Trost für Trauernde in Köln-EhrenfeldGemeinsame Spaziergänge werden immer beliebter
Köln-Vogelsang – Viel Trauer und Leid wurden durch die Pandemie ausgelöst. Oftmals unerfüllt blieb dagegen das tiefe Bedürfnis, mit anderen Menschen zu reden und sich über Trauer und Schmerz austauschen zu können. Umso mehr sind inzwischen Angebote gefragt, die Menschen die Möglichkeit bieten, sich den Schmerz von der Seele zu reden.
Trauerspaziergänge auf dem Westfriedhof
Vielleicht erlebt gerade deshalb der regelmäßig angebotene Trauerspaziergang des Hospizdienstes im Kölner Westen einen ungeahnten Zulauf. Waren es vor der Pandemie vielleicht ein halbes Dutzend Teilnehmer, die sich an jedem ersten Samstag im Monat am Portal des Westfriedhof einfanden, sind es inzwischen doppelt so viele. Im Trauercafé „Zeitenwende“ in der Bocklemünder Auferstehungskirche ist es ähnlich.
Hospizdienst im Kölner Westen
Beim Hospizdienst im Kölner Westen werden regelmäßig Schulungen für neue Ehrenamtler angeboten. Im Mai startet wieder ein Kurs zur Sterbebegleitung. Dieses Angebot des Vereins ergänzt die Arbeit der professionellen Pflegedienste. Durch die Zusammenarbeit mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern, Ärztinnen und Ärzten und anderen ambulanten Diensten erfahren Schwerkranke und deren Angehörige Unterstützung und Beistand erfahren. Aus einer seit 1998 bestehenden Hospizgruppe wurde der Verein 2001 gegründet. Aktuell sind 35 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer tätig.
Ökumenischer Hospizdienst im Kölner Westen, Goldammerweg 40, 50829 Köln, Tel: 0221 / 5397452
Zudem fällt auf, dass vermehrt Männer die Angebote aufsuchen. Das war vor der Pandemie anders. Auch der Hospizdienst hatte seine Angebote wegen der Corona-Schutzmaßnahmen zeitweilig aussetzen müssen. Nun ist die ehrenamtliche Hilfe noch stärker gefragt. „Die Isolation ist ein Aspekt, den man nicht unterschätzen darf“, sagt Birgitta Lepke-Lehmann, Koordinatorin des Hospizdienstes im Kölner Westen.
Trauerspaziergang in Köln-Vogelsang
Trauernde seien dadurch oft noch stärker alleine mit ihrer Situation. Die privaten Kontakte seien schon sehr reduziert. Und wenn jemand noch dazu im Homeoffice arbeitet und es kein Gespräch mit Arbeitskollegen gibt, fehlen wichtige Möglichkeiten der Trauerbewältigung. Beim Trauerspaziergang und im Trauercafé sollen Menschen, die ähnliche Verluste erlitten haben und verarbeiten müssen, zusammengebracht werden. Begleitet werden sie von geschulten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Marianne Ley ist eine davon. „Gerade, wer neu dazu kommt, muss angesprochen und in der Gruppe angedockt werden“, berichtet sie. Das gehe aber oft erstaunlich rasch. „Bei manchen sprudelt es regelrecht heraus. Vor allem, wenn der Verlust noch frisch ist“, hat sie beobachtet. Der Weg der Gruppe führt stets über den Westfriedhof, der mit breiten Alleen angelegt wurde.
Grabstellen werden gemeinsam aufgesucht
Die Teilnehmenden sind meist zu zweit oder in kleinen Grüppchen unterwegs. Ein Ziel gibt es nicht, doch auf Wunsch werden auch Grabstellen aufgesucht. Manchmal werde auch danach gefragt, ob man sich die Bestattungsgärten ansehen könne. Nicht selten werde nach der Runde über den Friedhof noch gemeinsam Kaffee getrunken. „Viele haben das Gefühl, alles sagen zu können, auch und gerade weil sie keine Rücksicht auf Familienangehörige nehmen müssen“, so Marianne Ley weiter. Es erleichtere sie, mal die Dinge so erzählen zu können, wie sie sie empfinden.
Birgitta Lepke-Lehmann ergänzt: „Zu mir hat mal jemand gesagt, wie gut es ihm tue, mal wieder den Namen des Menschen aussprechen zu können, um den er trauert.“ Und weiter: „Der Tod ist immer noch eine Tabuzone. Aber Menschen kommen nicht damit zurecht, wenn jemand zu ihnen sagt «jetzt ist aber mal gut».“ Nur allzu oft machten Trauernde die Erfahrung, dass unmittelbar nach dem Ereignis die Angebote zum Gespräch im Familien- und Freundeskreis noch sehr hoch seien, aber sich dann rasch niemand mehr melde. Das Angebot des Hospizdienstes ist kostenlos und zeitlich unbegrenzt. Wer regelmäßig kommt, tut das im Schnitt über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren.
Trauerbegleiter sind geschult
Überflüssig zu erwähnen, dass die Trauerbegleiterinnen und -begleiter zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. „Das kommt dem Beichtgeheimnis schon sehr nahe“, sagt Birgitta Lepke-Lehmann. Erst nach einer zehnmonatigen Schulung und mit einem Abschlusszertifikat dürfen sie ihre Aufgabe antreten. Die Schulung beinhalte viel Selbsterfahrung zum Umgang mit eigenen Trauerfällen. Hinzu komme Hintergrundwissen zum Umgang mit Menschen und zur Kommunikation. Die intensive Vorbereitung ist wichtig, denn „manche Situationen in den Gesprächen, gehen einem selbst schon sehr nahe“, berichtet Marianne Ley. Da sei es auch gut, dass es einen regelmäßigen Austausch der ehrenamtlichen Helfer im Hospizdienst sowie eine professionelle Supervision gebe.