Ein Marienburger und ein Sülzer fielen im Zweiten Weltkrieg als Soldaten der britischen und der US-Armee. Benzion Wieber erzählt ihre Geschichte.
Auf Seiten von England und den USAZwei Kölner kämpften im Zweiten Weltkrieg gegen die Wehrmacht
Rudolf „Rudi“ Julius Falck, geboren am 29. April 1920 in Köln, war der älteste Sohn eines bekannten Architekten. Sein Vater Georg Falck entwarf unter anderem das Agrippa-Haus an der Breite Straße, verschiedene Kaufhäuser in ganz Deutschland und das Israelitische Waisenhaus Abraham Frank an der Aachener Straße.
Rudi wuchs mit seinen Zwillingsschwestern wohlbehütet in Marienburg auf. Sein Leben endete allerdings bereits im Alter von 24 Jahren bei der Schlacht um Arnheim – und zwar als Soldat in britischer Uniform im Kampf gegen sein Heimatland. Die Schlacht fand zwischen dem 17. und 27. September 1944 statt und jährt sich in diesem Monat zum 80. Mal.
Das ist ein Grund für den ehemaligen Geschäftsführer der Kölner Synagogengemeinde Benzion Wieber, auf dem jüdischen Friedhof in Bocklemünd die wenig bekannte Geschichte von den Kölnern jüdischen Glaubens zu erzählen, die als Deutsche gegen die Wehrmacht kämpften. Ihre Gräber fehlen dort. Der Krieg hat sie über die Welt verteilt – sie kämpften für unterschiedliche Armeen der Alliierten.
Die Flucht der Marienburger Familie Falck
Doch wie geriet der Kölner Rudi Falck in die britische Army? Wieber hat das bei seinen Recherchen herausgefunden und für das Gemeindeblatt der Kölner Synagogengemeinde niedergeschrieben: Die gesamte Familie Falck verließ bereits Ende 1933/Anfang 1934 ihr Heim an der Marienburger Straße 8. Georg Falck hatte die Gefahr erkannt, die der Familie in ihrem Heimatland drohte. Sie emigrierte nach Amsterdam, wo Rudi das Barlaeus Gymnasium besuchte.
Nach seinem Schulabschluss ging der junge Mann 1937 nach England und studierte Jura an der Oxford University. Nach seinem Abschluss 1940 wurde er dann – wie viele andere Deutsche, auch viele Geflüchtete jüdischer Herkunft – als „Enemy Alien“, also „feindlicher Ausländer“, auf der Isle of Man interniert. Absurderweise annullierte die Nazi-Bürokratie im selben Jahr die deutsche Staatsangehörigkeit der emigrierten Familie Falck.
Rudi Falck in der britischen Armee
Als er nach einigen Monaten wieder frei gelassen wurde, meldete Rudi Falck sich beim britischen Militär. 1943 war er Lieutenant, heiratete in London eine junge Frau namens Pauline Davies und zog in den Krieg. Im August wurde er zu einem Corps versetzt, das die Invasion in die Normandie am D-Day (6. Juni 1944) vorbereitete. Er bewarb sich beim Regiment der Fallschirmjäger, wurde als Teilnehmer der Operation „Market Garden“ und über Holland abgesetzt, in der Nähe von Arnheim.
Dort sollten die Fallschirmjäger eine Brücke einnehmen. Sie trafen auf massiven Widerstand, die schweren Geschütze der 9. und 10. SS-Panzerdivision. Rudi Falck fiel in der Nacht vom 25. auf den 26. September bei den Kämpfen in Oosterbeek bei Arnheim, drei Monate vor der Geburt seiner Tochter.
„Dort verscharrten ihn zwei Kameraden irgendwo“, sagt Wieber. Einzig eine Gedenkplatte am „Canadian War Cemetry and Memorial“ in der Gemeinde bei Nijmegen erinnert heute an den gefallenen jungen Mann aus Marienburg.
Der Sülzer Martin Müller als amerikanischer „Refugee Soldier“
Benzion Wieber hat auch die Geschichte von Martin Müller recherchiert, ein Kölner, der als amerikanischer Soldat fiel: Müller, ursprünglich als Fritz Günter Martin Löwenberg 1920 in Köln geboren, lebte mit seiner Familie an der Blankenheimer Straße 57 in Sülz und floh wie die anderen Familienmitglieder vor den Nazis in die USA. Dort wurde er 1943 als „Refugee Soldier“, also als „Flüchtlingssoldat“, in die amerikanische Armee eingezogen.
Nach einer Ausbildungszeit von drei Monaten wurde er in den Pazifikkrieg nach Übersee verschifft und fiel am 12. Juli 1944 bei der Eroberung der Insel Saipan im Alter von 23 Jahren. Seine sterblichen Überreste wurden nach Amerika überführt, wo er auf dem „Golden Gate National Cemetry“ im kalifornischen San Bruno beigesetzt wurde.
Wieber hat noch viele offene Fragen, beispielsweise, ob es auch jüdische Kölner gab, die in der Roten Armee kämpften. Und er hat einen Wunsch: „Das NS-Dokumentationszentrum sollte ein Forschungsprojekt über diese Kölner Soldaten ins Leben rufen, die in fremder Uniform gegen die Nazis gekämpft haben.“