Köln – Die Energiekrise ist endgültig in Köln angekommen. Am Montag legte die Stadt ein umfangreiches Maßnahmepaket vor, um Strom und Gas einzusparen. „Jede und jeder soll einen Beitrag leisten, um Energie zu sparen und einer möglichen Notlage im Herbst und Winter vorzubeugen. Auch wir als Stadtverwaltung gemeinsam wollen unseren Beitrag leisten und gehen mit dem Maßnahmepaket heute den ersten Schritt“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Wie sind die Maßnahmen zu bewerten? Reichen sie aus, um eine Notlage zu verhindern?
Das erste Paket sieht unter anderem vor, die Straßenbeleuchtung ab 23 Uhr um 50 Prozent herunterzudimmen. Zusätzlich sollen repräsentative Bauwerke wie der Kölner Dom, das Rathaus oder die Severinsbrücke zunächst bis 23 Uhr, ab Herbst dann nur noch bis 22 Uhr beleuchtet werden. Schon gestern wurden diese Maßnahmen das erste Mal umgesetzt, wie die Rhein-Energie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt. Außerdem sollen die städtischen Büros in Herbst und Winter nur noch auf 19 Grad beheizt werden.
Heizkosten in Kölner Gebäuden der größte Hebel
Professor Kai Hufendiek ist Leiter des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung in Stuttgart Das Sparen bei Heizkosten, so Hufendiek, sei der größte Hebel für Kommunen wie Köln, um kurzfristig Energie sparen zu können: „Schon wenn um ein Grad weniger geheizt wird, sinkt der Gas- oder Brennstoffverbrauch um fünf bis sechs Prozent.“ Langfristig gehe es bei städtischen Gebäuden dann um eine bessere Wärmedämmung.
„Bürogebäude auf nur 19 Grad zu heizen, bedeutet einen Nutzenverlust für die Mitarbeiter, der aber durch wärmere Kleidung reduziert werden kann, die Höhe des Verlusts und ob das ein Problem ist, ist aber immer individuell“, sagt Hufendiek. Fraglich sei überdies, was die niedrigeren Temperaturen mit den Gebäuden selbst mache. „Vor allem bei schlecht belüfteten älteren Gebäuden könnte Schimmelbildung zu einem Problem werden“, so Hufendiek.
Das könnte Sie auch interessieren:
Skeptischer blickt der Professor auf die Begrenzung der Außenbeleuchtung von Dom und Co. Schon seit gestern leuchtet der Dom nur noch bis 23 Uhr, sonst wird er in der Regel die ganze Nacht lang angestrahlt. Trotzdem sagt Hufendiek: „Ohne den genauen Strombedarf zu kennen, halte ich das eher für einen symbolischen Akt“. Zum einen ist der Hebel der Stromeinsparung auf den Gasverbrauch unklar und letzterer ist das drängende Problem. Aber auch wenn Hufendiek die Einsparungen als nicht besonders hoch einschätzt, ist immer auch die Frage des damit verbunden Nachteils wichtig und der dürfte durch kürzer beleuchtete Bauten wie dem Dom sehr begrenzt sein. Daher könne die Maßnahme durchaus sinnhaft sein.
Sicherheitsbedenken bei Energiesparmaßnahme
Bei der eingeschränkten Straßenbeleuchtung hat Hufendiek aber seine Zweifel, ob die Kosten- Nutzenrechnung aufgeht: „Das könnte auch zu einem Sicherheitsproblem werden. Für Autofahrer zwar nicht unbedingt. Dafür aber für Fußgänger und Fahrradfahrer.“ Hinzu kommt, dass sich vor allem Frauen durch die schlechtere Beleuchtung unsicherer in den Abend- und Nachtstunden fühlen. „Das halte ich für ein echtes Problem“, sagt Hufendiek, „der Nachteil, der in Kauf zu nehmen ist, dürfte auf alle Fälle recht hoch sein“.
Die Kölner Polizei reagiert auf Anfrage zurückhaltend auf die Pläne der Stadt. Das Erfordernis, Energie einzusparen, sei nachvollziehbar. Doch „Helligkeit hat im öffentlichen Raum neben anderen Faktoren Einfluss auf das Sicherheitsgefühl. Wir gehen auf die Stadt zu und lassen uns Einzelheiten des Konzepts erläutern“ so ein Sprecher der Polizei.
Stadt Köln berechnet Einsparung durch Maßnahme auf 5500 Kilowattstunden pro Tag
Wie viel die Stadt insgesamt mit den Maßnahmen einspart, konnte sie am Dienstag nicht verraten. Nur so viel war zu erfahren: Allein durch die Sofortmaßnahme der Beleuchtung spare die Stadt etwa 5500 Kilowattstunden pro Tag ein. Über weitere Maßnahmen will der eigens einberufene Krisenstab unter der Leitung von Stadtdirektorin Andrea Blome beraten.
Bei der Energiekrise, so Hufendiek, handelt es sich um ein systemisches Problem, bei dem der Professor den Bund und die internationale Gemeinschaft in Europa in der Pflicht sieht. Gerade was die Energieversorgung angeht, entscheide sich auf diesen Ebenen, wie gut Deutschland durch die Energiekrise kommen wird. Unter anderem fordert Hufendiek, schnellstmöglich alle Möglichkeiten zu aktivieren, um Erdgas zu ersetzen und zusätzliches Erdgas aus anderen Quellen zu importieren – neben LNG könnten dabei kurzfristig bereits jetzt durch die Reaktivierung vorhandener Kohle- und Ölkraftwerke und möglicherweise durch den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke, aber auch durch den Ersatz von Erdgas durch Öl- oder andere Vorprodukte in der Industrie erhebliche Beiträge geleistet werden, meint Hufendiek.
Kurzfristig könnten Sparmaßnahmen wie die der Stadt Köln aber ihren Teil zur Abfederung der Krise beitragen – und vor allem die Kosten für die klammen Kassen der Kommunen senken. „Wenn wir alle Möglichkeiten ausreizen, habe ich die leise Hoffnung, dass das weit tragen könnte, aber es bleibt eine große Herausforderung“, sagt Hufendiek.