammelt sich grüner Schlick. Wenige Meter weiter waschen bereits leichte Wellen das Ufer. Eine kleine Bucht mit Sandstrand tut sich auf.
Hier legt die weiß lackierte Fähre mit Namen Krokolino an. Eine Menschentraube schiebt ihre Fahrräder über die Rampe ans Deck. Der 23-jährige Freizeitkapitän Niklas Thiel kassiert im Führerhaus ab. Im Viertelstundentakt befördert der junge Kölner seit einem Jahr die Leute von der linksrheinischen Seite auf die rechte – von Weiß nach Zündorf und wieder zurück. Während sich die Fahrgäste entspannt an die Reling lehnen, konzentriert er sich beim Ablegen auf die Strömung.
Fährenkapitän: „Ich muss aufpassen, dass wir nicht aufsetzen“
Gerade jetzt, bei dem niedrigen Wasserstand müsse er besonders aufpassen, dass diese ihn nicht zu weit ans Ufer drücke. „Ich habe heute nur ca. 20 Zentimeter unter der Schraube, da kann man schon mal auf den Grund aufsetzen.“ Während der Überfahrt schaukelt die Fähre sanft auf dem Wasser hin und her. „Ich mag dieses Gefühl“, freut sich eine junge Mutter, die mit der Krokolino unterwegs ist, um das gute Wetter mit ihrer Familie am Strand zu genießen. „Dafür, dass man im Rhein nicht schwimmen kann, kann man ihn wenigstens hier auf dem Schiff richtig spüren.“
Einige Meter flussaufwärts hinter der Rodenkirchener Brücke erstreckt sich der kilometerlange Grünabschnitt der Poller Wiesen. Am Rheinkilometer 685, hinter den Tennisanlagen, zirpen die Grillen, Frachtschiffe ziehen vorbei. Die Sonne brennt mit 25 Grad angenehmer Sommertemperatur auf die liegen gelassenen Grillbestände und den muschelbefüllten Sand.
Sommerleben lebt auch an den Poller Wiesen auf
Nur vereinzelt stehen Schatten spendende Bäume. Zwei kläffende französische Bulldoggen laufen ihrem Herrchen voraus ans Wasser. Sie haben ein Schwanenpaar gesichtet, das mit ihrem Nachwuchs im grauen Federkleid durch den Rhein gleitet.
Am Ufer stehen ein junger Vater und sein vier-jährigen Sohn mit nackten Füßen im Wasser und schauen den vorbeiziehenden Containerladungen hinterher. Sie kämen gern hier her, aber je mehr das Wasser sich zurückziehe, desto schwieriger sei es, einen guten Schattenplatz auszuwählen, erzählt der junge Vater, während er sich von der Sonne den Oberkörper bräunen lässt.
Niedriger Wasserpegel erfreut auch Kölner Familien
Direkt vor ihnen hat der niedrige Wasserpegel bereits eine Sanddüne freigelegt. „Zum Spielen für den Kleinen ist das gar nicht schlecht“, lacht der junge Vater, während sein Sohn, mit einem langen Stock feine Linien in den feucht-braunen Sand zeichnet, genau an den Stellen, die das Wasser nur noch ab und zu berührt.
Auch die Deutzerin Melinda Jonek weiß den aktuell niedrigen Wasserpegel für sich zu nutzen. Ich bin hier, um Treibgut zu finden, erzählt die blonde Frau im Jeanskleid, während sie mit ihrem Sohn den freigelegten Teil des Flussbettes nach einem geeigneten Stück Holz absucht. Rund, trocken und nicht allzu groß soll es sein. „Ich will damit meinen Kupferkessel im Garten verschönern.“ Leider werden die beiden an dieser Stelle noch nicht fündig. „Wir halten die Augen noch die ganze Strecke bis nach Poll offen, dann drehen wir um und essen ein Eis.“
Junge Leute genießen den Rodenkirchener Strand
Am Rodenkirchener Strand etwas weiter südlich haben es sich einige junge Leute auf dem Strandabschnitt zum Sonnenbaden bequem gemacht. Die aus Andalusien stammende Raquel Riquelme liegt mit ihrem Freund in der prallen Sonne auf einem Tuch mit Leoparden Muster bei Dosenbier und Lo-Fi Hip Hop und genießt das sonnige Wetter an der Rodenkirchener Rivieria.
„Ich bin erstaunt, wie anders es hier aussieht als noch vor einer Woche“ erzählt sie und zeigt auf den steinigen Untergrund, den das Wasser beim Zurückziehen freigelegt hat. „wie sich der Ort hier innerhalb von wenigen Tagen verändert hat. Letzten Samstag waren es nicht nur viel mehr Leute, sondern auch noch viel mehr Wasser.“
Kölner Ruderverein nutzt das gute Wetter
Der niedrige Wasserpegel zeigt sich auch am nahegelegenen Bootssteg für die Freizeitruderer des Kölner Rudervereins. Sie müssen ihr blaues Boot heute über den Steg ins Wasser heben. „Normalerweise steht das Wasser bis direkt unter den Steg und wir können die befestigten Rollen an den Seiten nutzen, um es hinein gleiten zu lassen“, erklärt eine der Ruderfrauen. Nun aber hebt sie gemeinsam mit den anderen Hobbysportlern den Bug des Bootes in die Luft und stemmt den Rumpf bis zum Heck über die hölzerne Stegkante.
„Wenn´s geht, bitte langsam!“ ruft der um Boot und Lendenwirbel besorgte Teamchef Volker Frerk. Als erfahrener Ruderer übernimmt er auch auf dem Wasser heute die Kommandos. Er habe schon als Schüler mit dem Rudern angefangen, 1969 – über 50 Jahre sei er dem Sport mittlerweile treu geblieben, erzählt er. Drei Jahre davon sogar als Leistungssportler. Nicht nur ständig in der Natur zu sein, sondern gemeinsam im Takt zu bleiben und sich stromauf- und -abwärts fortzubewegen, das motiviere immer wieder aufs Neue. Und der Rhein sähe auch nach all den Jahren jeden Tag ein wenig anders aus.