Vor zwei Jahren gab es einen großen Menschenauflauf, als der Muezzin öffentlich in Ehrenfeld zum Gebet rief. Nun liegt der Bericht der Stadt vor.
Umstrittener Muezzinruf in KölnEntscheidung der Stadt: Ditib darf unbefristet zum Freitagsgebet rufen
Die Stadt Köln hat mitgeteilt, dass der Muezzin an der Ehrenfelder Zentralmoschee unbefristet einmal wöchentlich zwischen 12 und 15 Uhr für fünf Minuten öffentlich zum Freitagsgebet rufen darf. Das ist das Ergebnis des zweijährigen Pilotprojekts, das in der Vergangenheit heftig umstritten war (wir berichteten mehrfach).
Die Verwaltung hat am Montag den Bericht dazu präsentiert. Darin heißt es: „Nach Ablauf des Evaluierungszeitraums von zwei Jahren liegen der Verwaltung keine Hinweise auf Verstöße der Moscheegemeinde gegen die von der Stadt Köln im öffentlich-rechtlichen Vertrag gesetzten Auflagen vor.“
Menschenauflauf bei Premiere
Die Ditib ließ eine Anfrage am Montag unbeantwortet. Vor einem Monat hatte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitgeteilt, dass sie die zwei Jahre „als äußerst positiv“ bewerte und die Entscheidung der Stadt mit „Spannung“ erwarte.
Bei der Premiere am 14. Oktober hatte es einen Menschenauflauf an der Moschee gegeben. Dutzende Medien berichteten bundesweit, Gegner demonstrierten.
Wegen des Auflaufs musste Imam Mustafa Kader ab 13.24 Uhr schon vor dem Gebetssaal für rund 1200 Gläubige zum Gebet rufen. Normalerweise macht er das in der Moschee und der Ruf wird über kleine Lautsprecher auf den Vorplatz übertragen. Die jeweils 55 Meter hohen Minarette haben in Köln nur einen optischen Zweck und dienen nicht als erhöhter Standplatz für den Muezzin.
Lärm-Grenze von 60 Dezibel
Laut der Stadt hat die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) als Betreiber die Lärm-Grenzen von 60 Dezibel eingehalten. Die Ditib hatte zuvor verschiedene Auflagen erfüllen müssen, damit die Stadt ihrem Antrag zustimmte. Dazu zählten unter anderem eine Bürgerinformation und ein Lärm-Gutachten.
Laut der städtischen Analyse hat es 793 Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern gegeben, vor allem nach der Premiere am 14. Oktober 2022, nach zwei Wochen kamen demnach nur noch wenige.
In dem Bericht schreibt die Verwaltung: „Viele Anschriften enthielten beleidigenden Inhalt und Statements sowie negative und ablehnende Äußerungen zum Modellprojekt.“ Teils äußerten die Menschen sich mit sogar „strafrechtlich zu bewertenden Inhalten“.
Die Ditib bezeichnete den 14. Oktober zuletzt rückblickend als „historischen Moment für Muslime in Köln“. In anderen Städten wie etwa Düren ist der Ruf längst Alltag.
Kritik an Ditib
Kritiker hatten stets bemängelt, dass ausgerechnet die umstrittene Ditib das Modellprojekt nutze. Die Ditib untersteht der Kontrolle und Aufsicht des staatlichen Präsidiums für religiöse Angelegenheiten der Türkei (Diyanet), die wiederum dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan untersteht.
Also jener Erdogan, der die Moschee 2018 eröffnete, ohne dass Offizielle der Stadt, des Landes oder des Bundes daran teilnahmen. Alt-OB Fritz Schramma (CDU) hatte 2022 gesagt: „Ich sehe den Muezzinruf nicht als notwendig an, um Köln als weltoffene Stadt zu präsentieren. Ich hätte die Möglichkeit als Stadt nicht angeboten. Dass die Ditib das dankbar annimmt, ist klar.“
Muezzinruf: Keine weiteren Anträge
In dem Bericht heißt es: „Gleichwohl ist ein kritischer Blick auf die politischen Verbindungen der Islamverbände in Deutschland notwendig. Auch hierüber muss und wird seitens der Stadt Köln mit Vertreterinnen und Vertretern der Verbände gesprochen.“
Wie am 15. Oktober berichtet, interessiert sich momentan keine weitere der Kölner Moscheegemeinden dafür, bei der Stadt einen Antrag zu stellen, um den Muezzin ebenfalls öffentlich zum Gebet rufen zu lassen.
Zunächst hatte sich wie berichtet die Ehl-i-Beyt-Moschee in Mülheim für den Muezzinruf interessiert, sie stellte aber nie einen Antrag. Ihr Mitglied Ekrem Yanar sagte voriges Jahr dazu: „Wir wollten die Anwohner nicht stören, es hätte zu laut sein können. Deshalb haben wir uns dagegen entschieden und bleiben dabei.“ Laut der städtischen Analyse begründeten interessierte Gemeinden den Verzicht mit den hohen Kosten für die Gutachten oder mit baulichen Gründen.