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Studie in Köln präsentiert„Was bewegt junge Muslime?“ Ditib stellt Ergebnisse vor

Lesezeit 3 Minuten
Studie Ditib

Vor der Zentralmoschee präsentieren (v.l.) Zekeriya Altuğ, Abdurrahman Atasoy und Mustafa Durdubaş vom Ditib-Verband sowie die Autoren (v.r.) Meltem Kulaçatan und Harun Behr von der Goethe-Universität Frankfurt die Studie.

Köln – Was bewegt junge Muslime? Was wollen sie werden, was wünschen sie sich für die Zukunft, welche positiven wie negativen Erfahrungen machen sie in ihrem Leben, und wo wollen sie ihre letzte Ruhe finden? So weit gefasst die Fragestellungen, so breit gefächert fallen auch die Antworten darauf in der Studie „Lebensweltliche Einstellungen junger Muslim:innen in Deutschland“ aus, die der Jugendverband „Bund der Muslimischen Jugend“ (BDMJ) der islamischen Religionsgemeinschaft „Ditib“ zu Beginn des Jahres 2021 in Auftrag gegeben hat.

Zielgruppe der Autoren im Forschungsteam der Goethe-Universität Frankfurt um Harun Behr, Professor für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Islam, sowie Doktor Meltem Kulaçatan, wissenschaftliche Projektleiterin im Fachbereich Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Islam, waren Muslime im Alter zwischen 15 und 23 Jahren, die ehrenamtlich in den Gemeinden des Ditib-Moscheeverbands arbeiten und die in Deutschland beheimatet sind.

„Ihre lebensweltlichen Einstellungen zu gesellschaftlichen Fragen beziehen sich auf einige übergreifende Themen wie Beheimatungsgefühl, Diskriminierungserfahrung oder Religionsverständnis“, erläutert Behr am Mittwoch bei der Präsentation Arbeit in den Räumen des Vereins „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“ der Ditib. „Aber auch kleinteilige Themen wie etwa Auffassungen von Liebe, Heirat, Gender, Familie, Mediennutzung oder schulischer Islamunterricht sind in dem Fragebogen erfasst worden, der ergebnisoffen und anonym online über einen Teilnahmelink verschickt wurdet“, führt der Wissenschaftler in der Zentralmoschee Köln in Ehrenfeld weiter aus.

Befragung liefert spannende Ergebnisse

Vereinfacht zusammengefasst seien laut Kulaçatan aus den etwa 1000 Rückläufern rund 500 über ein Statistik-Programm ausgewertete Antworten zusammengefasst worden. Wenn auch wissenschaftlich aufgrund der Erhebungsmethode nicht eindeutig vergleich- oder übertragbar, so ergäben sich aber dennoch einige spannende Ergebnisse aus der Befragung.

Zwei Beispiele: Zur Frage nach dem „Heimatgefühl“ zeigten sich in vielen Antworten, dass man Deutschland gern eindeutiger zustimmen können würde, dem aber Erfahrungen und Erwartungen entgegen stünden, die das erschwerten.

„Die sich abzeichnende Erosion des Gefühls, in Deutschland zu Hause zu sein, korrespondiert zudem mit dem Abbruch einer bildungsrelevanten Rückbindung an die Türkei als Land und an die türkische Sprache“, hebt Meltem Kulaçatan hervor.

Auch beim Thema zukünftiger Berufswünsche war es für viele der auch in dritter oder vierter Generation in Deutschland lebenden Befragten immer noch die naheliegende Alternative, sich selbständig zu machen, um von diskriminierenden Arbeitsplatzbedingungen und Abhängigkeitsverhältnissen frei zu sein.“

Jugendliche wünschen sich weniger strenge Vermittler des Islams

Andererseits habe sich den Autoren zufolge aber etwa auch herausgestellt, dass sich viele jugendliche Muslime weniger strenge, stattdessen jüngere und ihren Wünschen zugewandte Vermittler des Islams wünschen, so bei Imamen in Moscheen oder im Schul-Religionsunterricht.

„Wir haben uns auch, weil dies seit geraumer Zeit in unseren internen Foren Thema ist, als Ditib die Frage gestellt, in welchen Zusammenhängen sich unsere Gemeindemitglieder in Deutschland bewusst als Jugendliche, als Generation Z, als Musliminnen, als Postmigrantinnen, als Frauen und Männer und als diverse Personen zu Wort melden, und wo dezidiert als Türkeistämmige oder als Deutsche verstehen“, beschreibt Mustafa Durdubaş, BDMJ-Vorstandsvorsitzender, die Unschärfen, denen die Jugendorganisation BDMJ mit der Beauftragung der Studie auf die Spur kommen will.

„Insgesamt ist unsere Arbeit als Momentaufnahme zu verstehen und als Aufschlag für eine Debatte, die künftig weiter und intensiver geführt werden müsste“, fasst Harun Behr zusammen.

Wohin wolle eine Gemeinschaft wie die Ditib steuern, was könne sie anbieten und sollte sie leisten, gehöre auch zur Fragestellung.

Interesse an der Studie sei groß gewesen

Ob und wie man möglicherweise Zielgruppen im Sinne des gesellschaftlichen Diskurses weiter fasse und wo Jugendliche selbst Grenzen zögen, sei relevant und wichtig. „Das Interesse an der Studie war groß“, sagt Kulaçatan. „Die Jugendlichen sind da, wir müssen sie nur ansprechen und ernst nehmen.“ Genau das zu tun und intern die Ergebnisse zu nutzen, kündigte Abdurrahman Atasoy, Generalsekretär im Ditib-Bundesverband, am Mittwoch an.

Die im April veröffentlichte und im Beltz-Juventa-Verlag erschienene Jugendstudie 2021 ist frei im Internet zugänglich.