AboAbonnieren

Köln-Vogelsang wird 90Das „Gallische Dorf" lässt sich nichts gefallen

Lesezeit 3 Minuten
Vogelsanggggggg

Zahlreiche Vogelsanger  setzten sich für „ihr“ Büdchen ein.  

Vogelsang – Das Rotkehlchen, die Nachtigall, der Buchfink und der Kuckuck waren die Vögel, nach denen die ersten Straßen im Stadtteil Vogelsang benannt wurden. Es war vor genau 90 Jahren. Am 2. Mai 1932 wurde offiziell die Grundsteinlegung für die neue Siedlung vollzogen.

Das Wohnungsbauprojekt war eine Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre, die zu einer anhaltenden hohen Arbeitslosigkeit führte. Die Stadt ließ „Stadtrand- und Erwerbslosensiedlungen“ planen. Baugebiete wurden in Poll, Höhenhaus, Volkhoven und Vogelsang ausgewiesen.

Häuser für kinderreiche Familien

Dort entstanden sogenannte „Siedlungen im Selbstbau mit landwirtschaftlicher Zusatzversorgung“. Den Einfamilienhäusern wurde ein 700 Quadratmeter großes Grundstück zugeordnet, so dass die Bewohner ihre eigene Lebensmittelversorgung sicherstellen konnten. Dazu gab es vom damaligen städtischen Kleingartenamt eigens Schulungsangebote in Gartenbau sowie Vorträge in Kleintierzucht. Die Häuser wurden vornehmlich an kinderreiche Familien vergeben.

roes-vogelsang90-010

Die Aufnahme zeigt die Feier der Grundsteinlegung der Siedlung Vogelsang am 2. Mai 1932. 

Das Bild der Feier lässt erahnen, dass rund um das Baugebiet noch sehr viel freies Feld war. Es erstreckte sich zwischen der Militärringstraße, der Venloer Straße sowie den Bahntrassen Köln-Rommerskirchen und Köln-Aachen. In großen Lettern verkündete ein Transparent den Wahlspruch: „Zum Wohl des Ganzen soll man raten und es erreichen dann durch Taten.“ Ein kleineres Schild darunter schränkte indes ein: „Es recht zu machen Jedermann ist eine Kunst die niemand kann. Die Siedlung entstand innerhalb von fünf Jahren bis 1937 in vier Bauabschnitten. Nach 1933 wurde die ursprüngliche Planung einer reinen Einfamilienhaus-Siedlung mit dem Bau sogenannter „Volkswohnungen“ ergänzt. Zum Osterfest 1937 wurde in der Kirche St. Konrad am Vogelsanger Markt die erste Heilige Messe gefeiert.

Altes Hofgut gab den Namen

Ihren Namen erhielt die Siedlung vom nahe gelegenen Hofgut Vogelsang, dessen Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Nach 1945 erhielt die postalisch zunächst zu Bickendorf gehörende Siedlung ihren eigenen Status als Stadtteil.

Im Jahr 1955 wurde die evangelische Kirche am Birkhuhnweg eingeweiht. Nachdem im ältesten Teil von Vogelsang in den 1950er Jahren weitere Grundstücke bebaut wurden, plante und baute man in den 60er Jahren großflächig Wohngebiete nördlich des alten Ortsteils. Bis heute wird das Gebiet um die 1968 eingeweihte St. Viktor-Kirche als „Neu-Vogelsang“ bezeichnet. Der jüngste Teil – Vogelsang-Nord – vervollständigt die Dreiteilung des Orts.

roes-vogelsang90-006

Der Vogelsanger Markt  ist der Ortsmittelpunkt – im Vordergrund der kürzlich aufgestellte Öffentliche Bücherschrank. 

Die Bürgervereinigung Vogelsang ist dabei, die Entwicklung und das soziale Leben der Siedlung aufzuarbeiten und zu präsentieren. Themen und Geschichten gibt es reichlich. Nach 1945 erlebte die Siedlung einen raschen Aufschwung.

Das legendäre „Kappesrollen"

Das „Kappesrollen“ wurde 1949 erstmals gefeiert. 1952 wurde der Männerchor gegründet. Einen Frauenchor gibt es seit 1988.Es gab Radrennen in den 1970er Jahren, bis in die 1990er Jahre Schützenfeste mit Kirmes und ab 2009 den Mailauf. Immer wieder lockte das die Massen an. Andererseits ist Vogelsang immer auch „Gallisches Dorf“ geblieben, das sich seine Eigenart als Gartenstadt bewahren möchte. Zahlreiche Bürger kämpften jahrelang gegen den Durchgangsverkehr, der über die Vogelsanger Straße in und aus Richtung Erftkreis rollte. Ende der 1980er Jahre wurde dem mit der Sperrung an der Militärringstraße ein Ende gesetzt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Viel Aufsehen erregte im Februar 2019 auch das Engagement für das Büdchen am Vogelsanger Markt, das die Stadtwerke aus wirtschaftlichen Gründen abreißen wollten. Zahlreiche Bürger gingen dafür buchstäblich auf die Straße. Inzwischen sorgt ein neuer Pächter für den Fortbestand der Institution. In welcher Form das Jubiläum überhaupt begangen werden kann, steht angesichts der Pandemie noch nicht fest. „Wir möchten eine Dokumentation als Buch oder einer Bilder-Ausstellung und Führungen anbieten“, erklärt Klaus-Werner Quadflieg, Vorsitzender der Bürgervereinigung. Dazu werden noch Dokumente zur baulichen Entwicklung oder Fotos und Berichte von Veranstaltungen gesucht. Kontaktangaben zur Bürgervereinigung sind auf deren Website zu finden.