Eichendorff-RealschuleSchulschluss für immer

Unter dem Schriftzug „School’s out forever“ sangen Mitglieder des Lehrerkollegiums dem scheidenden Schulleiter ein Ständchen.
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Ehrenfeld – Strohhüte auf dem Kopf und getönte Brillen auf der Nase, so singen vier Lehrerinnen der Eichendorfschule von Sonnenschein und Ferienzeit. Dabei winken sie fröhlich von der Leinwand auf der Bühne der Schulaula herunter, wo sie im Film zu sehen sind. Die Gäste, die zur Abschiedsfeier für den Leiter der Eichendorff-Realschule gekommen sind, lachen vergnügt. Der kurze selbst gedrehte Film, mit dem sich das Lehrerkollegium von Wolfgang Biederstädt verabschieden möchte, ist lustig und soll ihm die nun anstehende schulfreie Zeit schmackhaft machen. Die Lehrer kennen ihren Schulleiter. Sie wissen, dass er an diesem Tag eine Aufmunterung vertragen kann, denn Wehmut steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Seit 27 Jahren leitet Wolfgang Biederstädt die Eichendorff-Realschule, nun verabschiedet er sich in den Vorruhestand. „Schools out forever“ „Schulschluss für immer“, steht in rotweißen Buchstaben auf der Rückwand. Der fröhliche Satz scheint eher zu einer Abifeier zu passen als zu einem Rentenantritt.
Bilingualer Zweig
Dass Wolfgang Biederstädt mit dem Titel von Alice Coopers Rock-Hit und damit auf Englisch verabschiedet wird, hat einen besonderen Grund: Vier Jahre nachdem er im Alter von 36 Jahren die Leitung der Eichendorff-Realschule übernommen hatte, führte er an der Schule den bilingualen Zweig ein, der ihr bis heute ein besonderes Profil verleiht: So gibt es an der Eichendorff-Realschule jedes Jahr eine fünfte Klasse, die in den ersten beiden Schuljahren zwei Englischstunden pro Woche zusätzlich erhält. Ab der Klasse 7 werden dann in dieser Klasse einige Nebenfächer auch auf Englisch unterrichtet.
„Sie haben die bilinguale Realschule nicht nur an der Eichendorff-Realschule eingeführt, sondern auch die am Versuch beteiligten Schulen beraten und an der Entwicklung der landesweiten fachdidaktischen Konzepte für bilingualen Unterricht mitgewirkt. Sie sind so zu einem anerkannten Fachmann, auf diesem Gebiet geworden“, lobt die Leitende Regierungsschul-Direktorin Wilma Wojtczak. Mittlerweile schreibt und publiziert Biederstädt auch Englisch-Lehrwerke.
Auch die systematische Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund habe sich die Schule unter Leitung von Wolfgang Biederstädt besonders auf die Fahne geschrieben, fährt Wojtchzak fort. Dafür nennt der Schulleiter in seiner Rede einen plausiblen Grund: „Schließlich habe die Schule ja auch einen Leiter aus Westfalen integriert.“ Weil dem gebürtigen Westfalen nach Antritt seiner Schulleiterstelle im Rheinland so viel Unterstützung gewährt wurde, ist die Liste der Freunde und Kollegen, bei denen er sich bedankt, unendlich. Sie beginnt beim ehemaligen Leitenden Regierungs-Schuldirektor Bruno Schiefer, der ihm die Leitung der Eichendorff-Realschule anvertraute. „Er sagte damals: Die sind gut im Schwimmen und die haben ein tolles Programm im Umgang mit Legastenikern“, erzählt Biederstädt lächelnd. Tatsächlich sei die Förderklasse an der Schule ein Sammelbecken gewesen für Kinder, die einfach unter einer Rechtschreibschwäche litten, und verhaltensauffällige Schüler, die heute oft an Sonderschulen verwiesen würden. „Heute heißt das nicht mehr Integration, sondern Inklusion und man lässt die Lehrer mit dieser Aufgabe ganz schön im Regen stehen“, sagt Biederstädt kritisch. An der Eichendorff-Realschule sei das Miteinander unterschiedlichster Individuen, so auch Kinder aus verschiedensten Kulturen, selbstverständlich. „Wir unterrichten Kinder – keine Fächer.“
Tränen in den Augen
Ganz besonders bedankt er sich – „bei meinem tollen Kollegium“. Nun stehen dem Schulleiter doch die Tränen in den Augen, und manchem Kollegen ergeht es nicht anders. „Hoffentlich geht es in Zukunft genau so gut weiter“, sagt Musiklehrer Sebastian Hässy. Wie denn der neue Schulleiter heißt? „Keine Ahnung, irgendwas mit P“. Bis sich Eltern, Schüler und Lehrer endgültig von Wolfgang Biederstädt verabschiedet haben, wird es wohl noch eine Weile dauern.